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Prozess gegen Jenewein und Hafenecker vor Urteil

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Verhandlung am Bezirksgericht Purkersdorf ohne Angeklagte
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Im Prozess um gefälschte Covid-Testzertifikate am Bezirksgericht Purkersdorf (Bezirk St. Pölten) ist am Dienstagnachmittag ein Parlamentsmitarbeiter als Zeuge befragt worden. Er hatte die manipulierten Testergebnisse beim früheren freiheitlichen Politiker Hans-Jörg Jenewein bestellt. Jenewein war laut seinem Verteidiger geständig. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker und drei Mitangeklagte bestritten die Vorwürfe. Ein Urteil soll am Dienstag fallen.

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Beschuldigt werden neben Hafenecker u.a. auch seine Ehefrau und ein Freund der Familie, der für die FPÖ als Gemeinderat tätig ist. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft Wien von Jenewein gefälschte Corona-Testzertifikate erhalten haben, um bei einem Fußball-EM-Spiel am 23. Juni 2021 in Budapest zuzuschauen. Hafenecker soll kurzfristig Tickets für das Match erhalten haben. Die drei Beschuldigten hatten sich für den Zutritt ins Stadion testen lassen, die Resultate standen aber bei der Anfahrt noch aus, sagte der Vertreter der Anklagebehörde: "Es gab richtige Testergebnisse, die waren alle negativ, nichtsdestotrotz wurden trotzdem Testzertifikate gefälscht." Es gebe "keinen Beweis für Bestimmung oder Beitrag", erklärte Christoph Völk, der Rechtsanwalt der drei Angeklagten. Er forderte - ebenso wie Niki Haas, der Verteidiger des Fünfbeschuldigten, - einen Freispruch.

Jenewein bekannte sich laut seinem Verteidiger Christoph Rother zu allen 20 von der Anklage umfassten Verfälschungen von Mai bis August 2021 schuldig. Der ehemalige Politiker soll Zertifikate teilweise für sich und teilweise für andere am Computer verändert haben, u.a. in Bezug auf Zeitpunkt und Personendaten. "In seinem Repertoire waren verfälschte Antigen- und PCR-Tests", sagte der Staatsanwalt. Hinweise, dass Jenewein dafür Geld erhalten habe, gebe es nicht.

Der Verteidiger von Jenewein berichtete, sein Mandant habe Fälschungen erstellt, um - trotz regelmäßiger Tests - bei Krankenhausbesuchen seiner inzwischen verstorbenen Frau immer ein gültiges Zertifikat vorweisen zu können. Im Bekanntenkreis habe er darüber gesprochen. Die Fälschungen seien "unüberlegt" gewesen, Jenewein bedauere dies sehr, sagte der Verteidiger. An konkrete Bestellungen erinnere sich sein Mandant nicht. Rother ersuchte um eine Diversion. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch einen Fund auf dem Handy des früheren Politikers.

Bei Verfahren vor einem Bezirksgericht müssen Angeklagte nicht persönlich erscheinen und können sich durch einen Verteidiger vertreten lassen, erläuterte der Richter. Der Rechtsanwalt von Hafenecker verwies auf die "Macht der Bilder in einem Superwahljahr". Deshalb hätten seine Mandanten ihr Recht wahrgenommen, nicht persönlich zu erscheinen. "Zur Wahrheitsfindung tragen Bilder nicht bei", meinte der Jurist, "hier geht es nicht um einen politischen Prozess". Jenewein nehme aufgrund eines seit längerem gebuchten Urlaubs nicht an der Verhandlung teil, sagte sein Verteidiger.

Der Verteidiger von Hafenecker, seiner Frau und des Viertangeklagten verweigerte bei einer Befragung im Namen seiner Mandanten die Aussage. Auch der Rechtsanwalt des Fünftangeklagten äußerte sich nicht näher.

Ein Mitarbeiter des FPÖ-Parlamentsklubs soll bei Jenewein gefälschte Covid-Zertifikate bestellt haben. Er hatte bereits vor der Verhandlung Diversion erhalten. Der Zeuge hatte nach seinen Angaben Jenewein gefragt, ob er "als Backup" Testzertifikate für seine vier Mitfahrenden fälschen könne, falls die PCR-Resultate nicht rechtzeitig einlangen. "Ich kann mich nicht erinnern, ob wir vorher über die Tests gesprochen haben", sagte der Mann, der das Match gemeinsam mit Hafenecker, dessen Frau und dessen damals strafunmündigen Sohn sowie einem weiteren Angeklagten besuchte. Zunächst habe Jenewein Antigen-Tests geschickt, auf Nachfrage schließlich gefälschte PCR-Testzertifikate gesendet. Letztendlich sei im Stadion kein Nachweis verlangt worden, sagte der Zeuge. Die Fälschungen bestellt zu haben, "war falsch und ein großer Fehler", meinte er.

Erörtert wurde am Nachmittag auch die Frage, ob negative PCR-Tests überhaupt für den Zutritt zum Stadion nötig waren. Ein Beweisantrag von Völk zur Zeugenladung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban wurde vom Richter abgewiesen.

Der für Mittwoch vorgesehene Verhandlungstag wird nicht stattfinden. Geplant waren Aussagen von Zeugen, diese werden aber nicht erscheinen. Im Fall einer Verurteilung droht bis zu ein Jahr Haft.

Der Eingang in das Bezirksgericht Purkersdorf im Rahmen des Prozesses gegen FPÖ-Generalsekretär Hafenecker rund um mutmasslich gefälschte Covid-Zertifikate, am Dienstag, 16. Juli 2024, in Purkersdorf.

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