Susanne Kraus-Winkler wünscht sich flexiblere Beschäftigungsmodelle für den Tourismus.
©APA / Floria WieserTourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler über Skitourimus, Schneebänder, Insolvenzen von Tourismusbetrieben und wie sie die Personalprobleme lösen will.
Österreich will Vorreiter im nachhaltigen Tourismus sein. Aber wie nachhaltig kann eine Skiregion mit Liften und Schneekanonen überhaupt sein?
Wir haben in Österreich modernste Aufstiegshilfen, modernste Beschneiungsanlagen, die Speicherseen werden mit Wasser gefüllt, das wieder genutzt wird. Was ist daran schlecht, dass man wiederverwertetes Wasser als Schnee auf eine Wiese bläst, um darauf skizufahren? Natürlich können sich auch Skigebiete ökozertifizieren lassen.
Was sind denn die größten Herausforderungen durch den Klimawandel für den Tourismus?
Ganz sicher die Mobilität. Bislang kommt der Großteil der Touristen mit dem Auto nach Österreich, auch weil das Zugangebot limitiert ist. Die ÖBB hat aber hier Investitionen – 19 Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren – zugesagt. Auch Fliegen wird durch neue, nachhaltige Technologien immer umweltfreundlicher werden.
Wie lange wird es den Skitourismus in Österreich aus Nachhaltigkeitsaspekten – Stichwort Schneeband – noch geben?
Am Schneeband ist ja per se nichts Schlechtes. Das ist ja nur der Versuch, mit Ski ins Tal fahren zu können. Nur 0,9 Prozent des ganzen Energieverbrauchs in Österreich werden für Lifte und Beschneiung verwendet. Und davon sind 90 Prozent erneuerbar. Deshalb verstehe ich die Aufregung nicht. Seitens Joanneum Research wurde kürzlich bescheinigt, dass Österreich noch lange ein Skitourismusland bleiben wird und besser als andere Destinationen für den Klimawandel gewappnet ist. Aber ja, es wird auch Orte geben, an denen Skitourismus nicht mehr möglich sein wird. Der Abgesang auf den Wintertourismus kommt dennoch zu früh.
Viele Menschen können sich den Skiurlaub gar nicht mehr leisten. Was sagen Sie denen?
Es stimmt, wir haben Destinationen, wo aufgrund der starken Nachfrage das Angebot etwas teurer ist. Teuer ist aber vor allem das Equipment. Generell ist das Angebot in Österreich aber so breit, dass für jeden etwas dabei ist.
Glauben Sie, dass die Teuerung im Tourismus zu mehr Insolvenzen führen wird?
Das ist nicht auszuschließen. Im Moment merken wir davon aber noch nichts. Aber 75 Prozent aller Betriebe werden in den nächsten zehn Jahren übergeben. Und es ist bekannt, dass in der jungen Generation nicht überall das Interesse an der Betriebsnachfolge da ist. Da wird es vermutlich verstärkt Insolvenzen geben. Vor allem wenn die Zinsen weiter steigen, mache ich mir Sorgen.
Glauben Sie, dass die Teuerung im Tourismus zu mehr Insolvenzen führen wird?
Das ist nicht auszuschließen. Im Moment merken wir davon aber noch nichts. Aber 75 Prozent aller Betriebe werden in den nächsten zehn Jahren übergeben. Und es ist bekannt, dass in der jungen Generation nicht überall das Interesse an der Betriebsnachfolge da ist. Da wird es vermutlich verstärkt Insolvenzen geben. Vor allem wenn die Zinsen weiter steigen, mache ich mir Sorgen.
Österreich will im Ausland verstärkt mit österreichischer Gastfreundschaft werben. Gibt es die noch, wo doch kaum ein Beschäftigter im Tourismus Deutsch spricht?
Tourismus ist international. Dass man unbedingt österreichischen Dialekt für ein authentisches Angebot braucht, glaube ich nicht. Entscheidend ist, dass das Service funktioniert.
Sie haben angeregt, die Betriebe sollten sich ihr Personal auch außerhalb Europas suchen ...
Ja, weil es von der Arbeitsbewilligung gleich schwer ist, ob ich jemanden vom westlichen Balkan beschäftige oder von den Philippinen. Innerhalb Europas kämpfen die großen Tourismusländer gerade massiv um Mitarbeiter.
Wie können wir den Kampf gewinnen?
Indem man Österreich als interessante Destination nicht nur für Gäste, sondern auch für Mitarbeiter präsentiert. Aber wir werden wohl damit leben müssen, dass wir vorerst im Tourismus rund zehn Prozent zu wenig Mitarbeiter haben.
Lässt sich das Problem längerfristig nicht lösen?
Wir haben das Saisonnierkontingent bereits dreimal erhöht. Wir sollten da einen neuen, bedarfsorientierteren Zugang finden. Das Kontingent sollte flexibler gestaltet werden.
Zur Person:
Susanne Kraus-Winkler, geb. 1955, ist seit 2022 Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft
Das Interview erschien in der trend. PREMIUM Ausgabe vom 29.09.2023