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Body-Pumpen im türkisen Comeback-Trainingscamp [Politik Backstage]

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Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Lebensgefährtin Susanne Thier am Mittwoch, 6. September 2023, anl. der Premiere von "Kurz - Der Film" in Wien.

©APA/GEORG HOCHMUTH
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Warum sich Gernot Blümel dieser Tage einem dringenden Wunsch von Sebastian Kurz verweigerte. Was in Sachen WKStA viele in der ÖVP weiter zur Weißglut treibt. Wer sich trotz Vorab-Bann als einziger türkiser Politiker zur Premiere des Langbein-Films "Projekt Ballhausplatz" wagte.

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Diesen Dienstag kam am frühen Nachmittag in der ehemaligen ÖAMTC-Zentrale am Wiener Schubert-Ring Hochstimmung wie einst im Kanzleramt an einem Wahlabend auf. Die Nachrichtenticker der Online-Medien vermeldeten kurz nach 15 Uhr: Die Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) stellt die Ermittlungen gegen Gernot Blümel in der Causa Novomatic ein. Der türkise Ex-Finanzminister ist das Damoklesschwert einer drohenden Anklage in Sachen Korruption endgültig los.

Jubelstimmung im türkisen Ausgedinge im Ringstraßen-Palais

Im vierten Stock des Ex-Headquarter der “gelben Engel”, in dessen Erdgeschoss noch das Kundendienst-Center des ÖAMTC residiert, herrschte grenzenloser Jubel. Die 400 Quadratmeter große Büro-Etage des Ringstraßen-Palais, firmiert in ÖVP-Kreisen – seit der trend dessen Existenz zu Jahresbeginn geoutet hatte – als das gemeinsame Ausgedinge der gefallenen türkisen Nomenklatura.

Für die nach wie vor zahlreichen Kurz-Fans in der ÖVP ist "der Schubertring" Zufluchtsort und Trainingscamp für das erhoffte Comeback. Sebastian Kurz und Gernot Blümel residieren in der mit viel Glas & Metall und stylischen Möbeln in Grau-Tönen ausgestatteten loftartigen Büro-Etage in Rufweite. Kurz sitzt in einem Eckbüro, linker Hand des stattlichen Entrees, mit Blick auf benachbarte Prachtbauten am Wiener Schubertring. Seine ehemalige Nummer zwei in der Regierung, Gernot Blümel, muss vis-a-vis im anderem Büroeck mit dem weniger attraktiven Blick auf die schmale und wenig mondäne Fichtegasse vorlieb nehmen.

Auch wenn Blümel & Co insgeheim längst damit gerechnet haben: Als dieser durch einen Journalisten-Anruf von der Verfahrens-Einstellung erstmals hört, macht sich in der türkisen Enklave nicht nur Erleichterung, sondern da und dort auch neue Kampfstimmung breit.

Kurz & Co wollen "Sieg" über WKStA im Prozess-Vorfeld zelebrieren

Im Team von Kurz & Co wird sofort die Parole ausgegeben: „Jetzt erst recht gegen die WKStA“

Der Ex-Kanzler steht rund ein Monat vor seinem Prozess wegen des Vorwurfs einer falschen Zeugenaussage, bei dem es zum ersten Showdown um die Glaubwürdigkeit von Sebastian Kurz und dem präsumptiven neuen Kronzeugen der WKStA, Thomas Schmid, kommen wird.

Kurz ist ob der breiten Publicity der letzten Tage rund die Filmpremiere der wohlwollenden Kino-Bio “Kurz – der Film” zusätzlich in Hochstimmung. Er will das Blitzlichtgewitter für seine Person und die neuen Gewitterwolken über dem Dauer-Widersacher WKStA wie in alten Zeiten für eine frische Prise Message Control nutzen: Gernot Blümel solle sich der Zib2 als Interview-Partner zur Interpretation der Breaking News anbieten, monieren Kurz & Co. Bei einem derart prominenten Studio-Gast zu einem derart brisanten Thema werde kein auf Publikumserfolg bedachtes Medium "Nein" sagen.

Gernot Blümel verweigert triumphalen Medien-Auftritt

Gernot Blümel, der noch am Tag des endgültigen Rücktritt von Sebastian Kurz am 2. Dezember 2021 postwendend auch der Politik der Rücken gekehrt hatte, winkt zum Leidwesen des Obertürkisen a. D. aber ab. Blümel hat – im Gegensatz zu seinem langjährigen best buddy – seit seinem Rücktritt kein einziges Interview oder irgendeine andere öffentliche Erklärung gegeben. Er hat beginnend mit der spektakulären Hausdurchsuchung in seiner Wiener Privatwohnung im Februar 2021 gegenüber der Justiz von Anfang einen anderen Kurs eingeschlagen: Kooperation statt Konfrontation.

Der Wiener Ex-ÖVP-Obmann saß selbst die Häme über die einst in die Welt gesetzte Mär aus, seine heutige Frau hätte den privaten Laptop in den Kinderwagen gepackt und samt Kind spazieren geführt, während Polizeibeamte im Beisein der WKStA die Wohnung nach Datenträgern durchsuchten.

Die banale Wahrheit machte sich erst dieser Tage breit: Die Beamten hatten Blümel & Co gebeten, das Baby wegen Corona-Ansteckungsgefahr – Anfang 2021 herrschte einmal mehr Lockdown-Alarm – vor einer möglichen Ansteckung durch die Überraschungsgäste in Sicherheit zu bringen. Den Laptop hatte Blümels Partnerin in einer Wickeltasche - und nicht im Kinderwagen – zur eigenen Unterhaltung und der des Kindes mitgenommen. Er wurde den Blümels nach entsprechender Untersuchung als unverdächtig zurückgegeben.

ÖVP-Empörung über WKStA-Begründung für Anklage-Absage bei Blümel: "Motto: Perfektes Verbrechen"

Die Empörung – abseits dessen – über die WKStA muss sich in der Noch-Kanzlerpartei so ohne öffentliches Zutun von Blümel Luft machen. Denn in ÖVP-Kreisen ist die Empörung groß, dass sich für die Absage an eine Anklage "wie ein Beharrungsbeschluss" liest.

Auf den 18 Seiten der Einstellungsbegründung werden die Verdachtsmomente einer Parteispende an die ÖVP in Verbindung mit einem Interventionswunsch an den damaligen Außenminister Kurz in Sachen einer millionenschweren Steuercausa in Italien minutiös seziert und als mehr denn je plausibel qualifiziert. Allein, es fehlten anklagestützende Beweise - wohl auch, weil Datenträger zum einem unauffindbar waren, zum anderen teilweise erfolgreich entleert worden seien.

Ein ÖVP-Mann: "Die WKStA agiert nach dem Motto: Auf der Spur eines perfekten Verbrechens. Anklage, leider Nein."

Gernot Blümel bleibt auch nach der – aus türkiser Sicht – Niederlage der WKStA zum Leidwesen seiner Büro-Buddies bei seinem alles andere als konfrontativen Umgang mit der Justiz. Dem nunmehrigen Manager in Diensten eines deutschen Gesundheits-IT-Unternehmers nehmen nicht zuletzt deshalb so gut wie alle in der ÖVP ab, das er null Ambitionen habe, auf das Spielfeld der Politik zurückkehren.

Bei Kurz gilt dieses Credo nur, wenn ÖVP-Minister von gestern und heute vor Kameras und Mikrophonen nach den Comeback-Gelüsten des gefallenen türkisen Messias gefragt werden.

Immer mehr ÖVP-Spitzen orten bei Kurz eindeutige Comeback-Gelüste

Unter vier Augen gilt es nicht nur in engsten türkisen Kreis als Gewissheit: Sobald sich aus Kurz Sicht ein Fenster für ein erfolgreiches Comeback auftut, lässt er den Ruf nach sich erschallen. An eine eigene türkise Liste in Konkurrenz zur schwarzen ÖVP glaubt im engeren Kreis aber niemand.

Ein ÖVP-Kurz-Kenner: “Was soll das für einen Sinn machen sich gegen den ganzen Apparat zu stellen, der die ÖVP nach wie vor ausmacht – mit ihren tausenden Bürgermeistern, sechs Landeshauptleuten und weit über die Partei hinaus einflussreichen Kräften wie dem Wirtschaftsbund? Für die Aussicht auf einen erfolgreichen Neustart braucht Kurz die ÖVP. Mit einer eigenen Liste wäre das ein hochriskantes Spiel und der Perspektive bestenfalls zur Zuwaage für eine Koalition zu werden.”

Ähnlich wie das jüngste Meinungsumfragen für die Gruppe der ÖVP-Wähler erhoben, könnten sich auch unter Funktionären Befürworter und Skeptiker einer Neuauflage des Projekts Ballhausplatz die Waage halten.

ÖVP-Kopfschütteln über Nehammers Statisten-Rolle bei Kurz-Filmpremiere

Bei den Kurz-Comeback-Skeptikern in der ÖVP herrscht so auch Kopfschütteln, warum Karl Nehammer vor zehn Tagen freiwillig den Statisten bei der Premiere von “Kurz – der Film” gab. Zumal der Obertürkise a.D. den Event als Solo-Show auf dem roten Teppich wie in seinen besten Kanzler-Tagen inszenierte.

Die Entscheidung, dass der Kurz-Nachfolger wegen Vorab-Terminen Popcorn & Film zwar auslassen, aber zur Premieren-Party in der neuen Wiener In-Bar “Hannelore” antanzen werde, fiel erst wenige Tage davor. Die meisten türkisen Minister schwitzten bis dahin über der tückischen Alternative, ob sie eher den aktuellen ÖVP-Chef oder den potentiellen Comebacker mit einer Zu- oder Absage vergrämen sollten.

Die Nachricht, dass Nehammer zur Party komme, empfanden einige daher erleichtert als endgültiges Go, beide Optionen wahren zu können.

Ein einziger türkiser Politiker bei beiden Kurz-Filmpremieren

Eine Woche danach ging die Premiere des mutmaßlichen Auslösers des wohlwollenden Kino-Porträts mit weniger Hollywood-Bling-Bling im Wiener Gartenbau-Kino über die Bühne. “Projekt Ballhausplatz” kommt entgegen der Voraus-Gegenpropaganda nicht ohne Kurz-O-Töne aus.

Der Ex-Kanzler kommt – nach Gesprächsverweigerung der gesamten türkisen Nomenklatura – in Ausschnitten aus einer zugekauften TV-Bio-Doku, ORF-Interviews und ÖVP-Live-Auftritten wiederholt authentisch zu Wort. Der Film ist freilich keine simple Biografie, sondern der Versuch die politischen Ziele und Folgen von Kurz türkiser Regierungszeit von der Ausländer- bis zur Medienpolitik kritisch aufzuarbeiten.

Den Mumm, sich bei Premiere des von Kurz & Co vorab als Feindesland verminten Films sehen zu lassen, hatte nur ein einziger aktiver ÖVP-Politiker. Der türkise Mandatar Martin Engelberg, von Kurz 2017 persönlich erstmals auf der Nationalrats-Liste platziert, war am Tag nach dem Kino-Kickoff zu einer Podcast-Debatte des “Falter” über die Filmwelle in Sachen Kurz geladen. Engelberg, der sich die Woche zuvor mit seinem einstigen Mentor am roten Teppich bei der “Kurz - der Film” zeigte, wollte nicht über die zweite Kino-Doku urteilen ohne auch nur eine Minute davon mit eigenen Augen gesehen zu haben.

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