Oliver Holle, Gründer & CEO von Speedinvest - Mann des Jahres 2023.
©trend / Lukas IlgnerSein Business ist es, Start-ups mit Kapital auszustatten. Seine Passion ist es, junge Gründer mit einem ganzen Ökosystem an hilfreichen Dienstleistungen zu unterstützen. Seine Zielstrebigkeit ist es, mit der es OLIVER HOLLE geschafft hat, mit dem von ihm gegründeten Frühphasenfonds Speedinvest in die Liga der größten Risikokapitalfinanzierer Europas aufzusteigen. Zu Beginn des Jahres hat er die Marke von einer Milliarde Euro an verwalteten Investitionsgeldern geknackt. Im Herbst wurde er in London mit einem renommierten Award für seine herausragenden Leistungen ausgezeichnet. Jetzt ist er der Mann des Jahres 2023.
Es sind die Bilder in seinem Kopf, die den Unterschied machen. Den Unterschied, ob er sich für eine Idee begeistern lässt oder nicht. Ob er ein Start-up für den nächsten Highflyer hält oder nicht. Letztlich ob er viel Geld in die Hand nimmt, um in junge Menschen, die oft am Anfang ihres Berufslebens stehen, zu investieren.
Als Oliver Holle im Oktober 2011 bei der "Startup Week" im Haus der Industrie das erste Mal auf Katharina Klausberger und Armin Strbac trifft und sie ihm ihre Idee vorstellen, hat Holle sofort eines seiner Bilder im Kopf. Es ist die ganz konkrete Vorstellung, dass die beiden ein großes Unternehmen auf die Beine stellen werden. "Dieses erste Gespräch war ausschlaggebend, dass wir Nägel mit Köpfen gemacht haben", bestätigt rückblickend Klausberger, wie schnell sich Holle damals für ein Investment entschieden hat.
Sein Bild wird rasch zur Realität - und zur Erfolgsgeschichte. Vier Jahre später verkaufen die beiden Gründer ihre Flohmarkt-App Shpock um kolportierte 200 Millionen Euro. Und Holles Investmentfonds Speedinvest, dessen Gründer und CEO er ist, streift mehr als das 30-Fache des eingesetzten Kapitals ein.
"Ich habe mein ganzes Leben schon starke Bilder im Kopf", blickt der 53-jährige Start-up-Investor auf die Anfänge seiner Berufslaufbahn zurück. Er beschreibt sie als visuelle Vorstellungen, wie sich eine Idee oder ein Gründerteam entwickeln wird - aber auch wie sein Leben als Unternehmer ausschauen soll: "Wenn ich ein ganz konkretes, lebendiges Bild vor Augen habe, dann habe ich keinen Zweifel, dass das gelingen wird. Etwas anderes ist für mich keine Option - und das hat bis jetzt auch meistens funktioniert."
Die erste Milliarde
Es ist diese "extreme Hartnäckigkeit", wie er diesen zentralen Wesenszug seiner Person selbst bezeichnet, die Oliver Holle so erfolgreich macht - von der Gründung seines ersten eigenen Unternehmens als Student bis zum Aufstieg in den Klub der renommiertesten Risikofinanzierer Europas mit über 100 Finanzierungsrunden pro Jahr und mehr als 350 Start-ups in seinem Portfolio, darunter fünf sogenannte Unicorns.
Dass mit Bitpanda (Krypto) und Go-Student (Edtech) gleich zwei Start-ups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar aus Österreich kommen, ist dabei ebenso wichtig für die Reputation des noch jungen Unternehmens in Österreich wie die Unterstützung durch zahlreiche heimische Wirtschaftsgrößen.
So zählt das Vorarlberger Medienhaus Russmedia zu den ersten Geldgebern, auch die Unternehmensgruppen Heinzel und Püspök, die Gebrüder Weiss, Styria, Raiffeisen, Bawag, die Erste Bank, die seit Kurzem auch die Fonds von Speedinvest vertreibt, sowie prominente Investoren wie Eva Dichand, Andreas Bierwirth, Hansi Hansmann und viele mehr haben Geld in Speedinvest gesteckt.
Zu den jüngsten Meilensteinen von Holle zählt aber ein ganz besonderer Coup: die Verdoppelung des gesamten Investitionsvolumens. 500 Millionen Euro an neuem Kapital können mit einem Schlag eingeworben werden - von privaten Geldgebern bis zu internationalen Venture-Capital(VC)-Fonds.
Seit Anfang des Jahres verwaltet damit Speedinvest, dessen Schwerpunkt die Finanzierung der vielversprechendsten Start-ups in der ersten Phase nach ihrer Gründung ist, über eine Milliarde Euro an Risikokapital, das bereits in vielen erfolgreichen Start-ups steckt oder in den nächsten Jahren noch investiert wird.
"Damit haben wir eine echte Schallmauer durchbrochen", betont Holle, der nunmehr den größten europäischen Frühphasenfonds anführt.
Und im Oktober zeichnet die britische Investmentbank GP Bullhound, die alljährlich die Allstars Awards - auch "Oscars der Tech-Welt" genannt - vergibt, Speedinvest als den "Seed Fund of the Year" aus, der damit viele in der Branche bekannte europäischen Größen aussticht. "Spätestens jetzt gelten wir als etablierter Fonds in Europa und gehören zu den Topadressen des Venture-Capital-Marktes", jubelt Holle nach der Preisverleihung in London.
Der Mann des Jahres
Hermann Hauser, aus Tirol stammender Computerpionier und Tech-Investor in Großbritannien, bestätigt die Anerkennung innerhalb der VC-Branche, die heuer - trotz Finanzkrise - rund 45 Milliarden Euro in europäische Start-ups steckt: "Als Oliver mit Speedinvest angefangen hat, haben alle gelacht, was er denn da aus Österreich heraus machen will. Der Preis ist der Beweis, dass er heute eine der respektiertesten Größen in der europäischen VC-Welt ist." Wenn es um ein Investment in ein Tech-Start-up in Europa gehe, komme man an ein Gespräch mit Holle nicht mehr vorbei, so Hauser: "Er ist inzwischen international bekannt."
So gratuliert etwa Scott Sandell, Chef des kalifornischen VC-Urgesteins NEA, das selbst seit vielen Jahren in Speedinvest investiert hat, via trend zu Holles Erfolg: "Wir hatten das Glück, Oliver auf dem Weg zum größten paneuropäischen Seed-Investor zu begleiten. Er ist einer dieser seltenen Menschen, die eine Zukunft sehen können, auf die andere nur hoffen. So erfolgreich, wie er dabei bereits war, wissen wir, dass er erst am Anfang steht."
Und auch in Österreich werden ihm Rosen gestreut. "Oliver Holle hat aus Österreich heraus ein führendes europäisches Venture-Unternehmen aufgebaut", sagt Eugen Russ, Chef des Vorarlberger Medienhauses Russmedia, "seine Arbeit und sein Einfluss sind für die gesamte Branche von entscheidender Bedeutung - europaweit!"
Hansi Hansmann, Österreichs erfolgreichster Business Angel und seit zehn Jahren in den meisten Beiräten der verschiedenen Speedinvest-Fonds dabei, bringt es präzise auf den Punkt: "Speedinvest ist nun eine Macht in Europa." Und das hätte auch für Österreich einen enormen Stellenwert. Zwar werde der Großteil der von Speedinvest verwalteten Gelder in Start-ups außerhalb Österreichs investiert, aber allein dass die Zentrale nach wie vor in Wien ist, "befeuert den Nachwuchs der Szene ganz stark".
Die Zahlen und Erfolge sprechen für sich - und überzeugen die trend-Redaktion davon, Oliver Holle zum Mann des Jahres 2023 zu küren. Eine Auszeichnung, die Holle als Anerkennung seiner Arbeit extrem freut: "Ich habe mich bisher nicht als Teil des österreichischen Business-Establishments gefühlt, sondern eher als Outsider - Start-ups verstehen sich ja oft als Antithese zum traditionellen Wirtschaftsgeschehen. Jetzt muss ich wohl anerkennen, dass ich angekommen bin. Und das fühlt sich gut an."
Im gleichen Atemzug betont er aber, dass es zwar persönlich befriedigend sei, aus Österreich heraus - gemeinsam mit vielen hiesigen Partnern und Investoren - einen europäischen Venture-Konzern zu schaffen, doch das Schicksal von Speedinvest werde in Berlin, in London, in Paris entschieden, wo ein Großteil der Start-ups sitzt, in die Speedinvest investiert ist: "Meine Vision war es nie, Dorfkaiser in Österreich zu werden."
Der ganz andere VC-Fonds
Und da sind sie wieder, die Bilder in seinem Kopf. Seine bedingungslos zu erreichenden Ziele, die er sich setzt und die er auch in der Lage ist, seinen Mitstreitern zu vermitteln.
Und wofür Speedinvest steht und wohin die Reise gehen soll, dazu hatte er von Anfang an eine ganz konkrete Vorstellung.
Zum einen eben die von ihm angesprochene Internationalisierung seines Fonds. Ohne Vernetzung und Investments weit über die österreichischen Grenzen hinaus hätte kein Geldgeber der Welt sein Kapital von Österreich aus verwalten lassen. Und heute sind es große europäische Versicherungskonzerne genauso wie weltweit agierende Fonds, die von Speedinvest überzeugt sind. "Es gibt eigentlich keinen großen internationalen Fonds mehr, der nicht mit uns co-investiert ist und mit uns das Gespräch sucht", sagt Holle nicht ohne Stolz. Und das sei vor allem auch für die von Speedinvest ausgewählten Startups besonders wertvoll, um international wahrgenommen zu werden.
Zum anderen wollte Holle nie einen klassischen Venture-Fonds aufbauen, bei dem die Nöte und Sorgen der Start-ups zweitrangig sind und der stattdessen versucht, mit so wenigen Partnern wie möglich so viel Verwaltungsgebühren wie möglich einzukassieren. Speedinvest mache genau das Gegenteil, erklärt Holle: "Bei uns wird jeder Euro zurück in unsere Teams gesteckt mit dem Ziel, die Start-ups langfristig zum Erfolg zu führen - was über diesen Weg natürlich auch wieder für uns und unsere Investoren eine höhere Rendite bedeutet."
Genauso, wie es auch in einem Startup üblich ist, haben sich Holle und seine Partner bis heute nie großartige Summen ausbezahlt - "mir ist es völlig unwichtig, kurzfristig viel Geld zu verdienen" ( Holle) -, sondern sogar noch ihr eigenes Geld als Investment in die verschiedenen Fonds gesteckt.
Auf diese Weise waren sie in der Lage, Speedinvest eine völlig neue Struktur zu verpassen: Sechs auf unterschiedliche Themen wie Health Tech, Fintech oder Klimaschutz spezialisierte Investmentteams unterstützen die Start-ups inhaltlich mit ihrer Expertise. Deren Mitarbeiter sind noch dazu jeweils auf die fünf Speedinvest-Standorte (Wien, Berlin, München, London und Paris) verteilt.
Darüber hinaus stehen allen Start-ups quer über alle Branchen sechs Fulltime-Anwälte, eine eigene HR-Plattform und ein Marketingteam als Unterstützung zur Verfügung. "Wenn wir Innovation nicht zufällig machen wollen, sondern in einem professionellen Umfeld, dann bietet unser Weg den größten Hebel dazu", ist Holle überzeugt, dessen große Leidenschaft es immer schon war, große, erfolgreiche Companys aufzubauen.
Andrea Zitna, erst seit 2022 Partnerin von Speedinvest und auf Gesundheitsthemen spezialisiert, ist jedenfalls begeistert von dieser Struktur, die sie so noch nirgends erlebt hat: "Es gibt viel mehr Partner, viel mehr Mitarbeiter und mehr Standorte als in jedem anderen Seedfonds in Europa. Denn Oliver ist es wichtig, sich um all seine Gründer bestmöglich kümmern zu können, schließlich hat er die Höhen und Tiefen von Jungunternehmen selbst erlebt."
"Wir sehen uns als Leuchttürme, die die Tech-Welt aktiv mitgestalten", sagt Stefan Klestil, General Partner des Fintech-Fonds Si F und einer der erfahrensten Finanzexperten der ganzen Branche: "Hier in Österreich wissen die wenigsten, was für ein riesengroßes Rad wir da drehen."
Was auch Business Angel Hansmann bestätigt: "Oliver hat ein enorm großes Ding aufgebaut mit vielen Spezialisten, die ganz eng mit den Start-ups zusammenarbeiten und ihnen die Tür zu ihrem europaweiten Netzwerk öffnen."
Ein Konzept, das es in Europa so noch nicht gab, das aber mittlerweile bereits von dem einen oder anderen Seedfonds kopiert wird, weil es à la longue erfolgversprechender zu sein scheint. Und ein Konzept, das ganz neue Investoren anzieht, die sich bislang noch nicht in die finanziell gesehen durchaus auch riskante Start-up-Welt gewagt haben.
Die Uni- und Soonicorns
Überzeugend für viele Investoren ist auch das Portfolio von Speedinvest, also die Startups, auf die die verschiedenen Investmentteams und allen voran Holle in den vergangenen zwölf Jahren gesetzt haben. Einige erfolgreiche Exits, also Verkäufe an andere Unternehmen wie bei Shpock, sind bereits gelungen. Doch viel spannender sind die vielen Portfolio-Start-ups, die ihren Exit noch vor sich haben.
Dazu zählen die erwähnten Unicorns mit einem geschätzten Unternehmenswert von in Summe rund 13 Milliarden Euro, an die 20 Soonicorns, also Startups, die mit ihrer Bewertung bereits an der Milliardenmarke kratzen, und über 300 weitere vielversprechende Start-ups - aus UK bis Osteuropa, aus Nordeuropa bis Afrika (siehe Kasten Facts & Figures unten).
Bis es zu einem Exit kommt, kann es allerdings dauern. Es ist eine Wette auf eine hohe Rendite, für die ein langer Atem nötig ist. Und die nötige Erfahrung, auf die richtigen Start-ups zu setzen - eine ganz besondere Stärke Holles. "Wir hatten lange Zeit die Regel, dass kein Investment gemacht werden darf, bevor Oliver nicht das Team gesehen hat", erzählt Klaus Matzka, bis 2021 Partner bei Speedinvest, "denn er hat ein unheimliches Gespür für Menschen und Gründerteams."
Der Fischer und der Leitwolf
Überhaupt geht ohne Oliver Holle gar nichts. Er ist mit über 82 Prozent nicht nur klarer Mehrheitseigentümer der Speedinvest GmbH, die im Innovationszentrum weXelerate am Wiener Donaukanal ihren Hauptsitz hat. Er ist auch Leitwolf und Kollege. Stratege und Krisenmanager. Kommunikator und Zuhörer.
"Er hat immer die Ohren an der Company", erzählt Marie-Hélène Ametsreiter, seit neun Jahren Speedinvest-Partnerin und Leiterin dreier Investmentteams sowie des Münchner Office: "Er führt viele Einzelgespräche und besucht laufend all unsere Standorte. Dabei begegnet er den Kollegen auf allen hierarchischen Ebenen auf eine joviale, offene und so gar nicht autoritäre Art."
Viele Mitarbeiter seien allein wegen Holle bei Speedinvest, ist Ametsreiter überzeugt: "Auch mich hat er damals gefischt. Er hat die Gabe, den Leuten das Gefühl vermitteln zu können, dass er unendlich dankbar dafür ist, mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen, und dass sie unbedingt gebraucht werden. Und jeder wird gerne gebraucht."
So sehr Holle auch für viele seiner 92-köpfigen Belegschaft zum Vertrauten geworden ist, jemand, dem man auch einmal seine privaten Sorgen anvertrauen kann und der dabei immer zuhört und sich die Anliegen der anderen zu Herzen nimmt, so sehr wirkt er in der Kommunikation nach außen oft einmal ein wenig zu zurückhaltend und ruhig, manchmal fast ein wenig unsicher.
Ein Manko, dessen sich Holle, der sich selbst als eher introvertierter Mensch bezeichnet, bewusst ist -was für Ametsreiter aber auch eine durchaus sehr positive Charaktereigenschaft ist: "Die auf den ersten Blick mangelnde Souveränität eines echten Leaders macht ihn anfassbar und zugänglich. Dadurch, dass er diese Art von Gockelkampf vermeidet, erreicht er am Ende mehr und wirkt eher wie ein Familienoberhaupt als ein Chef."
Als seine Familie sieht Holle sein Unternehmen dann aber doch nicht: "Ich habe im Laufe meines Lebens gelernt, Beruf und Privatleben zu trennen. Aber meine Mitarbeiter sind schon mein nächster innerer Kreis. Schließlich verbringe ich quasi Tag und Nacht mit dem Unternehmen und denke auch viel über die bei uns beschäftigten Menschen nach." Als "Herz des Unternehmens" versucht er, alle Teile der doch recht komplexen Organisation mit sehr engen Vertrauensverhältnissen zusammenzuhalten - "das ist sicherlich meine größte Stärke".
Die Kern-DNA von Speedinvest spiegle dabei durchaus auch seinen eigenen Charakter: "Ich bin ja als Unternehmer in der Dotcom-Welle groß geworden und habe die Glitzerwelt mit großen Partys aus nächster Nähe erlebt."
Bis die Blase Anfang 2000 geplatzt ist und alles den Bach runtergegangen ist. "Das hat mich schon geprägt, und das bin ich auch nicht. Darum haben wir ja auch Speedinvest gegründet, um dem entgegenzutreten. Wir brauchen keine Promis und Riesenevents, sondern wir müssen unsere Gründerteams glücklich und erfolgreich machen."
Der Streber
Tatsächlich war Oliver Holle schon lange vor der Gründung von Speedinvest ein erfolgreicher Entrepreneur. Nach seiner Matura am Wiener Realgymnasium Krottenbachstraße und noch während seines Wirtschafts- und Philosophiestudiums gründete er sein erstes Unternehmen namens Sysis, das Computersimulationsspiele entwickelte. Als dann das Internet aufkam, hatte Sysis bereits den Startvorteil, interaktive Onlinespiele anbieten zu können; später kamen SMS-Spiele und diverse mobile Dienste hinzu. Eine Partnerschaft mit dem schwedischen IT-Giganten Ericsson brachte schließlich den Durchbruch: Sysis entwickelte einen Musik-Store samt Empfehlungsalgorithmen.
Mit an Bord damals schon: Daniel Keiper-Knorr, heute der zweite Gesellschafter von Speedinvest mit knapp 18 Prozent der Anteile. "Unsere Stärke liegt in unserer Komplementarität", sagt Keiper-Knorr zu der langjährigen engen Zusammenarbeit mit Holle. "Meine Aufgabe war es immer schon, das, was sich Oliver ausdenkt, zu verkaufen."
Ein weiterer Weggefährte seit Sysis-Zeiten ist Zahlenjongleur Werner Zahnt, der bis heute im Hintergrund von Speedinvest mit seinen finanziellen Analysen den Durchblick hat. Zahnt war es auch, der gemeinsam mit Holle Businesspläne für Maria Baumgartner entwickelte, die damals für die Kontrollbank eine Börse für Jugendliche namens Fun Exchange entwickelte. Die Zusammenarbeit zwischen Holle und Baumgartner wurde mit der Zeit intensiver - und seit damals ist sie die Frau an der Seite Holles.
"Oliver ist ein sehr liebevoller Mensch, war aber immer schon auch ein echter Streber -beruflich wie privat", sagt Baumgartner über ihren Ehemann. "Er will nicht nur erfolgreich sein, sondern er will es schon richtig wissen und scheut keine Herausforderung." Und das gepaart mit seiner umgänglichen, fast schon demütigen Art: "Er würde nie auf den Tisch hauen und herumschreien. Dennoch bekommt er stets, was er will, auch weil er sich auf alles stets penibel vorbereitet."
Baumgartner ist heute geschäftsführende Gesellschafterin von HROS, einem HR-Unternehmen, an dem Speedinvest zu knapp einem Viertel beteiligt ist und das zur horizontalen Struktur von Speedinvest zählt, also die Start-ups des Portfolios bei der Suche nach Mitarbeitern unterstützt.
Auch auf diese Weise bekommt Baumgartner, die von Holle als private und berufliche Lebenspartnerin bezeichnet wird, aus nächster Nähe mit, wie ihr Mann sein Unternehmen führt: "Er ist extrem zielstrebig, dabei durchaus auch großzügig, vor allem seinen Mitarbeitern gegenüber, und zeichnet sich durch ein fast konservatives Festhalten an Abmachungen aus." Was mitunter auch ein wenig schwierig empfunden werden könne: "Ihn von seiner Spur abzubringen, ist nicht so leicht."
Der erste Exit
Seine Spur führte Holle im Jahre 2004 zum Zusammenschluss von Sysis mit den Unternehmen Xidris von Markus Wagner und Connovation von Andreas Wiesmüller, die recht ähnliche Produkte anboten. Zusammen erhöhten sich Schlagkraft und Möglichkeiten. Das 3united genannte Start-up entwickelte diverse Dienste für Handys und arbeitete unter anderem für Ö3, expandierte aber sehr rasch in die USA, "weil wir Appetit auf die Weltmarktführerschaft bekommen haben", so Wagner heute.
Das Motto lautete: "Warum nur Ö3, wenn es doch auch CNN oder CBS gibt? Damals hat Oliver sicherlich gelernt, wie greifbar internationaler Erfolg ist. Wir waren plötzlich Weltstars in unserer Branche."
Und tatsächlich gelang bereits nach zwei Jahren der große Exit, die Übernahme von 3united durch das US-Telekom-und Internetunternehmen VeriSign um umgerechnet 55 Millionen Euro.
Es war die vorläufige Krönung von Holles Unternehmerkarriere, die Wiesmüller aus nächster Nähe miterleben konnte: "Oliver ist mit einem protestantischen Arbeitseifer ausgestattet. Er ist wie ein Panzer, der kontinuierlich und konsequent hart arbeitet und vom Führungsstil ein enorm loyales Team aufbauen kann, das für ihn rennt - und zum Teil noch heute bei Speedinvest mit ihm zusammenarbeitet." Wie etwa auch Baumgartner, die gemeinsam mit Keiper-Knorr im Vertrieb von 3united arbeitete.
Nach dem Exit folgte ein einmaliger Ausrutscher Holles. Er blieb zwei Jahre lang als Angestellter bei VeriSign an Bord und musste feststellen, wie dysfunktional und ineffizient die Corporate-Welt sein kann.
Zurück in Wien gründete er 2009 The Merger, um kleinere Start-ups zu fusionieren und größere daraus zu formen. Doch der wenig originelle Versuch, seinen Erfolg mit 3united zu vervielfachen, scheiterte. Sein Learning daraus: Um Start-ups wirklich zu unterstützen, bedarf es neben intellektuellem auch echten Kapitals.
Die Anfänge des Fonds
Und dann setzte sich Holle hin und entwarf die Grundzüge für das Modell eines Frühphasenfonds, der beides zur Verfügung stellen kann. Ezzes dazu kamen unter anderem von Business Angel Hansi Hansmann und Gamma-Capital-Partners-Gründer Matzka, der Holle empfahl, den Blick unbedingt über die heimischen Grenzen hinaus zu richten, aber auch dort "keine Bauchladen-Investments zu machen", so Matzka heute, sondern auf sehr fokussierte Subsektoren wie Fintech oder Health zu setzen.
Das war die Geburt von Speedinvest. Und all seine loyalen Mitstreiter waren auch diesmal wieder von Anfang an dabei und ließen sich von Holles Konzept begeistern.
Was folgte, ist die Unternehmensgeschichte von Speedinvest (siehe Grafiken , oben), die mit dem Exit von Shpock ihren ersten Höhepunkt fand. Für Holle der Beweis, dass das Modell funktionieren kann. Shpock-Mitgründerin Klausberger war jedenfalls begeistert: "Wir konnten immer mit Oliver auf Augenhöhe reden, weil er ja selbst ähnliche unternehmerische Erfahrungen gemacht hatte." Nachsatz: "Wir würden jederzeit wieder was gemeinsam mit ihm machen."
Die Vision der Zukunft
Und wie geht es nun mit Oliver Holles Speedinvest weiter? Auch dazu hat Holle - wie kann es anders sein - ein sehr konkretes Bild in seinem Kopf: "Ich weiß genau, wie wir in zehn Jahren als Familie leben werden." Sobald Tochter Lola mit der Schule fertig ist, will er gemeinsam mit seiner Frau wieder viel mehr Zeit im Ausland verbringen.
Dafür beginnt er schon, die Weichen zu stellen: So holte er sich Mitte 2022 Michael Sieghart als Managing Partner ins Führungsteam, der nunmehr bei Speedinvest alles, was nicht mit den konkreten Investments zu tun hat, abwickelt. Weitere Personalmaßnahmen, vor allem das Nachrücken junger Leute ins Management, sind bereits im Gange.
Holles Vision: "Ich muss nicht mehr jede Woche 80 Stunden arbeiten. Ich will langfristig nur noch gezielt jene Dinge tun, die nur ich im Unternehmen tun kann."
Und dazu zählt zweifellos das Entwerfen neuer Strategien und Visionen. Schließlich gehört der Gründer von Speedinvest seit heuer erstmals zum elitären Kreis der mächtigsten Risikofinanzierer Europas. Eine Position, aus der heraus sich sicherlich viele spannende Spuren ergeben werden, die es ehrgeizig und hartnäckig zu verfolgen gilt.
Eines ist für Holle freilich jetzt schon sicher: "Ich werde in meinem Leben keinen anderen Job mehr machen." Und auch davon wird er nicht abzubringen sein.
Der Artikel ist der trend. edition+ Ausgabe vom 22.12.2023 entnommen.