von
Nach dem Sicherheitskabinett hatte auch die gesamte israelische Regierung für das Abkommen mit der Hamas gestimmt. Das gab das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu nach einer mehr als sechsstündigen Kabinettssitzung in der Nacht auf Samstag bekannt.
Trotz des Widerstands einiger rechtsextremer Politiker gegen das Abkommen war mit dem Mehrheitsbeschluss der Regierung gerechnet worden. Laut einem Reporter der Agentur Axios, der sich auf ein Kabinettsmitglied auf der Nachrichtenplattform X beruft, sollen 24 Minister dafür und acht Minister gegen das Abkommen gestimmt haben.
Der israelische Staatspräsident Yitzhak (Isaac) Herzog hatte das Sicherheitskabinett und die Regierung seines Landes dazu aufgerufen, die Vereinbarung mit der Hamas zu billigen. Er lobte die Genehmigung durch das Sicherheitskabinett und erklärte kurz nach dem Beschluss: "Von ganzem Herzen umarme ich die Familien der Geiseln, insbesondere diejenigen, die wissen, dass ihre Lieben in der ersten Phase nicht zurückkehren werden."
Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hatte kurz vor dem Treffen israelischen Medien zufolge noch an andere Mitglieder der Koalition appelliert, gegen das Abkommen zu stimmen. Er hatte zuvor auch damit gedroht, die Koalition zu verlassen, sollte der Deal genehmigt werden.
In einer ersten Phase sollen insgesamt 33 Geiseln, die die radikalislamische Palästinenser-Organisation Hamas und mit ihr verbündete Gruppen bei ihrem Angriff am 7. Oktober 2023 verschleppt hatten, freigelassen werden. Wie die APA am Donnerstag aus informierten Kreisen erfuhr, soll unter den ersten 33 Geiseln auch der österreichisch-israelische Doppelstaatsbürger Tal Shoham sein. Im Gegenzug werden israelischen Angaben zufolge 737 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen.
Die Regierung genehmige die Freilassung von 737 Menschen, "die sich im Gewahrsam des Gefängnisdienstes befinden", erklärte das israelische Justizministerium am Samstag. Das israelische Justizministerium veröffentlichte am Freitag eine Liste mit 95 am Sonntag freikommenden palästinensischen Gefängnisinsassen. Die Freilassung werde nicht vor Sonntag 16.00 Uhr (Ortszeit, 15.00 Uhr MEZ) erfolgen", erklärte es. Die Liste umfasst die Namen von 69 Frauen, 16 Männern und zehn Minderjährigen, darunter ein 16-Jähriger. Nur sieben von ihnen wurden vor dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 inhaftiert.
Für die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Meri Disoski, wurde mit der Vereinbarung ein "wichtiger Durchbruch" erzielt. Nun sei die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die Chance für eine dauerhafte Waffenruhe aktiv zu unterstützen und die humanitäre Krise zu bekämpfen, erklärte Disoski.
Außerdem soll der wichtige Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza wieder öffnen und die humanitäre Hilfe für die Palästinenser deutlich aufgestockt werden. Vorgesehen ist außerdem, dass Israels Militär aus dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens abzieht. Die in den Süden des Küstenstreifens geflohenen Einwohner sollen sich wieder frei in Gaza bewegen und unter internationaler Aufsicht in ihre Wohngebiete im Norden zurückkehren dürfen.
Die libanesische Hisbollah Miliz bezeichnet die Waffenruhe als Sieg für die mit ihr verbündete Hamas. Hisbollah-Chef Naim Qassem gratulierte den Palästinensern zu dem Abkommen, das die "Ausdauer des Widerstands" gegen Israel belege. Dieses Abkommen entspreche unverändert dem Vorschlag vom Mai vergangenen Jahres und zeige, dass die Gruppen, die gegen Israel kämpften, erreicht hätten, was sie gewollt hätten, während Israel dies nicht gelungen sei.
Auch der Krieg der Hisbollah gegen Israel habe dazu beigetragen, sagte Qassem. Israel und die Hisbollah hatten im November eine Waffenruhe vereinbart. Zuvor hatte die libanesische Islamisten-Miliz zur Unterstützung der Hamas Israel immer wieder angegriffen und Israel zunächst mit Luftangriffen und letztlich auch mit einer Bodenoffensive in dem Nachbarland reagiert.
Die Details der zweiten und dritten Phase des Abkommens wollen die Konfliktparteien während der ersten Phase klären. Uneinigkeit herrscht unter anderem über die Frage, wer den Gazastreifen künftig regieren soll. Sollte das Abkommen scheitern, könnten wieder Kämpfe in dem weitgehend zerstörten Palästinenser-Gebiet ausbrechen.
Der Krieg wurde durch den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst. Dabei starben 1.200 Menschen, 250 weitere wurden verschleppt. Von den Entführten sollen sich noch 98 im Gazastreifen befinden. Durch die auf den Überfall folgende israelische Offensive in dem dicht besiedelten Gebiet wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 46.000 Menschen getötet.