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Schiene statt Straße: Experte sieht Ziele nicht erreicht

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Verkehrsexperte: Wettbewerbsfähigkeit im Bahn-Güterverkehr gesunken
©APA/APA/dpa/Armin Weigel
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Mehr Schiene, weniger Straße - auch unter der grünen Klimaministerin Leonore Gewessler hat diese Parole dem Realitätscheck im Güterverkehr nicht standgehalten, rechnete heute Verkehrsexperte Sebastian Kummer vor. "Die Verlagerungshoffnungen stellen sich immer mehr als Irrtum heraus", so der Leiter des Institutes für Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien. Die weiteren Verlagerungsziele des Klimaministeriums seien unrealistisch, es bestehe dringender Handlungsbedarf.

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Es müsse der Energieverbrauch der Lkw gesenkt werden, wobei: "Ohne Förderungen wird der Umstieg nur mit massiven Zwangsmaßnahmen gelingen", so der Wissenschafter. Er appellierte am Dienstag bei einem Pressegespräch: "Wir brauchen dringend und schnell den Aufbau einer Lade- und Tankstruktur für die Elektrifizierung und Wasserstoff." Im Schienenverkehr bedürfe es mehr Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, nach wie vor gebe es viel zu viele verschiedene Systeme in Europa. Die Binnenschifffahrt sei überhaupt nahezu untergegangen.

Die Rail Cargo Group, also der Güterbereich der ÖBB, sei gut aufgestellt und gut geführt, aber es wachse der Güterverkehr stark, gleichzeitig fehle es europaweit an Innovation und Abstimmung auf der Schiene. Und der kleinteilige Stückgutverkehr - Stichwort Onlinehandel - komme der Bahn nicht entgegen. Dazu kämen Qualitäts- und Quantitätsprobleme beim Zugmaterial, obendrein habe sich die Politik viel zu sehr auf die großen Tunnelprojekte wie Brenner und Koralm konzentriert. Und zu guter Letzt fehle es an erfahrenen Lokführern.

"Ich habe (im Güterverkehr, Anm.) eigentlich wenig Hoffnung für die Bahn. (...) Die Wettbewerbsfähigkeit hat sich leider verschlechtert und ich sehe nicht, dass es besser wird", so der Logistikexperte. Letztendlich befinde sich der Bahn-Güterverkehr in Konkurrenz mit dem Personenverkehr auf der Schiene, und letzterer werde von der Politik priorisiert.

"Zwischen 2019 und 2023 hat der Modal-Split der Straße zugenommen und der der Schiene und des Binnenschiffs abgenommen. Für die Schiene wird sich dieser Trend fortsetzen", so Kummer. Um einen Schienenanteil von 40 Prozent zu erreichen, müsste sich der Schienengüterverkehr bis 2040 verdoppeln. Selbst unter der "unrealistischen Annahme", dass dieser Anteil erreicht wird, würde der Straßentransport um 17 Prozent wachsen.

Die Verlader seien durchaus bereit, auf Alternativen im Transport zu setzen, diese müssten aber zuverlässig und wettbewerbsfähig sein, so Kummer. Hoffnungen, dass E-Fuels vor 2030 eine Rolle im Straßenverkehr spielen könnten, zerstreute der Universitätsprofessor. Man brauche einen transparenten Plan wie Alternativenergien im Modalmix, also der Abstimmung der Verkehrsträger, eingesetzt werden - und wie die Konkurrenz zu anderen Wirtschaftsbereichen aufgelöst wird.

Fazit des Verkehrsexperten: "Klimaneutralität kann, wenn überhaupt, erst 2050 und auch dann nur bei Ausschöpfung aller verfügbaren Potenziale gelingen." Denn, so Kummer: "Anhand der Fakten wird erneut deutlich, dass die Prognosen, auf deren Grundlage Klimaschutzministerium und Regierung planen und entscheiden, eher deren Wunschdenken als der Realität entsprechen."

Er sieht bis ins Jahr 2030 die größten CO2-Einsparungspotenziale in der Batterieelektrik (18 Prozent) im Nahverkehr und im Einsatz von HVO (hydriertes Pflanzenöl, 10 Prozent) auf der Langstrecke, während Wasserstoff (5 Prozent) noch eine eher untergeordnete Rolle spielen wird. "Im Zeitraum bis 2040 werden die Einsparpotenziale der Batterieelektrik massiv ansteigen, Wasserstoff wird mit den ebenfalls steigenden Einsparpotenzialen von HVO gleichziehen", erwartet Kummer.

Basis für das Zahlenmaterial des Verkehrsexperten ist eine Studie im Auftrag des Zentralverbandes Spedition & Logistik. Die Interessenvereinigung meinte heute, dass die Entwicklung der Verkehrsträger "in direktem Widerspruch zu den Verlagerungszielen des für Klimaschutz und Mobilität zuständigen Bundesministeriums" stehen.

Verbands-Präsident Alexander Friesz betonte: "Es ist entscheidend, dass die Politik jetzt handelt und klare, langfristige Rahmenbedingungen schafft." Gemeint sei eine "verbindliche Maßnahmen-Roadmap zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs", die gemeinsam mit der Logistik-Branche zu erstellen sei.

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