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Israel: Hisbollah hat "alle roten Linien überschritten"

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Kinder und Jugendliche starben bei Einschlag während Fußballspiels
©APA/APA/AFP/MENAHEM KAHANA
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Nach dem tödlichen Raketenbeschuss aus dem Libanon auf ein drusisches Dorf auf den Golanhöhen hat die vom Iran unterstützte Hisbollah aus Israels Sicht "alle roten Linien überschritten". "Das Massaker vom Samstag stellt die Überschreitung aller roten Linien durch die Hisbollah dar", erklärte das israelische Außenministerium am Sonntag. Die Schiitenmiliz bestreitet die Verantwortung für den Angriff, bei dem laut Israel mindestens zwölf Kinder und Jugendliche getötet wurden.

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Es handle sich bei der Hisbollah "nicht um eine Armee, die gegen eine andere Armee kämpft, sondern um eine Terrororganisation, die absichtlich auf Zivilisten schießt", hieß es in der Erklärung des israelischen Ministeriums weiter. Das vom Libanon aus abgefeuerte Geschoß schlug am Samstag auf dem Fußballfeld des von Drusen bewohnten Dorfes Majdal al-Shams (Majdal Shams) ein. Israels Armeesprecher Daniel Hagari sprach vom "tödlichsten Angriff gegen israelische Zivilisten seit dem 7. Oktober". Nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes Magen David Adom wurden 20 weitere Jugendliche bei dem Angriff verletzt, einige von ihnen schwer.

Hagari erklärte in der Nacht auf Sonntag, bei dem Geschoß handle es sich um eine Falaq-1-Rakete iranischer Bauart mit einem 50 Kilogramm schweren Sprengkopf. Dieses Modell befinde sich "ausschließlich im Eigentum der Hisbollah".

Zuvor hatte die israelische Regierung eine harte militärische Antwort angekündigt. Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte laut einer Erklärung seines Büros zu einem örtlichen Gemeindesprecher, Israel werde den "mörderischen Angriff nicht unbeantwortet lassen", die Hisbollah werde dafür einen "Preis" zahlen, den sie "noch nie zuvor gezahlt hat". Am Sonntagabend hieß es aus Netanyahus Büro, der Premier und Verteidigungsminister Yoav Gallant seien vom Kabinett ermächtigt worden, die Art und zeitliches Vorgehen der Reaktion auf den der Hisbollah zugeschriebenen Angriff zu bestimmen.

Bei Angriffen Israels auf Ziele im Libanon wurden nach dortigen Angaben mehrere Bewohner verletzt. Israelische Kampfflugzeuge hätten unter anderem nahe der Küstenstadt Tyros im Süden des Landes angegriffen und auch schwere Schäden angerichtet, berichtete die Staatsagentur NNA. Eine israelische Drohne habe zudem zwei Raketen auf ein Haus in einem Dorf nahe Baalbek abgefeuert. Berichte über neue Todesopfer auf libanesischer Seite gab es Sonntag früh zunächst nicht.

Israels Luftwaffe teilte mit, sie habe unter anderem Waffenlager sowie terroristische Infrastruktur der vom Iran unterstützten Miliz im Libanon angegriffen. Das Militär veröffentlichte dazu Videoaufnahmen, die die Angriffe zeigen sollen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Der Libanon bat die USA, mäßigend auf Israel einzuwirken. Ein signifikanter israelischer Angriff auf sein Land könnte einen regionalen Krieg auslösen, sagte der libanesische Außenminister Abdallah Bou Habib der Nachrichtenagentur Reuters. Im Gegenzug solle seine Regierung einen US-Appell zur Mäßigung an die Hisbollah-Miliz übermitteln.

Der libanesische Parlamentsvorsitzende Nabih Berri erklärte zu der Attacke auf dem Golan, die Hisbollah sei dem Grundsatz verpflichtet, keine Zivilisten anzugreifen. Der schiitische Politiker ist ein wichtiger Verbündeter der vom Iran unterstützten Hisbollah im Libanon.

Der israelische Außenamtssprecher Oren Marmorstein nannte die Hisbollah "den Frontposten des Irans im Libanon". Er wies die Angaben der Hisbollah, sie stehe nicht hinter dem Angriff, zurück. "Die Rakete, die unsere Buben und Mädchen getötet hat, war eine iranische Rakete, und die Hisbollah ist die einzige Terrororganisation, die diese in ihrem Arsenal hat."

Marmorstein sagte weiter: "Israel wird sein Recht und seine Pflicht zur Selbstverteidigung ausüben und auf das Massaker reagieren." Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, "dem Iran und seinen Terror-Ablegern, der Hisbollah, der Hamas und den Houthi, die volle Verantwortung zu geben".

Der israelische Sprecher erklärte gleichzeitig, es gebe nur eine Möglichkeit, einen umfassenden Krieg zu verhindern, "der auch für den Libanon verheerend wäre". Die Hisbollah müsse gezwungen werden, sich gemäß einer UNO-Resolution bis hinter den Litani-Fluss zurückzuziehen. Dieser liegt 30 Kilometer von der Grenze zwischen Israel und dem Libanon entfernt. "Jetzt ist es die allerletzte Minute, dies noch diplomatisch zu tun."

Denkbar ist nach Experteneinschätzung auch, dass die Rakete vom Samstag ihr eigentliches militärisches Ziel verfehlte. Die israelische Militärexpertin Sarit Zehavi verwies darauf, dass die Schiitenmiliz zuvor Angriffe auf eine israelische Militärbasis auf dem Berg Hermon für sich reklamiert habe. "Es ist sehr leicht, die Basis auf dem Berg Hermon mit ungenauen Raketen wie etwa der Falaq zu verfehlen", meinte sie.

Unterdessen warnte der Iran Israel vor den Folgen eines neuen militärischen "Abenteuers" im Libanon. Israel werde für "die unvorhergesehenen Konsequenzen und Reaktionen auf solch dummes Verhalten" verantwortlich sein, sagte Außenministeriumssprecher Nasser Kanaani am Sonntag. "Jegliche Aktion (...) des zionistischen Regimes kann zu einer Verschärfung der Instabilität, Unsicherheit und Krieg in der Region führen", sagte Kanaani. Der Iran erkennt Israels Existenzrecht nicht an.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) schätzte die Gefahr, dass sich der Nahost-Krieg mit einer Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah zu einem "Flächenbrand" ausweiten könnte, in der ZiB2 des ORF-Fernsehens am Sonntagabend als "sehr reell" ein. Er warnte, dass in diesem Fall die Gewalt "vermutlich nicht mehr kontrollierbar" wäre. Wie schon ein paar Mal früher seit dem 7. Oktober hätten die österreichischen Behörden Kontakt zu den Auslandsösterreichern im Libanon aufgenommen, um schnell helfend reagieren zu können, "wenn die Situation kippt".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bemühte sich um Deeskalation und telefonierte am Sonntag mit Netanyahu. Frankreich habe sich verpflichtet, "alles zu tun, um eine weitere Eskalation in der Region zu verhindern", sagte Macron nach Angaben des Elysée-Palastes in dem Gespräch. Macron habe zudem versprochen, "Botschaften an alle Konfliktparteien" zu übermitteln, hieß es weiter.

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