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Die Präsidentschaftsanwärterin der Reformpartei USR, Elena Lasconi, konnte den Teilergebnissen zufolge 18,7 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, allerdings theoretisch dank der Stimmen der Auslandsrumänen noch hinzugewinnen. Die Mehrheit der rumänischen Demoskopen erachtet es jedoch als recht unwahrscheinlich, dass die Reformpolitikerin die Differenz zu Ciolacu noch wettmachen und diesen aus der Endrunde des Präsidentenrennens drängen könnte.
Soziologen sprechen von Protestwahl
Rumänische Soziologen sprachen in Live-Schaltungen und Wahlanalysen von einer Wutwahl der rumänischen Bürgerinnen und Bürger - das Wahlergebnis sei ein eindeutiger Protest der Wählerschaft gegenüber dem Parteiensystem im Allgemeinen und den beiden Regierungsparteien PSD und Liberale (PNL) im Besonderen, die die stetig hohe Inflation (5 Prozent) und zunehmende Verarmung der Menschen zu verantworten hätten.
Der parteifreie Georgescu sei de facto aus dem Nichts aufgetaucht, habe keine politische Partei hinter sich und im Wahlkampf stets "unter dem Radar" agiert bzw. fast ausschließlich über Social Media Plattformen, allen voran TikTok, mittels Influencern, Podcasts und Videos um Stimmen geworben, so der Tenor. Rumänische Politologen rätseln, ob der plötzliche Höhenflug Georgescus auf "die Dummheit" der Wählerschaft oder auf eine gezielte Einmischung Russlands vor allem in den sozialen Netzwerken zugunsten des erklärten Putin-Bewunderers zurückzuführen sei - und sehen das Land völlig unerwartet auf dem Scheideweg.
Am Wahlabend sagte Georgescu auf einer via Facebook übertragenen Pressekonferenz, das rumänische Volk sei "zum Bewusstsein erwacht" und habe seinen Willen bekundet, "nicht weiter auf Knien, nicht weiter unter Invasion, nicht weiter erniedrigt" zu bleiben. Wirtschaftliche Unsicherheit habe zu diesem Votum geführt. "Heute Abend hat das rumänische Volk "Frieden" gerufen", fügte Georgescu hinzu - wohl mit Blick auf Russlands Angriffskrieg auf die benachbarte Ukraine. Der als Viertplatzierter mit 14 Prozent der Stimmen ausgeschiedene Bewerber George Simion von der rechtsextremen Parlamentspartei AUR kündigte an, Georgescu in der Stichwahl zu unterstützen.
Extremist, Antisemit, Putin-Bewunderer
Calin Georgescu, ein studierter Agronom, stand zunächst 2022 kurz im Rampenlicht, als die rechtsnationale AUR ihm das Amt eines Ehrenvorsitzenden der Partei anbot. Doch zerstritt sich AUR-Chef George Simion wenig später mit dem 62-Jährigen, nachdem sich Georgescus Parolen selbst für AUR-Rechtspopulisten als zu radikal erwiesen - so hatte Georgescu mit Lobliedern auf die Hauptverantwortlichen des rumänischen Holocaust, Marschall Ion Antonescu und der Führer der faschistischen "Eisernen Garde" Corneliu Zelea-Codreanu für einen Eklat sondergleichen gesorgt. Die Generalstaatsanwaltschaft leitete anschließend auch strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn ein.
Georgescu setzt auf eine mystisch-religiöse Rhetorik, wobei er sich selbst nicht als "Kandidaten", sondern als einen "Berufenen" erachtet. "Einer für alle und alle für Gott", sagte er in einem seiner Wahlkampf-Podcasts. Er gilt als radikal extremistisch und antisemitisch, vertritt Anti-NATO-Ansichten und gilt als großer Putin-Bewunderer.
17 Wahllokale in Österreich eingerichtet
Die knapp 19.000 Wahllokale im Land öffneten um 06.00 Uhr MEZ und schlossen um 20.00 Uhr MEZ. Im Ausland ließen die rumänischen Behörden diesmal 950 Wahllokale einrichten, darunter 17 in Österreich - nämlich sechs in Wien, jeweils zwei in Salzburg, Graz und Linz sowie je eines in Eisenstadt, Sankt Pölten, Bregenz, Innsbruck und Klagenfurt.
Da Rumänien eine semipräsidentielle Republik ist, hat das Staatsoberhaupt bedeutende politische Befugnisse. Laut rumänischer Verfassung liegt die Richtlinienkompetenz in puncto Außen- sowie Verteidigungspolitik beim Staatspräsidenten, der auch oberster Befehlshaber des Heeres ist und dem Verteidigungsrat des Landes vorsteht. Der Staatspräsident vertritt Rumänien zudem sowohl auf EU-Ebene bzw. bei den Gipfeltreffen des Europäischen Rates als auch völkerrechtlich. Er gilt als Garant der Unabhängigkeit des Landes, des Rechtsstaates sowie, im Fall politischer oder sozialer Spannungen, als Mittler zwischen Behörden und Gesellschaft.