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Die EU-Delegationen täten in den Verhandlungen alles, "um Brücken zu bauen", sagte Hoekstra. Es sei aber ungewiss, ob dies Erfolg haben werde. Die EU-Staaten pochen auf ein klares Bekenntnis zur Senkung der Treibhausgasemissionen gemäß der Beschlüsse auf der UNO-Konferenz vor einem Jahr in Dubai. Eine Abkehr davon werde die EU "nicht akzeptieren", stellte Baerbock klar.
"Hier auf der Klimakonferenz in Baku befinden wir uns in der Mitte eines geopolitischen Machtspiels", sagte Baerbock. Dieses werde von "fossilen Staaten" leider "auf dem Rücken der ärmsten und verletzlichsten Länder" ausgetragen. "Wir Europäer werden nicht zulassen, dass die verletzlichsten Staaten der Welt, insbesondere die kleinen Inselstaaten, von einigen der neuen fossilen und reichen Emittenten hier über den Tisch gezogen werden", fügte die Ministerin hinzu - "und das im Zweifel auch noch mit Rückendeckung der COP-Präsidentschaft".
Hintergrund ist der Streit in Baku um einen neuen Finanzrahmen für Klimaschutz und die Anpassung an Klimafolgen. Baerbock - wie zuletzt auch Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) - bekannte sich hier zur finanziellen Verantwortung der Europäer und anderer Industriestaaten. Ebenfalls umstritten ist das besonders von den Europäern geforderte klare Bekenntnis zu den Beschlüssen von Dubai. Dagegen wenden sich Saudi-Arabien und weitere Staaten. Baerbock drang hingegen auf eine Orientierung am 1,5-Grad-Pfad des Pariser Klimaschutzabkommens.
"Wir sind aktuell in sehr schwierigen Verhandlungen", sagte Gewessler am späten Samstagnachmittag (Ortszeit) vor Journalisten in Baku. Es würden gute Vorschläge auf dem Tisch liegen, aber es gebe auch das Gegenteil. "Wir sind bereit Verantwortung in der Finanzierung zu übernehmen - wir brauchen aber auch die Klarheit, dass wir beim Schutz unserer Lebensgrundlage, beim Eindämmen der klimaschädlichen Emissionen, keinen Schritt zurück machen. Darum wird gerade gerungen", so Gewessler
Vertreter der ärmsten Staaten verließen kurz vor der Stellungnahme Gewesslers am Samstagnachmittag eine zentrale Verhandlungsrunde mit der aserbaidschanischen COP-Präsidentschaft. "Wir wurden nicht gehört", begründete der Unterhändler Cedric Schuster im Namen der Allianz der kleinen Inselstaaten (AOSIS) diesen ungewöhnlichen Schritt. Mit ihrer Aktion protestierten die Beteiligten gegen vorliegende Beschlussentwürfe, in denen sie ihre Interessen nicht berücksichtigt sehen.
Beteiligt waren auch Delegierte der Gruppe der am wenigsten entwickelten Staaten (LDC). Hintergrund ist das Ringen um einen neuen Rahmen für die internationale Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen. Die Entwicklungsländer insgesamt halten die dafür auf der Konferenz angebotenen Summen für unzureichend. Bei der Protestaktion ging es aber offensichtlich auch um die Verteilung der Mittel. Die ärmsten und besonders verletzlichen Staaten dringen darauf, dass ein bestimmter Anteil davon ihnen vorbehalten wird.
Zuvor sollen sich nach zähen Verhandlungen die ganze Nacht hindurch die EU, die USA und andere reiche Staaten darauf verständigt haben, ihr bisheriges Angebot für Ausgleichszahlungen zur Abfederung von klimabedingten Schäden leicht aufzubessern. Sie seien nun bereit, ihre jährlichen Zahlungen für Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen bis 2035 auf 300 Milliarden Dollar (288,13 Mrd. Euro) zu erhöhen, erfuhr Reuters am Samstag von fünf mit den Gesprächen vertrauten Personen.
Aus EU-Delegationskreisen hieß es, man gehe davon aus, dass die Verhandlungen noch weitergehen würden. Zwar gibt es noch keinen neuen Entwurf für einen Beschluss, allerdings zirkulieren verschiedene Textentwürfe, gegen die es großen Widerstand von einigen Ländern gibt.
Am frühen Nachmittag wurde in Baku von der Präsidentschaft bekanntgegeben, dass das Plenum zur Entscheidung über die endgültige Beschlussfassung um 19.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MEZ) stattfinden sollte. Der Beginn wurde kurz vor offiziellem Start um eine Stunde nach hinten verschoben. Ob dieser Termin hält, galt zunächst als unklar.
Wegen der schleppenden Verhandlungen ist die Weltklimakonferenz in die Verlängerung gegangen. Eigentlich hatte sie am Freitagabend enden sollen. Trotz der verhärteten Fronten und der noch laufenden Verhandlungen wurde am COP-Gelände nun bereits begonnen, die Wasserspender abzubauen, die meisten kleinen Imbissstände haben bereits am Freitag zugesperrt. Die gestellten Busse zur An- und Abreise auf das Gelände im Stadion Bakus fahren seit Freitagabend nicht mehr.