Der BILLA-Gründer Karl Wlaschek hat seinen Nachkommen ein 5 Milliarden Euro schweres Immobilien-Imperium hinterlassen. Sie liegen damit auf Platz 6 der 100 reichsten Österreicher. Doch ihr Vermögen ist durch eine Stiftung vor dem Ausverkauf geschützt.
Karl Wlaschek
Geboren: 4. August 1917 in Wien
Gestorben: 31. Mai 2015 in Graz
Nachkommen: Marie-Luise Bittner, Karl-Philipp Wlaschek
Geschäfte: Parfumerie, Lebensmittelhandel, Immobilien
Hinterlassenes Vermögen: aktueller Wert rund 5 Mrd. €
Die Anfänge als Barpianist
Zu Beginn hatte er nichts, außer Talent und ein paar Ideen. Karl Wlaschek gelang es, wovon viele Menschen träumen: der Aufstieg zu einem der reichsten Menschen Österreichs. Palaiskaiser nannte man in späterem Alter, denn Wlaschek, Jahrgang 1917, hinterließ seinen Kindern und seiner letzten Frau die größte Palais-Sammlung der Welt und zusätzlich etliche Hotels, Zinshäuser und Bürotürme.
Doch Wlaschek war viel mehr als nur der Palaiskaiser. Kriegsbedingt musste er sein Chemiestudium an der TU Wien abbrechen und in Frankreich und in Russland als Soldat dienen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Wien zurück und schlug sich als Barpianist durch. Er trat als „Charly Walker“ auf und tingelte mit seiner Combo durch die noch junge Nachtclub-Szene. Die Musik brachte ihn auch nach Kitzbühel und Velden. Seinen Traum, in Wien ein eigenes Tanzcafé zu gründen, konnte er mangels finanzieller Mittel nicht umsetzen, denn nach dem Krieg besaß er wie so viele andere nichts, außer seinem kreativen Schöpferdrang.
Einstieg ins Parfum-Geschäft
Der Schöpferdrang ließ ihn 1953 in den Handel einsteigen, wo er eine Chance sah, mit günstigen Preisen gute Geschäfte zu machen und zu Geld zu kommen. Die Grundidee dahinter war, Waren deutlich günstiger anzubieten als andere Händler und dafür sonst zu sparen, wo das nur möglich war. Bei der Geschäftseinrichtung, der Miete oder der Zahl der Mitarbeiter.
Sein erstes Geschäft war eine Parfümerie in der Wiener Margaretenstraße, in der er Markenartikel zu günstigen Preisen anbot. Es war zunächst ein recht kleiner Laden mit nur 40 Quadratmetern Verkaufsfläche. Die 30.000 Schilling Startkapital hatte er mit eisernem Willen und fleißiger Arbeit gespart. Das war seinerzeit ein kleines Vermögen, denn 1953 kostete etwa ein Kilo Mischbrot noch 25 Groschen und ein Liter Milch 15 Groschen. 30.000 Schilling entsprachen in etwa einem Jahresgehalt.
Auf die Schaufensterscheiben seines Geschäfts klebte Wlaschek riesige Papiere mit den Aufschriften „Sensation“ oder „Fast Geschenkt“. Ein Konzept, das funktionierte, denn die Leute kamen und liebten den Laden.
Mit der Musik in den Bars war erst einmal Schluss. Dafür baute Wlaschek seine Idee von der "Billigen Parfumerie" (BIPA) mit dem Konzept von WKW (Warenhandel Karl Wlaschek) weiter aus und schon um 1960 besaß er 45 Filialen.
Von BIPA zu BILLA
Dann wollte er sich jedoch nicht mehr mit dem Geschäft mit den Düften begnügen und beschloss, in den Lebensmittelhandel einzusteigen. Von der "Billigen Parfumerie" (BIPA) war es nicht weit zum "Billigen Laden" (BILLA). Ab 1961 begann Wlaschek mit BILLA sein Handelsimperium aufzubauen.
Wlaschek blieb seiner Grundidee treu: Sparen bei den Kosten, dafür Waren günstiger anbieten und kräftig die Werbetrommel rühren. Wlaschek war einer der ersten, der die Macht der Werbung, die es damals im Lebensmittelhandel noch kaum gab, erkannt hatte. Die entwarf er zum Teil selbst und setzte sie gezielt ein. Wie auch das prägnante, gelb-rote BILLA-Logo. Dafür hatte er auf der Autobahn Ausschau nach Farben gehalten, die ihm auffielen und kam so auf die Farben gelb und rot. Sein erstes Büro war überaus spartanisch eingerichtet. Es waren nur die notwendigsten Möbel enthalten, alles Weitere wurde in Bananenkisten untergebracht.
Die Geschäfte florierten, Filiale um Filiale kam hinzu und Karl Wlaschek begann sein Handelsimperium weiter auszubauen. 1969 kaufte er die Handelskette Merkur auf. 1977 gründete er die Buchhandelskette Libro, den Diskonter Mondo (heute Penny) und eine Schokothek. Im gleichen Jahr übernahm Wlaschek auch die Litega AG für Matratzen und Textilwaren.
Mit seinen Geschäften prägte Wlaschek den österreichischen Handel, und besonders den Lebensmittelhandel – bis er 1996 für, alle überraschend, den BILLA–Konzern mit den Ketten Billa, Merkur und Mondo um rund 1,1 Milliarden Euro an die deutsche Lebensmittelhandelskette REWE verkaufte. Ein Deal, den Wlaschek selbst eingefädelt und selbst vor dem Geschäftsführer und Generalbevollmächtigten des BILLA-Konzerns, Veit Schalle, geheim gehalten hatte.
Wlaschek, der Immobilien-Investor
In der Folge machte Karl Wlaschek in Österreich als großer und erfolgreicher Immobilien-Investor von sich reden. Der er im Grunde auch schon zuvor war. Statt Mieten für die Filialen des BILLA-Konzerns zu zahlen hatte er nämlich die Grundstücke und Häuser gekauft, dort Geschäfte eingerichtet und selbst Mieten kassiert. Auch vom REWE-Konzern erhielt Wlaschek nach dem Verkauf seiner Geschäfte Mieten. In einem seiner seltenen Interviews mit dem Magazin FORMAT erklärte er 2002 gewohnt launisch und kauzig:
"Ich bin zwar mit der Greißlerei wohlhabend geworden, habe aber nie vom Billa-Konzern gelebt, sondern immer von den Realitäten. Das ist eine lustige Finanzstory. Ich habe die Grundstücke gekauft, auch die Filialen gebaut und habe dann als Privatmann Miete für die Filialen von Billa kassiert."
Nach dem Ausstieg aus dem Lebensmittelhandel begann er in großem Stil in prestigeträchtige Immobilien zu investieren und kaufte zahlreiche Palais in der Wiener Innenstadt – das Kinsky, das Harrach, das Ferstel, das Esterházy und etliche weitere. Dazu das Gebäude der Wiener Börse sowie den Andromeda-Büroturm und den Ares Tower. Auch in anderen Städten Österreichs kaufte sich Wlaschek Vorzeige-Immobilien, etwa das Palais Trautmannsdorf in Graz.
Seinen Ausstieg aus dem Lebensmittelhandel bereute er nie. Im FORMAT-Interview sagte er 2002 dazu:
"Ich befasse mich nicht mehr viel mit dem Lebensmittelhandel. Außer, dass ich einmal zum Meinl am Graben und einmal zum Billa in der Singerstraße einkaufen gehe. Ich schlage aber alle Tage ein Kreuz, dass ich das alles verkauft habe."
Als Karl Wlaschek am 31. Mai 2015 starb hinterließ er seinen Nachkommen – seiner fünften Ehefrau Friederike und seinen Kindern Karl Philipp und Marie Luise die größte Palais-Sammlung der Welt und insgesamt über 250 prestigeträchtige Objekte in ganz Österreich. In der Wiener Innenstadt gehörte dem Milliardär durchschnittlich jedes zehnte Objekt.
Der sparsame Milliardär
Karl Wlaschek war ein Selfmade-Milliardär. Nur ganz wenige hatten das in Österreich nach Kriegsende geschafft. Aber er hatte den richtigen Riecher zur richtigen Zeit, einen Spürsinn für das, was die Leute wirklich suchten.
Seine Entscheidungen traf er selten aus dem Kopf, oft aus dem Bauch heraus. Karl Wlaschek war immer für eine Überraschung gut: So etwa 2012, als er seine Hochzeit mit seiner letzten Frau im Schlosshotel Velden am Wörthersee feiern wollte. Dafür kaufte er gleich das ganze Ensemble und ließ es aufwändig adaptieren. Wlaschek zahlte dafür kolportierte 48 Millionen Euro.
Vor allem aber hatte er immer den Mut für einen Neuanfang. Noch im Jahr 2002, im Alter von 85 Jahren, hatte Wlaschek ambitionierte Pläne mit dem Gourmettempel Daun-Kinsky, und dem Café Central, die ihm auch gehörten sowie einem Cateringservice. Allerdings pflegte Karl Wlaschek eher dort zu dinieren, denn sich mit den Objekten direkt zu beschäftigen.
Ebenfalls Im FORMAT-Interview von 2002 erklärte Wlaschek:
Ich tue mir (damit) gar nichts mehr an. Dafür beschäftige ich ja achtzig Leute. Selber gehe ich nur dreimal in der Woche essen – auf ein Einsermenü ins Central"
Und obendrein wäre die Restaurant-Idee für ihn auch keine neue gewesen:
"Ich hatte schon vor dreißig Jahren fünf eigene Restaurants. Die Idee kam mir 1977 bei einer Greißlertagung des Migros-Konzerns in der Schweiz, wo es um Selbstbedienungsrestaurants ging. Ich fuhr nach Hause und eröffnete gleich ein paar Billaterias. Aber die können Sie ja nicht kennen, da lagen Sie noch in den Windeln.
Zeit seines Lebens hielt er sich an drei goldene Regeln: Sparsamkeit, Handschlagqualität und keine Partner. Damit brachte er es zum Multimilliardär. Auch alle Immobilien finanzierte er zu 100 Prozent aus Eigenmitteln. Verwaltet werden diese von verschiedenen Stiftungen, die alle im Besitz der Familie stehen.
Privat durchlebte der so erfolgreiche Geschäftsmann jedoch einige Niederlagen. Seine ersten drei Ehen wurden geschieden, seine vierte Frau starb 2003 und erst seine darauf folgende Lebensgefährtin Friederike Schenk, die er 2012 mit 94 Jahren heiratete, bezeichnete er als die Liebe seines Lebens. „Beim G’schäft bin i guad, bei de Weiber bin i a Depp“, kommentierte Wlaschek einmal sein Privatleben.
Karl Wlaschek starb am 31. Mai 2015. Er wurde in dem Mausoleum im Wiener Palais Kinsky beigesetzt, das der Milliardär für seine 2003 verstorbene Frau Karin und sich selbst errichten lassen hatte.
Die Erben Karl Wlascheks
Mit dem Tod Karl Wlascheks fiel sein Vermögen den Erben – seiner fünften Frau Friederike Wlaschek und seinen beiden Kindern, der 1947 geborenen, aus erster Ehe stammenden Tochter Marie-Luise und dem aus zweiter Ehe stammenden Sohn Karl Philipp (geboren 1974) zu. Ebenfalls zu den Erben zählt die aus der vierten Ehe stammende Stieftochter Claudia Hönigsberger.
Der Sohn Karl Philipp Wlaschek
Karl Philipp hatte eine Kindheit im materiellen Reichtum und wurde als Kind streng vor der Öffentlichkeit zurückgehalten aus Angst vor Entführungen. Bis heute zeigt sich Karl Philipp genau wie seine Halbschwester Marie-Luise nur sehr selten in der Öffentlichkeit.
Karl Philipp hat den Unternehmergeist in die Wiege gelegt bekommen und verfolgt seine eigenen Immobilienprojekte. "Ich versuche nicht, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, sondern meine eigenen Wege zu gehen. Alles andere würde unglücklich machen," erklärte er 2006 in einem FORMAT-Interview. Mit seinem Vater kam Karl Philipp dabei in Konflikt. So missfiel Karl Wlaschek, dass der Junior ein Immobilienpaket nach nur zwei Jahren wieder verkaufte. Wlaschek Senior hielt nichts derart von kurzfristigen Investments.
Der Zwist zwischen Vater und Sohn führte auch dazu, dass Karl Philipp Wlaschek aus den Aufsichtsgremien der drei Immobiliengesellschaften ausschied. Kein Grund zur Traurigkeit, hat doch der Junior seine eigene aus der Karl Wlaschek Stifung mitfinanzierte Privatstiftung.
Die Ermione Privatstiftung und die dazu gehörende Ermione Holding (früher Ermione Immobilieninvestment GmbH), deren Geschäftsführer Karl Philipp Wlaschek ist, hat ein Portfolio aus Immobilien in Wien, Berlin und Bulgarien. Darunter ein Zinshaus-Paket im Wert von 140 Millionen Euro in der besten Wiener Innenstadt-Lage sowie etwa sechzig Häuser im sogenannten Citec-Portfolio. 2007 erwarb er bei Sofia in unmittelbarer Nähe des Airports 15.000 Quadratmeter Grund zwecks Entwicklung eines Büro-Objektes.
Wobei das auch schon beinahe alles ist, was über die Geschäfte von Karl Philipp Wlaschek bekannt ist. Die Ermione Holding arbeitet extrem diskret und nicht einmal eine eigene Website und auch keine anderen Internet-Auftritte.
Die Witwe Friederike Wlaschek
Karl Wlaschek hatte seine fünfte Ehefrau, die Steirerin Friederike "Ricki" 2009 in Wien kennengelernt. 2012 heiratete das Paar heimlich im Zuge der Wiedereröffnung des Schlosshotels in Velden. Der Anteil des Vermögens, das Friederike Wlaschek zuteil wurde, wird auf etwa drei Milliarden Euro geschätzt.
Friederike Wlaschek blieb kinderlos. Sie kam nie über den Tod ihres Mannes hinweg, wie sie selbst betonte. Sie vereinsamte über die Zeit und starb im April 2022 im Alter von 75 Jahren nach langer Krankheit.
Der Nachlass von Karl Wlaschek
Karl Wlaschek wollte eigentlich 100 Jahre alt werden, er hatte aber dennoch lange vor seinem Tod die Weichen gestellt, dass sein Immobilien-Imperium für die Nachwelt erhalten bleibt. Um das Erbe zu schützen hat der Milliardär Karl Wlaschek sein Vermögen in die Karl-Wlaschek-Privatstiftung eingebracht. Als primärer Stiftungszweck wird die Begünstigung der Allgemeinheit angegeben – dazu gehört beispielsweise die Sanierung der einzelnen Palais. Nur zweitrangig ist die Ausschüttung von Einnahmen an Begünstigte. Einer der wichtigsten Grundsätze in der Stiftung: Sie darf keine Kredite und Darlehen aufnehmen. Und für den Fall der Veräußerung einer Immobilie muss binnen drei Jahren wieder eine neue hinzukommen.
Unter der Stiftung sind die drei Immobiliengesellschaften Amisola, Estrella und Novoreal angesiedelt. Sie verwalten die Immobilien. Die Privatstiftung wird von drei Beratern im Vorstand geführt: Anwalt Albert Birkner, Steuerberater Günter Cerha und der Wirtschaftsprüfer Cornelius Kodrnja. Der Beirat besteht aus den Familienmitgliedern und Immobilienexperten. Die exakte Zusammensetzung des Beirats ist nicht öffentlich bekannt.
Abseits des beträchtlichen Immobilienvermögens, das heute auf 5 Milliarden Euro taxiert wird, ist über Luxusgüter im Wlaschek-Besitz nichts überliefert. Keine Yachten, keine Privatjets. Er unternahm auch keine superteuren Reisen - im Grunde blieb er auch als Milliardär der "Charly Walker" seiner Jugend. Der einzige bekannte Luxus, den er sich gönnte, waren Maßhemden. Ein "Sir" bis zum Schluss.