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Libanon befürchtet israelischen Vergeltungsschlag

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Dunkle Rauchwolken über dem Libanon
©APA/APA/AFP/KAWNAT HAJU
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Im Libanon wird mit einer harten israelischen Reaktion gerechnet, nachdem am Samstag bei einem der Schiiten-Miliz Hisbollah zugeschriebenen Raketenangriff auf den Ort Madj al-Shams zwölf Kinder und Jugendliche ums Leben gekommen waren. Israels Sicherheitskabinett ermächtigte am späten Sonntagabend Regierungschef Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Yoav Galant dazu, über die weitere Vorgangsweise gegen die Hisbollah im Libanon zu entscheiden.

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Netanyahu besuchte den Ort des tödlichen Vorfalls, in dem Angehörige der drusischen Religionsgemeinschaft leben. Er sagte, die Getöteten seien "unser aller Kinder". Israel könne nach dem Raketenangriff nicht zur Tagesordnung übergehen. "Unsere Reaktion wird kommen, und sie wird hart sein", sagte der 74-Jährige. Bei den Drusen handelt es sich um eine aus dem schiitischen Islam hervorgegangene Religionsgemeinschaft. Sie leben heute vor allem in Syrien, dem Libanon, Israel und Jordanien.

Aus Hisbollah-Kreisen hieß es, die Miliz sei in voller Alarmbereitschaft. Sollte es zu einem Angriff kommen, würde sie zurückschlagen.

Aus Angst vor einer Eskalation verschob die libanesische Fluggesellschaft Middle East Airlines am Abend die Rückkehr einiger ihrer Flüge. Der Lufthansa-Konzern erklärte, seine Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut vorerst einzustellen. Hin- und Rückflüge bis einschließlich kommenden Montag (5. August) werden ausgesetzt, wie das Unternehmen mitteilte. Betroffen sind die Gesellschaften Swiss, Lufthansa und Eurowings. Jordaniens Nachrichtenagentur Petra berichtete auf X, dass die nationale Fluggesellschaft Royal Jordanian Airline ihre Flüge nach Beirut bis einschließlich Dienstag einstelle.

Internationale Diplomaten bemühen sich indes um eine Beruhigung der Lage. US-Beamte hätten sich an ihre Kollegen in Israel und im Libanon gewandt sowie Botschaften mit dem Iran ausgetauscht, um zu versuchen, die Situation zu deeskalieren, zitierte die US-Zeitung "Wall Street Journal" mit der Angelegenheit vertraute arabische und europäische Beamte. Alle Seiten hätten angedeutet, dass sie nicht an einer Ausweitung des Konflikts interessiert seien, hieß es.

Libanesische Staatsmedien berichteten unterdessen, dass bei einem israelischen Angriff in der Nacht auf Montag im Libanon zwei Menschen getötet wurden. Die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, dass es bei dem Drohnenangriff auch Verletzte gegeben habe. Darunter soll auch eine minderjährige Person gewesen sein. Sie soll sich zum Zeitpunkt des Angriffs auf einem Balkon in einem nahe gelegenen Gebäude befunden haben.

Israel und die USA machen die mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz Hisbollah für den Angriff auf Madj al-Shams verantwortlich. Bei den Opfern handelte es sich übereinstimmenden israelischen Medienberichten zufolge um Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren. "Dieser Angriff wurde von der libanesischen Hisbollah verübt. Es war eine Rakete der Hisbollah, die aus einem von ihr kontrollierten Gebiet abgefeuert wurde", sagte Adrienne Watson, Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA.

Die Hisbollah teilte in einer Erklärung mit, sie habe mit dem Angriff nichts zu tun. Laut dem US-Nachrichtenportal "Axios" soll die Miliz den Vereinten Nationen erklärt haben, dass eine israelische Abwehrrakete die Explosion verursacht habe. Auch der Iran machte Israel selbst für den Angriff in Madj al-Shams verantwortlich. Israels Generalstabschef Herzi Halevi sagte dagegen am Ort des Einschlags, es handle sich um eine Falak-Rakete der Hisbollah.

Die Golanhöhen sind ein strategisch wichtiges Felsplateau. Im Sechstagekrieg 1967 wurde das Gebiet von Israel erobert und 1981 annektiert. Dies wurde international aber nicht anerkannt. Die US-Regierung stehe seit dem Angriff mit der israelischen und der libanesischen Seite in Kontakt, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats. Die Unterstützung der USA für Israels Sicherheit sei eisern und unumstößlich, hieß es.

Der Raketenangriff auf dem Golan erfolgte zu einem kritischen Zeitpunkt für die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Eine Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah könnte die seit Monaten schleppenden indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, bei denen Katar, Ägypten und die USA als Vermittler fungieren, wieder unterbrechen. Israels Chefunterhändler David Barnea war erst am Wochenende nach einer jüngsten Verhandlungsrunde in Rom nach Israel zurückgekehrt. Die Gespräche würden in den kommenden Tagen fortgesetzt, teilte das Ministerpräsidentenamt ohne Einzelheiten mit.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte Israel unterdessen mit militärischer Einmischung. "So wie wir in Berg-Karabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun", sagte er auf einer Veranstaltung seiner Regierungspartei AKP in Rize am Schwarzen Meer mit Blick auf Israel. Erdogan bezog sich dabei auf den Berg-Karabach-Konflikt, wo Erdogan die Konfliktpartei Aserbaidschan unter anderem mit Drohnen unterstützte. Im Bürgerkriegsland Libyen unterstützt Ankara die international anerkannte Regierung mit militärischer Ausstattung und Personal.

Der israelische Außenminister Israel Katz warnte den türkischen Präsidenten prompt: "Erdogan tritt in die Fußstapfen von Saddam Hussein und droht mit einem Angriff auf Israel. Er soll sich nur daran erinnern, was dort geschah und wie es endete", schrieb Katz am späten Abend auf der Plattform X. Im Jahr 2003 waren US-Truppen in den Irak einmarschiert. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein. Drei Jahre später wurde Hussein wegen Massakern an Kurden und Schiiten hingerichtet.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs haben sich die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei drastisch verschlechtert. Erdogan nannte die Hamas eine "Befreiungsorganisation" und verglich Israels Regierungschef Netanjahu mit Adolf Hitler. Mitte Juli erklärte Erdogan, sein Land wolle Kooperationen zwischen der NATO und dem Partner Israel künftig nicht mehr zustimmen, bis in den palästinensischen Gebieten nachhaltiger Frieden geschaffen werde.

Smoke billows following an Israeli airstrike in the southern Lebanese border village of Chihine on July 28, 2024. Fallout from the Gaza war is regularly felt on the Israel-Lebanon frontier, where deadly cross-border exchanges have escalated between Israeli troops and mainly Hezbollah fighters. (Photo by KAWNAT HAJU / AFP)

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