Cordon bleu "Budapest" mit Kartoffelsalat um 6,90 Euro, Fischpediküre um zwölf Euro, eine Flasche Amaretto um 3,99 Euro, dazu eine Stange Zigaretten um 32 Euro - die Excalibur City nahe der tschechischen Grenze ist vor allem eines: billig. Auch lange nach dem Wegfall der Duty-free-Begünstigungen pilgern Pensionistenbusse und Schnäppchenjäger ins nördliche Weinviertel, um zwischen bizarren Ritterburg-Nachbauten, einem ausrangierten Flugzeug und chinesischen Tempeln aus Pappe einzukaufen.
Auch wenn die Preise billig sind, reich gemacht haben sie Excalibur-Erfinder Ronnie Seunig trotzdem. Er stampfte vor 20 Jahren den ersten Duty-free-Shop im Niemandsland zwischen Tschechien und Österreich aus dem Boden und erweiterte seither immer weiter zu einem gigantischen Shopping-Imperium. Über 500 Mitarbeiter sind in Massagesalons, Gastronomie, Autoreinigung und den Erlebnisbereichen beschäftigt. Auch das Areal ist gewaltig: Knapp 30 Hektar hat Seunig verbaut. Seit Kurzem gibt es gar einen kleinen Flughafen für Sportflieger.
Und jetzt übernimmt Sohn Roger, 29, Schritt für Schritt die Excalibur City, denn der Vater weilt die Hälfte des Jahres auf einer Ranch in Australien: "Mein Sohn ist von der Schule aus direkt ins Unternehmen eingestiegen und hat vom Lagerarbeiter bis zum Management alle Stationen durchlaufen. Ich selber bin ja schon in Halbpension." Dabei zählt der Gründer selbst erst 50 Jahre.
Excalibur-Erfinder Ronnie Seunig / Bild: © Format/Manfred Wolak
Offenbar funktioniert das Billig-Paradies auch unter Rogers Leitung reibungslos. Beim FORMAT-Lokalaugenschein an einem Nachmittag unter der Woche ist der Parkplatz gut gefüllt, und die Besucher tragen emsig Einkaufssackerl zu ihren Autos. Roger Seunig kann nur auf Volks-und Hauptschule sowie ein Jahr Polytechnikum zurückschauen. Allerdings hat er das Gespür, was seinen Kunden gefällt, und wird von gut ausgebildeten Mitarbeitern unterstützt. Die trinken den firmeneigenen Energydrink "Excalibur", dessen sexistische Markteinführung in den 90er-Jahren für gehörig Wirbel gesorgt hat.
Das Excalibur-Geheimnis
Ein, zumindest in Österreich, gut gehütetes Geheimnis ist, dass die Seunigs ihre Fantasiestadt nicht alleine gegründet haben. Als Partner fungierte der tschechische Multiunternehmer Jaro Vlasak. Unter dem Dach des gemeinsamen Unternehmens Ronja s.r.o. finden sich nach Heldensagen benannte Subfirmen wie Parcival, Gawain oder Artus. Steuerschonend gibt es darüber eine Holding namens Ennomia, die in Zypern ihren Sitz hat.
Ihre Kreativität und ihre zum Teil schrägen Ideen sind den Seunigs nicht abhandengekommen. Sei es der in brachial-asiatischem Stil gehaltene Vietnamesenmarkt, die zahlreichen Ritterburgen oder seit Neuestem Merlins Kinderwelt. Dort sind einige Attraktionen gratis, damit die Eltern in Ruhe shoppen oder sich beim Frisör bunte Strähnen in die Haarpracht färben lassen können.
Diese Kinderwelt soll weiter ausgebaut und in den kommenden Jahren um eine "Terra Technica" ergänzt werden. Dort soll die weltgrößte Flipper-und Jukebox-Sammlung der Welt - aus Seunigs Privatbesitz -zu bestaunen sein. Auch eine Tierfarm ist im Entstehen. Alles mit dem Zweck, das Areal als Ausflugsziel für Familien zu attraktivieren.
Merlins Kinderwelt, Excalibur City / Bild: © Format / Manfred Wolak
Interessant ist der Besuchermix der Excalibur City. So machen Tschechen rund die Hälfte aller Kunden aus. Sie sind vor allem an Parfüms und höherpreisigen Waren interessiert, die in Mähren deutlich teurer sind. Die Österreicher sind immer noch auf günstige Zigaretten und das üppige Gastronomieangebot fixiert. Zugpferd ist auch das Freeport Factory Outlet, wo es internationale Edelmarken zu Schnäppchenpreisen gibt. Diesen Bereich haben die Seunigs aber an fremde Betreiber verkauft. Dasselbe gilt für das angrenzende Spielcasino.
Innovative Ideen
Vater und Sohn Seunig sind sich nicht nur optisch ähnlich, sie harmonieren auch sonst recht gut. Sie teilen die Leidenschaft für sehr schnelle Autos sowie für pittoreske Sammlungen und Hobbys. Auch das gegenseitige Vertrauen ist vorhanden. Eine erste Idee hat der Junior schon umgesetzt. Die Excalibur-Kundenkarten, rund 70.000 Stück, wurden eingestampft. Man will mit fairen Preise für alle werben, anstatt Kartensammler zu bevorzugen. Apropos Karten: Ein skurriles Manko gibt es. Bankomaten sind spärlich gesät, und die wenigen zahlen nur in tschechischen Kronen aus, obwohl man in Euro einkauft.
Seunig Junior fiebert schon dem 20-Jahre-Fest im September entgegen, zu dem internationale Topstars erwartet werden. Immerhin war beim 15-Jahre-Fest DJ Ötzi vor Ort. Kontakte in die Musikszene sind vorhanden - angeblich war Seunig senior einst Falcos bester Freund.
Marketingmaschine
Dass über derlei Marketing-Gags zuweilen die Nase gerümpft wird, lässt die Seunigs kalt. Sie stehen dazu, ihre eigene Haut zu Markte zu tragen und dabei - wie der berühmtere Baumeister Lugner -vor nichts zurückzuschrecken. So hat Roger vor drei Jahren als alleinstehender Millionär bei einem TV-Privatsender eine passende Begleiterin für sein exzentrisches Privatleben gesucht. Vergeblich. "Heute würde ich das nicht mehr machen, aber der Excalibur City hat es genützt", so der 29-Jährige. Oder wie er es noch ausdrückt: "Mein Vater ist der Visionär -ich muss jetzt für den Umsatz sorgen."
Vietnam-Markt, Excalibur City / Bild: © Format / Manfred Wolak
Rund 50 Millionen Euro soll der pro Jahr betragen. Genaue Bilanzen sind nicht einsichtig. Doch bei geschätzten 7.000 bis 10.000 Besuchern pro Tag scheint die Summe realistisch. Auch kleine Preise läppern sich zu großen Summen. Außerdem betreiben die Seunigs ein ähnliches, wenn auch kleineres Shoppingcenter jenseits der Grenze bei Laa an der Thaya. Andere Standortpläne gibt es nicht. Der Markt ist besetzt und neue Genehmigungen auch in Tschechien nicht mehr so leicht zu bekommen wie vor 20 Jahren.
Seunig senior ist wie immer optimistisch: "Egal in welcher Situation die Wirtschaft ist, mit kreativen Ideen werden wir immer vorne dabei sein." Sagt's und reist nach Australien ab, wo schon ein Miniunterseeboot auf seinen Kapitän zum Abtauchen wartet.