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Bablers Feuertaufe trägt Rot-Blau [Politik Backstage]

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Bablers Feuertaufe trägt Rot-Blau [Politik Backstage]
Die ÖVP jubelt, weil sie Andreas Babler zum Antritt als neuem SPÖ-Chef das Framing "Marxist" angeblich "erfolgreich" umhängen konnte.©APA/HELMUT FOHRINGER
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Bei einem SPÖ-Chef Doskozil wäre bei Türkis Feuer am Dach gewesen. In der ÖVP gibt man sich nach einer ersten Umfrage in Sachen Babler-SPÖ nun gelassen. Damit könnte es bald vorbei sein - sollten Babler & Kickl mit einem U-Ausschuss über den Milliardär und Kurz-Vertrauten Rene Benko gemeinsame Sache machen.

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Auch wenn mit der Wahl von Andres Babler zum Parteichef bei den Sozialdemokraten nun plötzlich Basisdemokratie und ein neues Hoch für die klassenlose Gesellschaft angesagt sind.

Die neue Hackordnung in der SPÖ spiegelt sich wie in vielen anderen Gruppen in der Sitzordnung trennscharf wieder. Da werden aber nicht nur formelle, sondern auch informelle Hierarchien gespiegelt.

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Julia Herr (SPÖ), Philip Kucher (SPÖ), Eva Maria Holzleitner (SPÖ) und SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler am 13. Juni 2023 anlässlich der SPÖ-Gremiensitzungen im Parlament in Wien.

 © APA/HELMUT FOHRINGER

Mittwochvormittag sitzt Ex-Parteichefin und Ex-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner noch einmal ungerührt tapfer und wie immer besonders bemüht in der ersten Reihe des roten Sektors im Nationalrat. Rechts von ihr hat erstmals die neue Klubobmann-Stellvertreterin und Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner Platz genommen. Links von ihr die neue zweite Stellvertreterin Julia Herr und der neue Klubchef Philip Kucher.

Rendi-Wagners tapferes letztes Gefecht

Rendi-Wagner gibt sich auch an ihrem letzten Tag im Nationalratsplenum so wie in den zurückliegenden Jahren: Sie sucht ungeteilte Aufmerksamkeit auszustrahlen, vermeidet gelangweiltes Wischen oder emsiges Tippen am Handy. Sie blickt wie eh und je dienstbeflissen über ihre Schulter in die eigenen Fraktionsreihen, ob auch alle in den Zwischenapplaus einsetzen, den sie gerade für eine rote Abgeordnetenkollegin am Rednerpult eröffnet hat.

Ihr Sitznachbar, der ihr diesen Job immer wieder abgenommen hat, musste bereits in die Reihe dahinter übersiedeln. Jörg Leichtfried, der von vornherein abgeklärter wirkt als er ist, strahlt an diesem Tag vor allem Melancholie und Wehmut aus.

Als nach Absolvierung einer folgenlosen parlamentarischen Routine-Übung, einer “Aktuelle Stunde” zur Gesundheitspolitik, Doris Bures den Sitzungssaal betritt, wird die rote Hackordnung neu aufgemischt. Julia Herr springt auf und macht ihren neuen Platz in der ersten Reihe für Doris Bures frei und nimmt artig neben Leichtfried Platz.

Rendi-Einflüsterin Doris Bures bleibt als Babler-Macherin im Spiel

Die zweite Nationalratspräsidentin war selbst immer wieder als mögliche Kompromiss-Kandidatin im Streit der roten Lager im Gespräch, verweigerte sich aber standhaft.

Sie blieb von den Wirren der vergangenen Wochen weitgehend unbeschädigt, obwohl sie hinter den Kulissen bis zuletzt eine Schlüsselrolle als Einflüsterin von Pamela Rendi-Wagner spielte. Zu deren Abschied im Hohen Haus zeigt sie sich nicht nur noch einmal demonstrativ an deren Seite. Doris Bures signalisiert zudem nach innen und nach außen, dass sie sich legitimiert sieht, die Fäden im Hintergrund auch weiterhin nicht aus der Hand zu geben.

Schließlich zählte sie zu jenen Spitzen-Roten, die nach dem unerwarteten dritten Platz für Rendi-Wagner bei der Mitgliederbefragung umgehend den Zweit-Platzierten Andreas Babler auf den Schild hoben. Und bis zuletzt alles taten, um die Nummer 1 bei den Mitgliedern, Hans Peter Doskozil, bei der finalen Abstimmung am Parteitag doch noch als neuen SPÖ-Chef zu verhindern.

Andreas Babler musste sich auch diese Woche weiterhin mit seinem Platz in der letzten Reihe des Bundesrats-Sitzungssaal begnügen. Daran kann sich bis nach der nächsten Wahl auch nichts ändern.

Bablers Doppel-Faust mit Gewerkschaft

Der neue SPÖ-Chef, der emotionsgeladene und lautstarke Auftritte liebt, behilft sich derweil mit anderen Bühnen, die ihm weiterhin reichlich mediale Aufmerksamkeit sichern sollen.

Während seine neuen Klub-Spitzen ihre Jungfern-Reden in ihren neuen Rollen absolvieren, macht der Parteichef ohne Nationalrats-Rederecht so der mächtigsten Gruppe im ÖGB seine Aufwartung: Der Pro-Ge, die aus der Fusion von Metallarbeiter- und Chemiearbeitergewerkschaft hervorging.

Babler wird uns keinen einzigen Wähler wegnehmen.

Nach der Kür von Reinhold Binder zum Nachfolger des Langzeit-Chefs und Rendi-Wagner-Fans Rainer Wimmer posiert Babler gemeinsam mit dem neuen Pro-Ge-Chef mit geballter Faust für die Fotografen. Das Bild, das einmal mehr den wieder erweckten roten Kampfgeist vermitteln soll, schafft es tags darauf denn auch erfolgreich in die Medien.

Türkis geißelt roten "Erlöser" als "Marxisten"

Bablers Hang zur Inszenierung und die wochenlange öffentliche Aufmerksamkeit für den in der SPÖ als "Erlöser" gefeierten Newcomer wären dazu angetan, im Regierungsviertel nachhaltige Nervosität auszulösen. Die ersten Reaktionen aus der ÖVP untermauerten auch diesen Eindruck.

Vom Tag der Verkündigung des Auszähl-Supergaus an schossen ÖVP-Spitzenleute aus allen Rohren gegen den Traiskirchner Bürgermeister als “Marxisten” und Anführer eines neuen linksextremen Randes in Österrreich.

Wir feiern, dass es nicht Doskozil geworden ist.

Binnen einer Woche war der Spuk mit einem Mal vorbei. “Es ist uns erfolgreich gelungen, Babler klar zu framen. Jetzt sind wir vor allem noch am feiern, dass es Babler und nicht Doskozil geworden ist. Der hätte uns schwer zu schaffen gemacht. Babler wird uns keinen einzigen Wähler wegnehmen”, resümiert ein ÖVP-Stratege.

Erste VP-interne Umfrage: 27 FPÖ, 24 ÖVP, 21 SPÖ

Die interne Erleichterung erhöht hat eine von der Parteispitze nach der roten Machtübernahme durch Babler in Auftrag gegebene Umfrage, die seit Mitte der Woche in der ÖVP kursiert:

Sie bescheinigt der FPÖ mit 27 Prozent nach wie vor unangefochten Platz 1. Die ÖVP liegt mit 24 Prozent wieder eindeutig auf Platz 2. Die SPÖ stellt sich in der ÖVP-internen Umfrage in den ersten Tagen der Ära Babler mit 21 Prozent als Nummer 3 ein.

Erster politischer Schnappschuss, Bild noch lange nicht gefestigt

Im ÖVP-Regierungslager macht man sich keine Illusionen darüber, dass das nur eine erster politischer Schnappschuss ist. “Die Lage ist und bleibt dynamisch. Wenn etwas passiert, kann sich das Bild wieder total drehen. Wir sollten in allen unseren Analysen davon ausgehen, dass hier in Wahrheit drei Gruppen mit ähnlichem Potenzial in den kommenden Monaten um eine neue endgültige Rangordnung ringen.”

Ein ÖVP-Spitzenmann will die Herausforderung, die Babler für die ÖVP bedeuten könnte, nicht kleinreden, aber: “Doskozil wäre schwerer Ballast für unseren Rucksack geworden, Babler ist vergleichsweise ein Leichtgewicht.”

Rot-blaue Planspiele nach Kika/Leiner-Pleite

Die proklamierte Erleichterung könnte schon bald in nachhaltige Besorgnis umschlagen, sollte die SPÖ ihre internen Planspiele für einen neuen Untersuchungsausschuss wahr machen. Die FPÖ hat bereits kundgetan, dass sie Feuer und Flamme wäre, der Konkurs-Eröffnung über das Möbel-Imperium Kika/Leiner im Parlament auf den Grund zu gehen.

In der SPÖ fänden es auch immer mehr Mandatare reizvoll, den Milliardär Rene Benko als Symbolfigur und Vertrauten von Ex-Kanzler Sebastian Kurz generell zu durchleuchten.

Finden ausgerechnet die neuen politischen Antipoden Andreas Babler und Herbert Kickl in dieser Causa noch vor der parlamentarischen Sommerpause zueinander, könnten die Ausschuss-Vorarbeiten bereits im September mit den ersten Akten-Lieferungen einsetzen.

Welche politischen Abgründe sich in den Archiven der Republik gewollt und ungewollt auftun können, haben die schwarz-türkisen Erben der Regierung Kurz aus dem Ibiza- und dem ÖVP-Korruptions-Ausschuss noch schmerzhaft in Erinnerung.

In der SPÖ halten sich Spitzengenossen noch bedeckt, ob der neue rote Chef bereits kurz nach Amtsantritt gemeinsame Sache mit den Blauen machen soll und will: “Noch ist nichts konkret beschlossen.”

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