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"Letzte Generation" Österreich beendet Proteste

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"Wir sehen keine Perspektive für Erfolg mehr"
©APA/APA/TOBIAS STEINMAURER/TOBIAS STEINMAURER
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Die "Letzte Generation" Österreich beendet ihre Proteste wie das Ankleben an Straßen, aber auch die anderen Formen des bisherigen Aktivismus. Wie deren Sprecherin Marina Hagen-Canaval am Dienstag gegenüber der APA präzisierte, würde die Kampagne unter dem Namen der "Letzten Generation" eingestellt. "Wir sehen keine Perspektive für Erfolg mehr." Aber es werde "neue Projekte des Widerstands geben", welche, wisse man noch nicht.

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Die Regierung habe in den vergangenen zwei Jahren mit kompletter Inkompetenz geglänzt und die Bevölkerung habe sich "für die fossile Verdrängung entschieden". "Wir sehen ein, dass Österreich weiter in fossiler Ignoranz bleiben will und damit in Kauf nimmt, für den Tod von Milliarden von Menschen mitverantwortlich zu sein. Die Gesellschaft hat versagt. Uns macht das unendlich traurig", hieß es in einer Aussendung.

Hagen-Canaval: "Die Kampagne hat einen Punkt erreicht, an dem eine Schließung Sinn macht und Platz für einen neuen Weg macht." Die "Letzte Generation" wird ebenso wie die Proteste in der bisherigen Form beendet, wobei die Aktivisten die "Letzte Generation" primär nicht als Gruppe wie eine NGO sehen, sondern als Kampagne. Man mache Platz, "damit Neues entstehen kann". Man habe mehr Menschen als je zuvor politisiert und Samen für einen friedlichen Aufstand gepflanzt. "Wir sind nicht mehr die einzigen, die nicht länger bereit sind, die Verbrechen der Regierung zu tolerieren. Die Menschen werden sich weiter organisieren und sich gegen das zerstörerische System auflehnen", hieß es in der Aussendung.

Nach dem angekündigten Ende der Klimaproteste veröffentlichte das Innenministerium am Dienstag die entsprechende Polizeibilanz: Seit 2023 wurden 378 Kundgebungen registriert. Dabei gab es 230 Strafanzeigen sowie 3.990 Verwaltungsanzeigen. Insgesamt wurden 1.060 Festnahmen durchgeführt, so das Ressort. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) lobte die Arbeit der Exekutive und kündigte an, "die Polizei wird die Szene und ihre Splittergruppen weiter intensiv beobachten und bei jedem Neuaufflackern der Aktionen auch weiter intensiv einschreiten."

Die "Letzte Generation" gab indes an, die restlichen Finanzmittel würden verwendet, "um die Kosten von Kriminalisierung und Ermittlungen zu decken". Die Spendenkanäle bleiben offen, weil immer noch hohe Geldstrafen und hohe Prozesskosten ausständig sind. "Wir sind voller Dankbarkeit und Ehrfurcht für alle mutigen Menschen, die mit der Letzten Generation Österreich protestiert haben."

Die primäre Forderung sei die Verankerung von Klimaschutz als Grundrecht in der Verfassung. Nach eigener Darstellung habe man dafür bisher in vielfältigster Weise protestiert: Straßenkleben, Autobahnproteste, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ein Gehirn schenken, Proteste vorm Parlament, Proteste im Parlament, Bäume pflanzen, Farbproteste an Luxusfassaden, Pool-Proteste, Ruhestörung, Motorsport-Unterbrechungen, Gespräche mit Politikerinnen und Politikern sowie Promis, digitale Proteste, Blaskapelle auf der Autobahn, Aktionärssitzungen von fossilen Konzernen stören, Zelten, Protestmärsche, Kabarett, Politikerkonfrontationen, Musikkonzertstörungen, Theaterstücke unterbrechen, an Autos anbetonieren, die Bundesregierung verklagen, TV-Auftritte, Podiumsdiskussionen, Störungen beim Marathon, Bannerdrops, Aufklärungsvideos, Infoabende zur Klimakatastrophe, Störungen von Skisportevents und zuletzt Flughafenproteste.

"Gut, dass dieser Spuk ein Ende hat", reagierte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf X (Twitter). "Anderen Menschen den Alltag und den Weg in die Arbeit mutwillig zu erschweren, habe ich immer für falsch gehalten. Niemand steht über dem Recht, egal, welches Anliegen er vertritt."

NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Diese Einsicht ist eine gute Nachricht für unsere Mitmenschen und den Klimaschutz. Schließlich haben die oftmals überzogenen Aktionen der 'Letzten Generation' viele Menschen gegen den Klimaschutz aufgebracht." "Offenbar haben die Klimakleber nach zahlreichen Gerichtsverfahren endlich begriffen, dass Österreichs Straßen kein rechtsfreier Raum sind und es kein Grundrecht auf ihre Sabotage-Aktionen gibt", meinte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.

"Der Wahnsinn hat ein Ende! Das ist die erste gute Aktion der Klima-Aktivisten überhaupt", meinte der niederösterreichische LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ). "Heute können hunderttausende Pendler und Autofahrer, die von diesen 'Klimaterroristen' mit ihren irren Blockadeaktionen in den Stau gezwungen wurden, endlich aufatmen", reagierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.

Das "Ende der Klimakleberei" begrüßte auch Niederösterreichs SPÖ-Landesparteichef Sven Hergovich in einer Aussendung. "Das wird dazu beitragen, wieder eine seriöse und sachliche Debatte über die Klimapolitik in Österreich und Niederösterreich zu führen", betonte der Landesrat.

Auch wenn die Aktionen der "Letzten Generation" umstritten waren, hätten sie doch ein wichtiges Thema in den Vordergrund gerückt: Die rasch voranschreitende Klimakrise, so Global 2000 in einer Aussendung. Die Klimabewegung würde die Gesellschaft weiter aufrütteln.

"Fridays For Future" Österreich bedankte sich indes bei allen, "die sich die letzten Jahre für eine lebenswerte Zukunft eingesetzt haben". Jetzt sei aber nicht der Zeitpunkt aufzugeben oder radikalere Wege zu gehen, so die Klimaschützer in einer Aussendung, "sondern strategischer zu werden". "Wir werden laut sein und unsere Forderungen auf den Tisch legen", versicherte FFF-Austria-Sprecherin Laila Kriechbaum.

Die Aktivistinnen und Aktivisten von "Extinction Rebellion" Österreich wollen "weitermachen, auch mit Protesten gewaltfreien zivilen Ungehorsams", teilten sie Dienstagabend in einer Aussendung mit. Ob ehemalige Mitglieder der "Letzten Generation" nun bei ihnen andocken könnten, darauf hieß es: "Wir werden sicher viele Gespräche führen und sind offen für neue Verbindungen und Ideen. Wir sehen uns grundsätzlich als Teil einer gemeinsamen Klimabewegung, die verschiedene Ansätze hat, aber das Gleiche will."

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