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Russland hatte die Ukraine im Februar 2022 überfallen und hält seither im Süden und Osten des Landes weite Landstriche besetzt. Seit Wochen haben russische Truppen die Angriffe verstärkt und auch Geländegewinne erzielt. Putin hatte bereits mehrfach gesagt, er sei bereit zu verhandeln, dies aber stets mit territorialen Ansprüchen Russlands an das Nachbarland verbunden. Er bezeichnete den Überfall der russischen Armee am Freitag erneut als "Sonderoperation". "Wir haben immer gesagt, dass wir zu Verhandlungen und Kompromissen bereit sind, aber die andere Seite hat sich sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne geweigert zu verhandeln", fügte der russische Präsident hinzu. "Bald wird es keine Ukrainer mehr geben, die kämpfen wollen", sagte er.
Putin sprach seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj ab, ein legitimer Partner für den Abschluss von Friedensverhandlungen zu sein. Dessen Amtszeit sei abgelaufen, und die ukrainische Verfassung erlaube auch im Kriegsrecht keine Verlängerung seiner Vollmachten, behauptete der Kremlchef. Einzig das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, und deren Vorsitzender seien jetzt noch berechtigt, einen Friedensschluss zu unterzeichnen, so Putin. Die ukrainische Führung betont hingegen, dass Selenskyjs Vollmachten weiter gültig seien.
Putin sagte, dass er prinzipiell auch bereit sei, mit Selenskyj Frieden zu schließen - allerdings nur, wenn er vorab in Neuwahlen bestätigt werde. Die Amtszeit Selenskyjs ist 2024 abgelaufen. Wegen der laufenden Invasion und der Besetzung eines beträchtlichen Teils des ukrainischen Territoriums hat Selenskyj die Präsidentenwahl unter Berufung auf das Kriegsrecht abgesagt.
Laut Putin hätte Russland den Krieg gegen die Ukraine früher als 2022 beginnen sollen. "Rückblickend auf die Situation 2022 denke ich, hätten wir die Entscheidung, die wir damals getroffen haben, eher treffen müssen", sagte der Kremlchef. Der Entschluss zum Einmarsch in die Ukraine sei damals gefallen, weil klar geworden sei, dass Russland betrogen werde und die Ukraine sich nicht an die Vereinbarungen von Minsk für einen Frieden halten wolle.
In dem Zusammenhang räumte er indirekt ein, die Verteidigungskraft der Ukrainer unterschätzt zu haben. Russland hätte sich schon viel früher auf einen Krieg vorbereiten sollen, sagte der Kremlchef. Putin äußerte sich auch zur Frage, ob ihn die vergangenen fast drei Jahre Krieg verändert hätten. Dazu sagte er: "Ich mache weniger Witze." Und selbst lache er auch weniger.
Um eine vermeintliche russische militärische Überlegenheit zu demonstrieren, bot Putin den USA ein "Raketenduell" an, um zu zeigen, dass die neue ballistische Hyperschallrakete vom Typ Oreschnik von keinem US-Raketenabwehrsystem besiegt werden kann.
"Wir sind zu einem solchen Experiment bereit", sagte Putin. Er schlug vor, dass sich beide Staaten auf ein bestimmtes Ziel einigen, das dann von US-Raketen geschützt werden soll. Russland hat die Oreschnik erstmals am 21. November auf die ukrainische Stadt Dnipro abgefeuert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kommentierte die Aussagen Putins bei einem Treffen mit den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel mit dem Satz: "Sie sehen, mit wem wir es zu tun haben."
Mehr als vier Monate nach Beginn der ukrainischen Offensive im russischen Gebiet Kursk steht Putin aber unter massivem Handlungsdruck. Eine Bewohnerin fragte den Präsidenten bei seiner jährlichen im Staatsfernsehen übertragenen großen Fragerunde, wann die Bewohner endlich nach Hause zurückkehren könnten und alles wieder aufgebaut werde. "Alles wird erledigt", sagte Putin verlegen um eine konkrete Antwort. Er könne kein Datum nennen, meinte er.
"Aber ganz sicher werden sie vertrieben", kündigte er an. Nach der Befreiung der Region werde der komplette Schaden erfasst, sagte Putin. "Alles wird wieder aufgebaut." Straßen und die Infrastruktur würden instand gesetzt. Er bat die Menschen in der Region, die ihre Wohnungen verloren haben und in Notunterkünften untergebracht sind, um Geduld.
In der Region Kursk halten Tausende ukrainische Soldaten seit Anfang August Dutzende Ortschaften besetzt. Die Führung in Kiew will so nach eigenen Angaben ihre Position stärken für mögliche Verhandlungen zur Lösung des Konflikts.
Im Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad sieht Putin indes keine Niederlage für die russische Armee. Die in Syrien stationierten russischen Truppen seien durch den Assad-Sturz nicht besiegt worden, sagte Putin.
Man werde nun darüber nachdenken, was mit den russischen Militärstützpunkten in Syrien geschehen solle. Russland habe der neuen Übergangsregierung in Damaskus dazu Vorschläge gemacht. Russland habe auch 4.000 iranische Kämpfer aus Syrien evakuiert. Russland und Iran hatten das Regime von Assad gestützt. Putin sagte, dass er den nach Russland geflohenen Assad noch nicht getroffen habe, dies aber noch plane.
Bei der Jahrespressekonferenz und der Bürgersprechstunde äußert sich Putin traditionell zu den drängendsten Problemen des Landes. Neben sozialen und wirtschaftlichen Themen beherrschen seit Beginn der von Putin befohlenen Invasion auch Fragen zu dem Angriffskrieg in der Ukraine die Fragestunde. Die mehrstündige Veranstaltung bietet dem Kremlchef die Chance, sich als Kümmerer zu präsentieren.