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Blau-Schwarz gescheitert: „Die nächste Runde des Politikversagens“

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Herbert Kickl
©APA/HELMUT FOHRINGER
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Nach den geplatzten blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen spricht ein frustrierter Verhandler mit dem trend über die Ursachen: Wie es nun weiter gehen könnte.

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FPÖ-Obmann Herbert Kickl hat am Nachmittag in der Hofburg den Auftrag zur Regierungsbildung zurückgelegt. Dem vorausgegangen war ein letztes persönliches Treffen mit VP-Obmann Christian Stocker. Kickl machte die ÖVP für das Scheitern verantwortlich, sei man dieser doch in vielen Punkten entgegengekommen.

Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), hat nach eigenen Angaben 55 Stunden für die Anfang Jänner gescheiterte Dreierkoalition ÖVP-SPÖ-Neos und dann rund 20 weitere Stunden in den FPÖ-ÖVP-Koalitionsgesprächen verhandelt. Er kommt zum Schluss: „Es scheitert weniger an den Programmen, als an Persönlichkeiten und deren Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und sachlich zu verhandeln.“ Ob er diesen schwarzen Peter mehr FPÖ-Chef Herbert Kickl oder ÖVP-Chef Christian Stocker zuschiebt, will Neumayer nicht beantworten.

Bitteres Fazit des Industrievertreters, der bereits an mehreren Regierungsbildungen beteiligt war: „Wir erleben die nächste Runde des Politikversagens. Nun werden wir wieder einige Monate verlieren, und das in konjunkturell extrem angespannten Zeiten. Wir sind womöglich im dritten Jahr der Rezession. Ende April müssen wir zudem unseren Budgetplan nach Brüssel melden. Mich persönlich macht das sehr betroffen.“

Das Scheitern hatte sich spätestens seit Wochenbeginn abgezeichnet. Letzte Versuche, bei der Ressortverteilung zu einer Einigung zu kommen, waren seit heute früh medial ausgetragen worden, was die Chancen auf eine Verständigung nicht unbedingt erhöhte.

Die IV, insbesondere ihr Präsident Georg Knill, galt bisher als klare Befürworterin einer blau-schwarzen Koalition - insbesondere wegen der hohen Deckungsgleichheit der Wirtschaftsprogramme. Ob das angesichts der mangelnden internationalen Orientierung der Freiheitlichen nicht naiv gewesen sei? „Diese Naivität hatten wir nie", beteuert Neumayer, „die IV denkt stets an das Staatsganze. Ein No-Go wäre beispielsweise gewesen, die Sicherheitsdienste in freiheitliche Hände zu legen.“

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„Es scheitert weniger an den Programmen, als an Persönlichkeiten und deren Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und sachlich zu verhandeln", sagt Verhandler Christoph Neumayer (IV).

 © APA/MAX SLOVENCIK

Einziger Ausweg aus der Misere ist eine Runderneuerung „ganz oben", glaubt Neumayer: „Wir brauchen jetzt neue Köpfe an der Spitze der Parteien. Eine Regierung könnte bis dahin aus Persönlichkeiten, die nicht aus der klassischen Funktionärsschicht kommen, gebildet werden. Das können Persönlichkeiten aus der Wirtschaft ebenso wie aus der Wissenschaft und der Zivilgessellschaft sein, ich denke nur an die ‚Mehr Grips‘-Initiative."

In diesem überparteilichen „Verein für sach- und vernunftorientierte Politik" sind Experten wie AMS-Chef Johannes Kopf, die Wirtschaftsforscher Christoph Badelt und Gabriel Felbermayr, die Klimaaktivistin Katharina Rogenhofer, aber auch Neumayer selbst aktiv. Er sei jedenfalls, sagt Neumayer, dringend dafür, „dass dieser Prozess professionell moderiert wird".

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