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Wifo und IHS Konjunkturprognose: Trübe Aussichten, Ruf nach Sparpaket

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Anhaltende Flaute: Wifo-Chef Gabriel Felbermayr (links) und IHS-Chef Holger Bonin prognostizieren Österreichs Wirtschaft noch länger andauernde magere Zeiten.

©APA/GEORG HOCHMUTH
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Nüchterne Sommerprognose des Wifo und des IHS für die wirtschaftliche Entwicklung 2024 und 2025. Die jüngsten Konjunkturdaten geben wenig Anlass zur Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage.

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Der Konjunkturausblick der heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS wird immer düsterer. Sie erwarten heuer für die Wirtschaftsleistung kaum mehr ein Plus. Immerhin bringt die Wirtschaftsflaute auch etwas weniger stark steigende Preise mit sich, zeigt die Sommerprognose der beiden Institute.

Konkret rechnet das Wifo jetzt für 2024 mit einer Stagnation der Konjunktur (0,0 Prozent Wachstum), das IHS mit einem minimalen Plus von 0,3 Prozent. Die Inflation bleibt heuer über drei Prozent.

Das ist das vierte Mal in Folge, dass die Institute ihre Wachstumsprognosen für 2024 zurücknehmen. Im März 2023 waren sie noch zuversichtlich, dass heuer 1,8 (Wifo) bis 1,4 Prozent (IHS) Wachstum herausschaut. Im Juni gingen dann beide von 1,4 Prozent aus, im Oktober 2023 nur mehr von 1,2/0,9 Prozent. Ende 2023 sanken die Prognosen auf 0,9/0,8 Prozent, im März auf 0,2/0,5 Prozent.

Seit nunmehr zwei Jahren schwächelt Österreichs Wirtschaft, vermerkt das Wifo. Das liege insbesondere an Problemen in der Industrie und der Bauwirtschaft. 2025 sollte die Industrie durch Impulse aus dem Ausland dann wieder Aufwind bekommen, das Wifo erwartet im kommenden Jahr 1,5 Prozent Wirtschaftswachstum. Das IHS ist hingegen zuversichtlich, dass der Aufschwung schon in der zweiten Jahreshälfte 2024 einsetzt. Das reicht dann heuer trotzdem nur für 0,3 Prozent Wachstum, 2025 soll das BIP um 1,6 Prozent zulegen.

Ruf nach Sparpaket der Regierung

Wifo-CHef Gabriel Felbermayr wie auch IHS-Chef Holger Bonin fordern von der Regierung ein Sparpaket ein, auch wenn sie es vor der Wahl nicht mehr für realistisch halten. Aber mittelfristig sei es unerlässlich, sind sich die beiden einig, auch wenn es die Konjunktur belasten werde. Zwar seien Einsparungen bei den Ausgaben, etwa im Bereich Verwaltung, Gesundheit, Pflege oder Pensionen wichtiger, sie würden aber lange dauern. Daher plädiert Felbermayr für eine Inflationsanpassung der Mineralölsteuer, um kurzfristig das Defizit ausgleichen zu können. Auch Bonin sieht als letzte Maßnahme die Erhöhung gewisser Verbrauchssteuern als eine Möglichkeit.

Enorme Verunsicherung

Felbermayr ortet eine "enorm hohe Verunsicherung" von Haushalten und Unternehmen als zentrale Ursache für die schlechte Entwicklung der Wirtschaft. Zwar seien die Konsumausgaben gestiegen, was den Absturz der Wirtschaft in eine Rezession verhindere, wie IHS-Chef Holger Bonin sagte. Aber die Haushalte würden vor allem den Kauf langfristiger Konsumgüter verschieben, die Sparquote ist über 10 Prozent gestiegen, Bonin spricht hier von einem "Vorsichtssparen". "Die Menschen haben mehr Geld und geben trotzdem weniger für den Urlaub aus", vergleicht Felbermayr. Verunsichernd wirken würden der Inflationsschock, Angst vor einem Jobverlust, aber auch die Politik habe ihren Anteil, weil sie zur künftigen Entwicklung, etwa zum Umstieg auf Elektromobilität oder zum Ausstieg aus fossilen Heizungen keine klaren Signale aussende.

Besonders schlecht geht es der Industrie, die unter den im Vergleich der Euroländer hohen Lohnabschlüssen, der starken Bürokratie, aber auch unter handelspolitischen Unsicherheiten leide. In Summe investiere die Wirtschaft sehr wenig, das mache ihm Sorgen, so Felbermayr. "Wir müssen mehr über die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und insbesondere der Industrie sprechen". Im Vergleich zu den 13 wohlhabenden EU-Ländern seien die Lohnstückkosten in Österreich seit 2019 um 11 Prozentpunkte stärker gestiegen. Auch im Vergleich zu Deutschland, wo in der Krise traditionell Lohnzurückhaltung geübt werde, seien sie um 9 Prozentpunkte mehr gestiegen.

Wir müssen über die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und Industrie sprechen.

Gabriel FelbermayrWifo-Chef

Eckdaten der Konjunkturprognose

Das Wifo berechnet auch das BIP/Kopf, dieses soll angesichts des Bevölkerungswachstums heuer sogar um 0,1 Prozent sinken. Parallel dazu steigt der Anteil der armutsgefährdeten Menschen von 15,4 auf 15,7 Prozent, also der Anteil der Personen in Privathaushalten mit einem verfügbaren Einkommen unter 60 Prozent des Durchschnitts (Medianeinkommen).

Wifo und IHS sehen eine weiter zurückgehende Inflation, die Verbraucherpreise sollten heuer um 3,4 Prozent (Wifo) oder 3,2 Prozent (IHS) steigen. Vor drei Monaten hatten sie noch rund 0,4 Prozentpunkte mehr erwartet. Damit bleibt Österreich aber deutlich über dem EZB-Ziel einer Teuerung von knapp über 2 Prozent. Selbst 2025 sehen Wifo (2,5 Prozent) und IHS (2,7 Prozent) die Inflation noch spürbar über dem Zielwert.

Trotz schwacher Konjunktur schafft die heimische Wirtschaft zusätzliche Jobs, vor allem im Dienstleistungssektor. Dennoch wird die Arbeitslosenrate heuer um einen halben Prozentpunkt auf 6,9 Prozent hinaufgehen, sind sich die beiden Institute einig. Grund dafür ist das stark steigende Arbeitskräfteangebot. 2025 wird die Arbeitslosenrate leicht zurückgehen (auf 6,7 bzw. 6,6 Prozent).

Die Neuverschuldung wird im Vergleich zur Prognose vor drei Monaten recht deutlich auf rund 3,0 Prozent steigen, die Institute sind aber uneins, ob der Wert knapp darüber oder darunter liegen wird. Das IHS ist optimistischer und gibt Österreich heuer genau 3,0 Prozent, 2025 dann 2,9 Prozent Defizit. Das Wifo erwartet hingegen mit 3,2 und 3,1 Prozent in beiden Jahren einen Bruch der Maastricht-Verpflichtungen.

Das Wifo geht davon aus, dass der Ausstoß von Treibhausgasen heuer um 2,7 Prozent auf 67,69 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent zurückgeht, 2025 soll es einen weiteren Rückgang um 0,2 Prozent geben.

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