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Veröffentlicht wurde vorderhand nur eine gemeinsame Trend-Prognose der Institute FORESIGHT, ARGE Wahlen und Peter Hajek für APA, ORF und Puls4 ohne tatsächlich ausgezählte Stimmen. Der Grund dafür: Die Stimmen dürfen zwar bereits ausgewertet, nicht aber veröffentlicht werden, solange die Wahl in anderen Ländern noch läuft. So wird man erst um 23 Uhr genaueres wissen, wenn in Italien die Wahllokale schließen. Die Schwankungsbreite der Prognose liegt bei 2,5 Prozent.
Die FPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten Harald Vilimsky dürfte jedenfalls in etwa am Niveau ihres bisherigen Rekordergebnisses von rund 27 Prozent bei der EU-Wahl 1996 landen. Das wäre ein Plus von rund zehn Prozentpunkten. ́ÖVP und SPÖ liegen in etwa bei ihren historisch schwächsten Ergebnissen. Der Volkspartei könnte ein zweistelliger Verlust blühen mit einem Ergebnis in Richtung 24 Prozent. Für die SPÖ wurden vorerst etwa 23 Prozent ausgewertet, ein paar Zehntelprozentpunkte weniger als 2019.
Etwa zehn Prozent erwarten die Meinungsforscher für Grüne und NEOS. Das Plus letzterer Partei liegt bei zwei Punkten, womit es wohl das beste Ergebnis bei einer Bundeswahl wird. Die Grünen kommen nach den Turbulenzen um ihre Spitzenkandidatin Lena Schilling mit einem blauen Auge davon und büßen nur 3,5 Prozentpunkte ein. Die KPÖ steigerte sich von 0,8 auf drei Prozent und verpasst die Vier-Prozent-Hürde. Spitzenkandidat Günther Hopfgartner sieht dennoch "ein gewisses Sprungbrett im Hinblick auf die Nationalratswahlen". Die Listenerste der erstmals kandidierenden DNA, Maria Hubmer-Mogg, zeigte sich über die prognostizierten 2,5 Prozent enttäuscht und will nicht für den Nationalrat kandidieren.
Deutlich besser war die Stimmung bei den Freiheitlichen. Spitzenkandidat Harald Vilimsky nahm ein Votum für mehr nationale Selbstbestimmung wahr. Die Angstkampagne der Konkurrenz sei ins Leere gelaufen. Parteichef Herbert Kickl feierte ein "historisches Ergebnis" und sah ein "Etappenziel" erreicht. Hoffnungsfroh stimmt die Freiheitlichen wohl eine Wahltagsbefragung für ATV/Puls 24. 69 Prozent der Personen, die bei der EU-Wahl FPÖ gewählt haben, wollen dies demnach nämlich sicher auch bei der Nationalratswahl tun. Das ist mit Abstand der beste Wert aller Parteien.
Trotz starker Verluste von einer gelungenen Aufholjagd sprach VP-Generalsekretär Christian Stocker. Mit einem zweistelligen Verlust könne man zwar keine Freude haben, das Ergebnis sei aber respektabel. Spitzenkandidat Reinhold Lopatka nannte die starken Einbußen "bitter", erkannte aber auch die "riesige Chance" und eine "gute Basis", das im Herbst schon wieder gut zu machen.
Seitens SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim erwartet man angesichts von Platz eins der FPÖ ein kollektives Aufwachen und dann im Bund ein Duell zwischen Parteichef Andreas Babler und FPÖ-Obmann Herbert Kickl um Platz eins. Realistisch äußerte sich Spitzenkandidat Andreas Schieder: "Rückenwind wäre besser gewesen." Die SPÖ befinde sich weiter in einer schwierigen Phase. Auch Klubobmann Philip Kucher ließ an seiner Enttäuschung keine Zweifel: "Da brauchen wir nicht herumeiern, natürlich hätten wir uns mehr erwünscht und erhofft". Positiver sah es Finanzsprecher Jan Krainer: "Die Richtung stimmt, aber ein bisschen langsam."
Angesichts der nun prognostizierten Mehrheit für die FPÖ in Österreich rief auch Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) im Hinblick auf die Nationalratswahl im Herbst einmal mehr dazu auf, gemeinsam aufzutreten "gegen die rechte Hetze". Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach von einem "respektablen Ergebnis". Lena Schilling sei eine "großartige Spitzenkandidatin" gewesen und habe"bewiesen, dass sie auch bei ärgsten Anfeindungen und ärgstem Gegenwind ihre Frau steht". Schilling selbst will nach einem für sie turbulenten und "argen" Wahlkampf nun mit Herz für die Klimagerechtigkeit in Brüssel kämpfen.
Nicht schlecht reden lassen wollte sich NEOS-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter sein "hervorragendes Ergebnis", obwohl dieses hinter den Umfragen-Werten blieb. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich begeistert: "Wir sind Gewinner heute."
Statt wie bisher mit 19 Abgeordneten wird Österreich nach der Wahl künftig mit 20 Mandataren in Straßburg bzw. Brüssel vertreten sein. Grund dafür ist die für die kommende Legislaturperiode beschlossene Erhöhung der Gesamt-Mandatszahl im EU-Parlament, das in Zukunft 720 statt 705 Sitze stark sein wird.
Die Freiheitlichen würden nach derzeitigem Stand drei Mandate dazugewinnen, die NEOS eines. Die ÖVP verliert im Gegenzug zwei, die Grünen eines. Die SPÖ bliebe gleich.
Wenig begeistert vom Ausgang in Bezug auf den Sieg der FPÖ war Österreichs scheidender EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP): "Ein Reputationsschub war das nicht. Das Ergebnis der Freiheitlichen sei "keines, über das man sich freuen kann".