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WKStA legt ÖVP-Anzeige gegen Gewessler zurück

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Kein Ermittlungsverfahren gegen Gewessler wegen Amtsmissbrauch
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Die ÖVP ist mit ihrer Klage gegen Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wegen deren Alleingang auf EU-Ebene bei der Abstimmung über das Renaturierungsgesetz abgeblitzt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die Anzeige der Volkspartei gegen Gewessler bereits Anfang September zurückgelegt, bestätigte eine Sprecherin am Freitag gegenüber der APA. "Mangels Anfangsverdachts" wurde von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.

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Es sei also "gar nie ermittelt" worden, hieß es von der WKStA. Der Vorgang sei bereits behördlich genehmigt. Bei Gewesslers Zustimmung habe es sich um einen "Akt der Gesetzgebung" gehandelt und um "kein Amtsgeschäft". Der Tatverdacht war daher "nicht gegeben". Zuerst hatte am Freitag der "Falter" von der Zurücklegung des Verfahrens berichtet.

Gewessler zeigte sich in einer ersten Reaktion erfreut. Das Renaturierungsgesetz sei "ein Sieg für die Natur", ihre Entscheidung gut gewesen: "Sie war richtig und keineswegs ein Rechtsbruch, wie von mancher Seite vorschnell und lautstark behauptet wurde. Ich bin froh, dass es diese Klarheit nun gibt." Leichtfertig habe sie nicht gehandelt, sondern "aus Verantwortung für künftige Generationen, denen wir eine lebenswerte Heimat hinterlassen wollen", so die Ministerin weiter.

"Wir nehmen die auffällig schnelle Zurücklegung der WKStA ohne Einleitung eines Ermittlungsverfahrens - im Monat vor der Nationalratswahl - zur Kenntnis", reagierte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung auf die Nachricht. Die Rechtsansicht der Volkspartei bleibe unverändert. Gewessler habe "Verfassungsrecht gebrochen und war nicht dazu ermächtigt, der Renaturierungsverordnung zuzustimmen", so Stocker.

Nicht zufrieden mit dieser Reaktion zeigten sich die Grünen und verlangten eine Entschuldigung von der ÖVP. "Gute Politik weiß auch, wann sie sich entschuldigt und wann sie sich im Ton vergriffen hat", so die Grüne Generalsekretärin Olga Voglauer bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz. "Wenn man jemand einer solchen schweren Straftat bezichtigt ohne Grundlage, dann geht man zu weit." Es sei "nicht einmal der geringste Anfangsverdacht" gegen Gewessler festgestellt worden, betonte sie.

Als "beachtlich" kritisierte Voglauer außerdem, dass ÖVP in ihrer Reaktion "nichts anderes einzufallen scheint, als wieder die unabhängige Justiz in Frage zu stellen". Zudem fordern die Grünen, dass der Koalitionspartner auf seine Nichtigkeitsbeschwerde vor dem EuGH verzichtet. Die ÖVP wäre "gut beraten, wenn sie Österreich eine weitere Blamage auf europäischer Bühne erspart", so Voglauer.

Die Nichtigkeitsklage sei bisher noch nicht eingereicht, wie das Büro von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gegenüber dem "Ö1"-Mittagsjournal erklärte. "An der Nichtigkeitsklage wird gerade gearbeitet, die Frist für die Einbringung ist der 22. Oktober", hieß es in einer Stellungnahme. Die ÖVP will aber offenbar an ihrem Vorhaben festhalten. "Es liegt am EuGH, über die Rechtmäßigkeit der Verabschiedung der Renaturierungsverordnung zu entscheiden", erklärte Stocker.

Zu einer zweiten vom Bauernbund eingebrachten Anzeige wegen Amtsmissbrauchs haben die Grünen keine Information. "Dazu liegt uns nichts vor", sagte Voglauer, "was uns vorliegt ist die Ablehnung der Anzeige durch ÖVP". Von der WKStA hieß es dazu, man habe lediglich den Sachverhalt geprüft, das sei nun abgeschlossen. Folglich sei es "unerheblich", wie viele Anzeigen es gebe.

Kritik an der Volkspartei kam auch von Greenpeace. "Die ÖVP hat mit dieser Anzeige demokratische Prozesse diskreditiert und kläglich versucht, das wichtigste EU-Naturschutzgesetz zu bekämpfen", so Sprecherin Ursula Bittner in einer Aussendung. Für den Gesetzesbeschluss müsse man der Ministerin "im Hinblick auf Klima- und Artenkrise danken". Die Entscheidung der WKStA feierte Greenpeace als "klaren Sieg für die Demokratie".

Die ÖVP hatte die Grüne Ministerin Leonore Gewessler aufgrund ihrer Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz im Rat der EU-Umweltminister im Juni wegen Amtsmissbrauchs angezeigt. Zudem hatte die Kanzlerpartei eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Entscheidung angekündigt.

Die Diskussion um das Renaturierungsgesetz wurde auf EU-Ebene lange geführt. In Österreich mündete sie in einen veritablen Koalitionsstreit. Die ÖVP warnte Gewessler bereits im Vorfeld vor einem Alleingang. Die Ministerin stimmte dennoch zu und verhalf dem Gesetz zu einer knappen Mehrheit im Rat. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) reagierte mit scharfer Kritik und warf Gewessler wiederholt Amtsmissbrauch und Verfassungsbruch vor. Die Regierungszusammenarbeit beenden wollte er aber nicht.

Die ÖVP reichte daraufhin eine Sachverhaltsdarstellung ein. Sie warf der Ministerin vor, diese hätte mit ihrer Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung "wissentlich ihre Befugnis (...) missbräuchlich ausgeübt", weil sie kein Einvernehmen mit den Bundesländern und dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium hergestellt hatte. Gewesslers Agieren auf EU-Ebene sei "nach innerstaatlichem österreichischen Recht zu Unrecht erfolgt und verstößt gegen die einschlägigen verfassungsgesetzlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben", hieß es.

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