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Klimaministerin Leonore Gewessler über den grünen Förderboom, etwabei den ÖBB: „Nachhaltige Reformen führen erst nach einiger Zeit zu sichtbarer Verbesserung.“©BMK/Cajetan Perwein
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Leonore Gewessler ist jene Umweltministerin, die Geld verteilen kann wie noch keiner ihrer Vorgänger zuvor. Ob das dem Klima auch wirklich hilft, ist weitgehend unklar, kritisiert nun eine Wifo-Studie.

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Das grüne Gießkannenprinzip hilft im Garten, bei Staatsausgaben dürfte hingegen Skepsis angebracht sein. Das zeigt eine Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), die nun erstmals beziffert, wie spendabel die öffentliche Hand beim Klimaschutz wirklich ist.

Das Ergebnis ist beeindruckend – und besorgniserregend gleichzeitig. Denn einerseits ist der diesbezügliche Betrag aller Ressorts mit 4,8 Milliarden Euro im heurigen Budgetvoranschlag seit 2021 aufs Dreifache gestiegen – gut fürs Klima. Andererseits aber auch nicht: Es lässt sich nämlich nicht sagen, welchen konkreten Klimaeffekt das hat, kritisieren die Autoren. Wifo-Budgetexpertin Margit ­Schratzenstaller: „Die vorherrschende Input-Orientierung der Budgetierung ist zu ergänzen durch eine Impact-Orientierung. Dieser Vorgabe wird noch nicht umfassend und in ausreichender Qualität nachgekommen.“

NEUES GREEN BUDGETING.

Dass es diese Erkenntnis gibt, ist freilich schon ein Fortschritt. Die nationalen Umweltschutzausgaben wurden früher nur gesamthaft erhoben, inklusive Katastrophenschäden oder Gewässerreinigung; dabei wurden Bundes-, Länder- und Gemeindeausgaben vermischt oder Förderung und Investition nicht getrennt.

Seit 2021 allerdings gibt es neue Datenunterlagen. Im Rahmen von sogenannten „Green-Budgeting-Aktivitäten“ im Finanzministerium werden Ausgaben in Beiblättern zu aktuellen Budgetplänen neuerdings danach klassifiziert, ob sie absichtlich oder nur nebenbei dem Klima helfen – oder gar schaden.

Die Wifo-Zusammenschau zeigt die enorme Steigerung der Ausgaben naturgemäß gerade im Klima- und Umweltressort. Als Turbo erwies sich die Energiekrise im Zuge des Ukraine-Kriegs. Rechnet man die diversen Hilfsmaßnahmen des Staates im Jahr 2022 hinzu, ging es zwischenzeitlich auf über sechs Milliarden Euro hinauf. Doch auch ohne diese hat Leonore Gewessler mehr als fünfmal so viel Mittel zu verteilen wie ihre Vorgängerin (siehe Grafik unten). Die zusätzlich bereitgestellten Summen im Vergleich zur bisherigen Budgetplanung für die Periode 2023 bis 2026 läppern sich auf weitere fast fünf Milliarden Euro zusammen. Der Geldregen wird auf Unternehmen niedergehen, die ihre Energieversorgung dekarbonisieren, genauso wie auf Haushalte, die Wände dämmen oder Wärmepumpen einbauen.

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Klima- und umweltpolitische Ausgaben 2021-2023

 © VGN
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MARGIT SCHRATZENSTALLER, WIFO: „Die vorherrschende Input-Orientierung der Budgetierung ist zu ergänzen durch eine Impact-Orientierung.“

 © News Ricardo Herrgott

Doch damit noch nicht genug. Es wurde auch ein sogenanntes Vorbelastungsgesetz beschlossen, das der Klimaministerin budgetäre Vorbelastungen in der Höhe von 2,9 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 erlaubt. Eine Lizenz zum Gelddrucken, gedacht zur Förderung der ökologischen Transformation der Industrie (etwa: Umweltförderungsgesetz).

Rechnet man auch ausgegliederte Unternehmen mit zugeschriebenen Klimaschutzagenden hinzu, wird es noch mehr (Wifo: „Ökologisch relevante investitionsnahe Auszahlungen an staatsnahe Institutionen“). Vor allem wegen der ÖBB, die mit dem Klima-Argument immer stärker über das Budget finanziert werden. Allein gemäß dem eben verspätet, aber neu aufgelegten Rahmenplan (gilt bis 2028) dürfen über 19 Milliarden Euro in Bahnhöfe, Gleisanlagen oder Zuggarnituren investiert werden. Auch die Zinsen für das dafür notwendige Fremdkapital übernimmt der Staat.

Das summiert sich. Ein weiteres Bundesgesetz ermöglicht es der Klima- und auch Verkehrsministerin, budgetäre Vorbelastungen für die ÖBB von insgesamt 46,581 Milliarden Euro bis 2027 für den Bund einzubuchen.

ZUCKERBROT UND PEITSCHE

Nach der umfassenden Auflistung des grünen Geldregens folgt allerdings auch Kritik. So werden etwa Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, wie Wildbach- und Lawinenverbauung, nur teilweise durch das neue Green Budgeting erfasst, genauso wenig einzelne Landwirtschafts- oder Kreislaufwirtschaftsförderungen. Streng genommen müssten auch indirekte grüne Förderungen wie etwa Einnahmenausfälle durch Verzicht auf NoVA oder Versicherungssteuer bei Elektroautos dazugerechnet werden.

Das gröbste Manko freilich sei die fehlende Wirkungskontrolle der eingesetzten Mittel, kritisiert das Wifo. Zwar gibt es schon derzeit bei jedem neuen Gesetz die Pflicht zu einer sogenannten Wirkungsfolgenabschätzung, eine Art Prognose klimawirksamer Maßnahmen bezüglich ihres Potenzials zur Treibhausgasreduktion. Doch umfassend ausgewertet oder überprüft werden diese Unterlagen bisher nicht. Schratzenstaller fordert: „Nicht zuletzt sind die Klimaschutzausgaben systematisch mit dem Impact auf die Treibhausgasemissionen zu verknüpfen – eine besondere Herausforderung, da der Impact zeitlich verzögert sein kann oder eine eindeutige Kausalität oft schwer nachzuweisen ist.“

Das Klimaministerium sieht das alles naturgemäß differenzierter: „Wir unterstützen die Sichtweise des Wifo, dass es zu budgetären Maßnahmen auch gesetzliche Verbesserungen braucht. Genau das tun wir auch – deshalb können wir die Kritik nur teilweise nachvollziehen.“ Dass viele Effekte für die Treibhausgasreduktion noch nicht sichtbar sind, sei eher ein gutes Zeichen: „Nachhaltige Reformen führen oftmals erst nach einiger Zeit zu sichtbarer Verbesserung – sie sind aber umso wichtiger, weil sie nachhaltig zur Lösung unseres Problems beitragen.“

ZERSPLITTET UND FÖDERAL

Das Dilemma zwischen publikumswirksamen Prestigeprojekten mit schwer nachweisbarer Klimawirkung (etwa: Klimaticket) und spröden Transformationsbemühungen mit hohem CO2-Reduktionspotenzial ist groß. Umso mehr, als staatliche Förderungen und Investitionen immer auch ungewollte Nebenwirkungen haben, wie etwa den Eigenmittelanteil bei Unternehmen zu steigern, wie sich bei den Cofag-Corona-Hilfen zeigt.

Zwischen den Zeilen gelesen, warnt das Wifo die Regierung davor, sich Förderungen dieses Ausmaßes im Gießkannenprinzip noch einmal zu leisten, und formuliert vornehm: „Angesichts des Umfangs der erforderlichen Transformation und der damit verbundenen fundamentalen Veränderungen im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem dürfte ein bloßes Aufsetzen zusätzlicher öffentlicher Mittel an den bestehenden zersplitterten Förder- und Abwicklungsinstitutionen sowie föderalen Strukturen die Transparenz, Effektivität und Effizienz der Mittelverwendung beeinträchtigen.“

Zwischen den Zeilen gelesen, warnt das Wifo die Regierung davor, sich Förderungen dieses Ausmaßes im Gießkannenprinzip noch einmal zu leisten, und formuliert vornehm: „Angesichts des Umfangs der erforderlichen Transformation und der damit verbundenen fundamentalen Veränderungen im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem dürfte ein bloßes Aufsetzen zusätzlicher öffentlicher Mittel an den bestehenden zersplitterten Förder- und Abwicklungsinstitutionen sowie föderalen Strukturen die Transparenz, Effektivität und Effizienz der Mittelverwendung beeinträchtigen.“

Wenn auch der Nutzen der grünen Klimamilliarden nicht genau beziffert werden kann – das Ausmaß jener Geldmittel, die eindeutig klimaschädlich angelegt werden (vom Energiekostenausgleich über fehlende Kerosinbesteuerung und Dieselprivileg bis hin zum Autobahnbau), konnten die Wifo-Forscher im Bericht doch dingfest machen: insgesamt stolze 12,3 bis 16,3 Milliarden Euro in den Jahren 2022 bis 2024.

KlimapolitikESG im Finanzsektor

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