von
Gleich 20 Mandatare wählten ungültig, einer verzichtete auf eine Stimmabgabe. Von den gültigen Stimmen konnte Rosenkranz 100 auf sich vereinen, was bedeutet, dass er 43 aus anderen Parteien als der FPÖ erhalten hat. 26 Stimmen entfielen auf den bisherigen Dritten Präsidenten Norbert Hofer, der von den Freiheitlichen nicht mehr aufgestellt, sondern als Spitzenkandidat ins Burgenland gesandt wurde. 23 Mal wurde Bures auf den Stimmzettel geschrieben. Die Grünen hatten angekündigt sie zu wählen. Zu ihren 16 Stimmen kamen offenbar noch sieben hinzu.
Der scheidende Nationalratspräsident Sobotka richtete noch einmal das Wort an die Abgeordneten, bevor er den Vorsitz an Rosenkranz übergab. Er scheide "nicht mit Wehmut sondern mit großer Dankbarkeit" aus dem Amt. Sobotka dankte explizit seinen Stellvertretern in der letzten Legislaturperiode, Bures und Hofer, ebenso wie den Klubobleuten und den Klubdirektoren der anderen Fraktionen sowie den Mitarbeitern des Parlaments, die allesamt hervorragende Arbeit geleistet hätten. Danach ließ er die Renovierung des Hauses Revue passieren und hob die Rolle des Parlaments hervor, was die zeitgenössische Kunst anbelangt, ohne konkret auf die zuletzt von ihm angeschafften Skulpturen des österreichischen Künstlers Erwin Wurm einzugehen. Auch warnte er vor der Schwächung der liberalen Demokratie und dem neuerlichen Aufkommen des Antisemitismus.
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl hatte in der Debatte zur Wahl gemeint, es gehe hier gar nicht um Usancen, sondern darum, dem Wählerwillen Rechnung zu tragen. Das werde auch seine Fraktion machen, indem sie die Kandidaten für den Zweiten Präsidenten bzw. die Dritte Präsidentin unterstützen werde.
Eine Zusage kam danach von ÖVP-Klubobmann Karl Nehammer nicht. Immerhin betonte er, dass man den Wahlvorschlag "ernst nehme" und auch "unterstützen" könne. Eine formale Empfehlung gab es nicht. Der geschäftsführende Klubchef August Wöginger erklärte dagegen, Rosenkranz zu wählen. Er ging davon aus, dass der größte Teil seines Klubs das ebenso halten werde: "Wir legen das Amt sozusagen in deine Hände." Alle VP-Mandatare waren dem Aufruf nicht gefolgt. Denn FPÖ und ÖVP verfügen gemeinsam über 108 Stimmen.
Distanzierter war in der Debatte die Wortwahl von SPÖ-Fraktionschef Andreas Babler. Das Vorschlagsrecht obliege der FPÖ. Jedermann habe dann das Recht zu entscheiden, ob der von den Freiheitlichen aufgestellte Kandidat die geeignete Wahl sei. Der Präsident müsse das Ansehen und die Würde des Hohen Haus hoch halten und dürfe keine Berührungspunkte zu Rechtsextremen haben.
NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bedankte sich dafür, dass Rosenkranz ihrer Einladung gefolgt und zu einem Austausch mit den NEOS-Abgeordneten gekommen sei. Eine Zusage für die Wahl verband sie damit freilich nicht: "Eine geheime Wahl ist eine geheime Wahl." Jeder und je werde seinem bzw. ihrem Gewissen folgen. Klubvize Nikolaus Scherak forderte die Abgeordneten gut auf nachzudenken, wen sie wählen. Denn der Präsident sei die fünf Jahre nicht abwählbar.
Ein kategorisches Nein zu Rosenkranz kam von Grünen-Fraktionschef Kogler: "Der Soldat einer rechten Partei soll hier Präsident werden." Die Republik habe sich etwas anderes, etwas besseres verdient als den Vertreter einer Partei, der keine Berührungsängste zu Rechtsextremen wie den Identitären habe.
Ziemlich breiten Raum in der Debatte nahm auch die anstehende Regierungsbildung ein, konkret dass nicht Kickl als Vertreter der stimmenstärksten Partei den Regierungsauftrag bekommen hat sondern Nehammer. Der FPÖ-Chef sah im Ergebnis der Wahl einen unmissverständlichen Appell für eine Änderung inhaltlicher und personeller Natur. Es gelte die Kluft zwischen Bevölkerung und Politik zu schließen.
Die anderen Parteien lasen daraus offenbar einen automatischen Anspruch auf die Kanzlerschaft heraus und empörten sich darob. Das eine sei es, als Erster über die Ziellinie zu gehen, das andere aber die Herausforderung zu bewältigen, Kompromisse zu finden und eine tragfähige Regierung zustande zu bringen, befand Nehammer. Auf gleicher Linie war Meinl-Reisinger. Bei einer Wahl heiße es nicht: "The winner takes it all." Ganz ähnlich argumentierte Kogler: "Es heißt eben nicht Kanzlerwahl." Danach attackierte er Kickl frontal wegen dessen Selbstbetitelung als "Volkskanzler". Wohin solche Ausdrucksweisen führen könnten, habe man schon erlebt, nämlich zu "ein Volk, ein Reich, ein Führer". Empörung in den freiheitlichen Reihen war die wenig überraschende Reaktion.