Hans Vanja-Palmers
©beigestelltHans Vanja Palmers, Millionenerbe und buddhistischer Zen-Priester, über seinen Weg vom Manager in die Meditation, die karmische Bedeutung von Reichtum und seine Unterwäsche.
Die Familie Palmers ist einer der medienscheusten Clans des Landes. Es ist nicht einfach, den gut versteckten Gutshof der Familie in den Pinzgauer Bergen zu finden. Hans Palmers war hier schon mit seinen Eltern oft auf Sommerfrische. Während sein Bruder Michael und sein Cousin Christian Palmers den berühmten Wäschekonzern führten, hat sich Hans frühzeitig aus dem Business zurückgezogen. Barbara Nothegger empfing er bei Tee und selbst gemachter Heidelbeermarmelade zu einem Gespräch über das Erbe der Familie – nachdem er die Woche davor ein Meditationsseminar im nahe gelegenen "Haus der Stille Puregg" geleitet hatte.
Herr Palmers, welche Unterwäsche tragen Sie?
Ich trage seit 30 Jahren japanische Unterwäsche. Lendenshorts, wie man sie aus Indianerfilmen kennt.
Viele Österreicher haben die Marke Palmers im Herzen. Herren erfreuen sich an den hübschen Plakaten, Damen an den grünen Münzen. War das nie Ihre Welt?
Für mich als jüngsten Sohn war die Gründung einer neuen Firma vorgesehen, weil die Führungspositionen bei Palmers und der Schweizer Calida-Gruppe bereits besetzt waren. Ich gründete mit meiner heutigen Gattin, einer Modedesignerin, die erfolgreiche Avantgardisten-Boutique Vanja Palmers. Aber es kam anders, ich wurde ein Hippie, ein klassischer Aussteiger.
Genau das soll zum Verkauf des Palmers-Konzerns geführt haben: Die Erben kümmerten sich zu wenig ums Unternehmen und ließen stattdessen einem externen Manager alle Macht ...
Die Erben kümmerten sich sehr wohl ums Unternehmen. Mein Cousin Christian und mein Bruder Michael waren jahrzehntelang im Palmers-Vorstand. Aber irgendwann änderten sich das Umfeld und die handelnden Personen so, dass wir einen Verkauf beschlossen. Es gab keinen Familienstreit, wie damals kolportiert. Ich war ganz direkt in die Verkaufsverhandlungen involviert. Es war eine interessante Erfahrung, aber mir wurde erneut klar, dass ich meine Zeit und Energie nicht längere Zeit in die Wirtschaftswelt investieren will.
Was ist so schlimm daran?
Das heutige Wirtschaftssystem ist wie ein Haifischteich, wo jeder versucht, den anderen zu übervorteilen. Diese Art des aggressiven Wettbewerbs ist auf Dauer nicht die Haltung, mit der ich durch die Welt gehen möchte. Im Buddhismus ist die Grundhaltung genau umgekehrt. Dort fragt man das Gegenüber: Wie kann ich dir helfen?
Und daher stimmten Sie für einen Palmers-Verkauf?
Auch deshalb. In der Textilbranche ist der Konkurrenzdruck sehr hoch. Man muss sich auf die sich schnell ändernden Konsumgewohnheiten einstellen, immer am Ball bleiben.
Das buddhistische Oberhaupt Dalai-Lama sagt, Unternehmertum sei ein Gewinn. Wäre es nicht viel altruistischer, anderen Menschen Arbeit zu geben, als ein Leben in Meditation zu führen?
Unternehmertum ist positiv, es ist ein Vehikel für menschliche Kreativität. In meinen Hippie-Jahren entdeckte ich aber, dass – bildlich gesprochen – der König nicht die höchste Position ist, die man als Mensch erreichen kann. Es gibt etwas dahinter oder darüber, nämlich den Weisen und Heiligen. Bei Buddha, der aus einer reichen Familie stammte, war es auch so. Seiner Bestimmung nach sollte er ein mächtiger König oder ein Weiser werden.
Klingt, als hätten Sie ähnliche Voraussetzungen wie Buddha.
Die Geschichten von Buddha und auch von Jesus sind archetypisch.
Meditationskurse boomen, und der Buddhismus verzeichnet großen Zulauf. Was ist so faszinierend daran?
In unserer materiellen Welt gibt es einen großen Durst nach Spiritualität. Der Buddhismus ist ein zugängliches Angebot, weil er nicht auf Dogmen und Glaubenssätzen basiert. Buddha sagte: Glaubt nicht etwas, weil es in den heiligen Schriften steht, ein großer Lehrer es sagt oder eine ehrwürdige Tradition dahinter steht.
Was bringt es, stunden- und tagelang zu meditieren?
Es bringt Freiraum. Wie das Herz pumpt, produziert unser Gehirn nonstop Gedanken und Gefühle. Das Problem dabei ist, dass wir uns damit identifizieren. In der Meditation löst man sich von den Gedanken und Gefühlen und wird zum Beobachter. Das Denken geht zwar weiter, aber es läuft im Hintergrund wie ein Rauschen.
Meditation wirkt leistungssteigernd. Kommen auch Manager zu Ihnen?
In den Kursen sind immer wieder Manager. Aber es ist wichtig, ohne Absicht und Wollen zu kommen. Ziel ist es, vom Tun ins Sein zu gelangen.
Was lernen Menschen der Wirtschaft aus den buddhistischen Lehren?
Das Gemeinsame an Wirtschaft und Buddhismus ist, dass sie eine bessere Welt schaffen wollen. Allerdings wird an den Handelshochschulen meistens Habgier gelehrt, perfektioniert und wissenschaftlich untermauert. Die gescheitesten Köpfe werden auf Gewinnoptimierung gedrillt, und die Helden unserer Zeit sind jene, die möglichst viel für sich selbst raffen. In der buddhistischen Lehre hingegen ist Habgier Gift und der Grund unseres Leidens. Wir Buddhisten bemühen uns um eine von Mitgefühl und Weisheit geprägte Weltsicht. Man soll auch mit weniger auskommen.
Mitgefühl ist gut. Aber geht dieses Gebot nicht an der Realität vorbei?
Unser Wirtschaftssystem lässt wenig Spielraum für ethische Grundsätze. Aber es wird uns nichts anderes übrig bleiben. Wir zerstören die Grundlagen unserer Existenz, auf der physischen und anderen Ebenen. Ich denke dabei an den Klimawandel und die Überbevölkerung. Ohne Öl können auf der Erde nur geschätzte 1,5 bis zwei Milliarden Menschen ernährt werden. Es wird sich zwangsläufig etwas ändern.
Was bedeutet eigentlich Reichtum im Buddhismus?
Reichtum ist mit Schönheit, Energie und Intelligenz einer der sogenannten vier Könige der Welt. Es heißt, wenn jemand vermögend ist, hat er ein gutes Karma. Es soll eine Hilfe für dieses Leben sein. Wenn man zu sehr daran hängt und sein Ego damit aufbaut, kann es ins Gegenteil schlagen. Man glaubt, man ist eine Person, die Millionen besitzt. In diesem Moment mag das stimmen, aber im nächsten Moment kann das Geld weg sein. Wer bin ich dann? Extrem viel Geld kann zur Bürde werden.
Welches Karma hatten Sie?
Ich bin ein Glückspilz, ich habe eine goldene Karte gezogen.
Auf Facebook schreibt ein Fan: "Wow, so möchte ich auch leben. Im Zelt mit viel Natur, keine Geldsorgen." Könnten Sie ohne Ihr Vermögen so ein Leben führen?
Ja. Ich habe jahrelang in einem Kloster in den USA gelebt. Ob reich oder arm, die tägliche Realität ändert sich an solch einem Ort nicht. Gerade in ärmeren Regionen der Welt trifft man mindestens so viel Wohlwollen und Großzügigkeit wie bei uns. Ich gebe zu, dass die meisten Menschen einen gewissen Grad an Wohlstand brauchen, um loslassen zu können. Diese Schwelle ist aber sehr niedrig. Alles Geld darüber hinaus macht nicht automatisch glücklicher.
Wie ist Ihr Vermögen veranlagt?
Für Projekte im Tierschutz und der Meditation. Meine Hoffnung ist es, einen Beitrag zum Bewusstseinswandel der Menschen zu leisten. Um dies zu finanzieren, habe ich einen anderen Vermögensteil in Immobilien in der Schweiz investiert. Das entspricht unserer Familientradition. Wir haben immer in reale Werte investiert, nie am Finanzmarkt spekuliert.
Was denken Sie heute, wenn Sie an einer Palmers-Filiale vorbeigehen?
Eine Mischung aus Nostalgie und einem Gefühl des Glücks, im richtigen Moment verkauft zu haben.
Zur Person
Hans Vanja Palmers, geboren 1947 in Wien, wuchs in der Schweiz auf. Sein Vater leitete dort die Calida-Gruppe, eine Tochter des Palmers-Konzerns. Hans studierte Wirtschaft, ehe er sich Ende der 60er-Jahre den Hippies anschloss und in einem buddhistischen Zen-Kloster in den USA lebte. Heute leitet er Meditationszentren wie die Stiftung Felsentor (Schweiz) und Puregg (Salzburg). Der Vegetarier ist Vater einer Tochter und ein glühender Tierschützer.