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Die Freimaurer und ihr Geheimnis

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Rauhensteingasse 3 - Sitz der Großloge von Österreich

Rauhensteingasse 3 - Sitz der Großloge von Österreich

©Lukas Ilgner
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Georg Semler, der amtierende Großmeister der Großloge stellt sich in einem demnächst erscheinenden Buch kritischen Fragen rund die sagenumwobenen Freimaurer – von den Geheimtreffen ihrer 3.800 Mitglieder in Österreich bis zum Einfluss auf Politik und Gesellschaft.

Lesen Sie schon jetzt seine wichtigsten Antworten als Vorabdruck.

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Über die Macht der Freimaurerei:

Die Freimaurerei als solche, die Großloge als Organisationsform, hat oder verfügt über keinerlei Macht. Unbestritten ist aber, dass einzelne Freimaurer in bestimmten Bereichen einflussreich sind und dort unser Gedankengut, das freimaurerische Gedankengut, in ihre Arbeit, in ihr Wirken einfließen lassen. Diesen mittelbaren Einfluss hat die Maurerei auf die Gesellschaft. Aber es ist keinesfalls so, dass der Sitz der Großloge ein Machtzentrum ist. Dort verkehren Menschen, deren einige mitunter einflussreiche Funktionen bekleiden und ihren Einfluss geltend machen. Dazu bekennen wir uns.

Über das Wirken von Freimaurern im politischen und wirtschaftlichen Hintergrund und den Umgang mit Hardlinern:

In jeder Partei, in jeder Organisation gibt es Hardliner. Sie haben ihre Rechtfertigung immer darin, dass sie die reine Lehre einfordern und den Konflikt mit Andersdenkenden suchen. Diese Konflikte führen jedoch selten zum Glück aller Beteiligten. Brüder in bestimmten Funktionen versuchen eher, das Gemeinsame zu finden und Konflikte daher vernünftig abzuarbeiten. Gerade bei Spannungen kann in einem brüderlichen Gespräch etwas viel offener und klarer gesagt werden, als es die gleichen Menschen in einem öffentlich zugänglichen Diskurs formulieren könnten, wo alle Hardliner mithören und zuschauen.

Zur Enthaltsamkeit, in offener Loge über Politik und Religion zu diskutieren:

Die gibt es seit 300 Jahren, und sie hat sich bewährt. (...) Es sind beides Themen, bei denen einander Menschen, die unterschiedliche Einschätzungen haben und an Unterschiedliches glauben, nicht gegenseitig überzeugen werden. Es ist daher völlig sinnlos, darüber zu diskutieren, denn außer Zank und Hader wird kein Erkenntnisprozess für den jeweils anderen damit verbunden sein. Und zu Religion und Parteipolitik, auch zum Glauben an eine Ideologie, haben sich in der modernen Zeit auch noch ganz andere Themen gesellt. Eines davon habe ich als Großmeister vor Kurzem für die österreichische Kette (das ist die Gemeinschaft aller Freimaurer in Österreich) formuliert: Ich möchte zum Beispiel keine Diskussionen über das Thema Coronaschutzimpfung haben, weil das genauso sinnlos ist und die Standpunkte ebenso festgefahren sind, wie bei den genannten Themen Parteipolitik und Religion.

Zum Unterschied zwischen Freimaurerei und politischen Parteien bzw. Wirtschaftsverbänden:

Wir wollen keine Macht ausüben! Wir haben daher keine Zielsetzung in der Politik oder Wirtschaft, denn in diesen anderen Organisationen wird ja sehr oft nach dem Grundsatz verfahren: Der Zweck heiligt die Mittel. Wenn es um den Machterhalt oder den Machterwerb geht, ist sehr vieles zulässig. Wir aber streben nach keiner institutionellen Macht, nach keiner Weltherrschaft, keiner staatlichen Macht, sondern wollen in unserem Rahmen den Brüdern die Möglichkeit geben, sich mit sich selbst zu konfrontieren. Die Freimaurerei ist, richtig verstanden, eine Reise zu sich selbst, zu der man am Beginn seiner Tätigkeit aufzubrechen bereit ist.

Über die Kritik von Globalisierungsgegnern, die die Freimaurer als "globalistisch" brandmarken:

Die Freimaurerei ist nicht globalistisch, aber sie ist international eingestellt. Das hat historische Wurzeln. Innerhalb der Steinmetzzünfte des Mittelalters, von denen wir uns zumindest formell ableiten, sind die Steinmetze von Ort zu Ort, von Land zu Land gezogen, um Kathedralen zu errichten. Sie waren immer als Reisende unterwegs und haben ihr Wissen für sich behalten. Sie haben Kathedralen gebaut, einmal in Norditalien, einmal in Österreich, einmal in Deutschland, einmal in Ungarn, einmal in Frankreich, wo auch immer, und waren daher immer grundsätzlich international orientiert.

Die Freimaurerei ist, richtig verstanden, eine Reise zu sich selbst, zu der man am Beginn seiner Tätigkeit aufzubrechen bereit ist.

Georg SemlerGroßmeister der Großloge von Österreichs

Über die freimaurerischen Treffen, die "Arbeiten" genannt werden:

Die freimaurerische Arbeit und die Frage nach ihrem Zweck – das ist das, was in einem übergeordneten Sinn die Arbeit an sich selbst ist. Wir kennen in der Tradition der alten Steinmetze in den Dombauhütten das Bild des "rauen Steins", der zum "glatten Stein" werden soll, um die Verschorfungen an der eigenen Persönlichkeit durch Bearbeitung, durch Konfrontation damit abzutragen, einzuebnen, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Und warum findet das in der Gemeinschaft statt? Weil es gut funktioniert! Die Loge ist ein Resonanzraum, aus dem man Impulse schöpft, und diese Impulse machen etwas mit einem, bringen einen zum Nachdenken, zur Selbstreflexion. Das ist der eigentliche Zweck der Arbeit.

Zur Frage, ob diese Arbeiten nicht so etwas wie eine "Gruppentherapie" sind:

Na ja, auf mich wirkt der Begriff Gruppentherapie ein wenig zu medizinisch. Das sind ja keine psychiatrischen Fälle, die einander da treffen, sondern Persönlichkeiten, die in ihrer Unterschiedlichkeit die Pluralität der Freimaurerei ausmachen. Der Zweck der Arbeit ist auch, den Geist zu erhellen. Und erhellend ist, wenn Menschen ganz unterschiedlicher Ausprägung, auch beruflicher Prägung, sich mit einem und demselben Thema beschäftigen. Der Reiz dieser Arbeit ist, die Vielschichtigkeit von Lösungen erkennen zu können. Es ergibt, wenn ein Problem auf dem Tisch liegt, einen Unterschied, ob sich dazu ein Musiker äußert, der einen völlig anderen Zugang hat als der neben ihm sitzende Rechtsanwalt, der einen völlig anderen Zugang hat als ein Historiker, der neben ihm sitzt und einen völlig anderen Zugang zu dem Problem hat als der Primararzt, der daneben sitzt. Und diese Pluralität, diese Unterschiedlichkeit der Betrachtung eines Problems unter Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten, das ist der Zweck der Arbeit. Das belebt uns, das erhellt den Geist.

Die Loge ist ein Resonanzraum, aus dem man Impulse schöpft, und diese Impulse machen etwas mit einem, bringen einen zum Nachdenken.

Georg SemlerGroßmeister der Großloge von Österreichs

Zur Wirkung der Freimaurer in der Öffentlichkeit:

Natürlich bewegt sich Freimaurerei nicht in einem luftleeren Raum ohne Bezug zu ihrer Zeit und der Umgebung, in der das Leben stattfindet. Und selbstverständlich ist die Freimaurerei etwas, das sich immer mit Gesellschaftspolitik beschäftigt und auch in die Politik hineinwirkt. Jedenfalls wirkt der einzelne Freimaurer hinein. Die Gesellschaftspolitik interessiert uns, weil sie eines dieser Themen ist, die uns nie loslassen – nie loslassen können!

Über die Tatsache, dass Clubs wie Lions, Kiwanis oder Rotarier als karitative Organisationen wahrgenommen werden, die Freimaurer aber so gut wie nie:

Mir hat ein junger Mann, der zu uns kommen wollte, bei einem der Einführungsgespräche, das ich vor seiner Aufnahme mit ihm geführt habe, genau diese Frage gestellt: was denn mit der Charity der Freimaurerei sei. Ich habe ihm gesagt, die gibt es, und die ist gar nicht schlecht ausgeprägt. Darauf kam dann die Gegenantwort: Ja, aber wenn der Rettungswagen fährt, steht drauf: ,,Gespendet von den Rotariern". Daraufhin habe ich ihm geantwortet: Der Unterschied ist, dass es uns genügt, dass der Rettungswagen fährt. Es muss nicht draufstehen, dass er von den Freimaurern finanziert wurde. Wir tun also Gutes und hängen es nicht an die große Glocke. Denn wir haben nichts zu verkaufen.

Was die Freimaurer mit ihren Graden, die den erreichten Erkenntnisstufen entsprechen, von geistlichen Orden unterscheidet:

Mit geistlichen Orden verbindet uns nicht allzu viel, denn die Ordensstruktur ist oft eine hierarchische, und die gibt es in der Freimaurerei nicht. Das gilt im Übrigen auch für jedes höchste Amt der Maurerei in einem Land oder einem Territorium. Die höchste Autorität ist der Großmeister, der demokratisch auf eine Funktionsperiode von drei Jahren gewählt wird. Mit dem Amt gehen Befugnisse einher und Aufgaben, die es im Interesse der Gemeinschaft zu lösen gilt. Es ist aber keine Hierarchie, die dadurch entsteht, sondern wir Freimaurer sagen gerne: ,,Höhere Fähigkeiten tragen dem Einzelnen nur größere Pflichten auf." Das heißt, wer für geeignet gehalten wird, hat mehr Verpflichtung, für die Gemeinschaft sein Wissen, sein Können und seine Fähigkeiten einzusetzen.

In allen Graden geht es nicht mehr um das Entwickeln von Bauwerken, das Zeichnen von Plänen für Steinmetzarbeiten, sondern um die Errichtung eines Gedankengebildes des Tempels der allgemeinen Menschenliebe. Das Ziel ist ein Gefüge aller Menschen, die in Harmonie miteinander leben sollen.

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12 Fragen an den Georg Semler (l.), den Großmeister der Großloge von Österreich im neu erschienenen Buch "Die Freimaurer und ihr Geheimnis" (Martin Haidinger,. Löcker Verlag)

 © BEIGESTELLT, LÖCKER VERLAG

Zur Person:

DAS Essay ist in trend. PREMIUM Ausgabe vom 13.10. 2023 erschienen.

Über die Autoren

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