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Der Kampf um den Ballhausplatz

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Titelverteidiger Karl Nehammer inszeniert sich als Normalo, der sowohl von links (Babler) wie von rechts (Kickl) von „Radikalen“ angegriffen wird. Herausforderer Herbert Kickl hat zu Beginn seines Kanzler-Wahlkampfs ein wenig Kreide zu sich genommen, gibt sich staatsmännisch und fast handzahm.

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Start frei für das finale Stimmenwerben: Wie die drei Top-Player die fünf Intensivwahlkampf-Wochen bis zum 29. September anlegen. Warum alles auf ein Kanzlerduell Karl Nehammer gegen Herbert Kickl hinausläuft. Und wer in der SPÖ für den Tag danach bereits die Messer wetzt.

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Vor der Hofburg hat an diesem Dienstagmorgen ein riesiger blauer Hebebühnenkran Aufstellung genommen. Zwei Männer schicken sich an, die Außenfenster der Präsidentschaftskanzlei auf Hochglanz zu bringen. Das brummende Motorengeräusch vermag dieser Tage hinter den Fensterfassaden so gut wie niemanden zu stören. Hausherr Alexander Van der Bellen ist urlaubsbedingt ausgeflogen. Der verbliebene Bürobetrieb rund um das ehemalige Schlafgemach von Kaiserin Maria Theresia läuft auf Sparflamme.

Selbst die „Omas gegen rechts“, die hier tagtäglich mit dem gleichnamigen Transparent Aufstellung nehmen, sind heute einen Häuserblock weitergezogen. Sie haben sich vor einer Parkbank am Minoritenplatz platziert und nehmen mit ihrem stummen Protest für ein paar Stunden nicht das ÖVP-Bundeskanzleramt, sondern das ÖVP-Innen- und das -Außenministerium ins Visier.

Die Seniorinnen hatten bereitwillig für eine andere ungewöhnliche Demonstration vor der Regierungszentrale Platz gemacht. Die ehemals gemeindeeigene Gewista hat fünf großflächige mobile Plakatständer quer über den Ballhausplatz aufgestellt und gegen Wind und Wetter mit Betonblöcken beschwert.

Auf vier der fünf Plakatwände sind bereits die ersten Wahlkampfsujets der SPÖ breit sichtbar affichiert. Andreas Babler jeweils gemeinsam mit Frauen, einem Kind, einer Pensionistin und einem Arbeiter. Vier Botschaften zugeschnitten auf die roten Kernzielgruppen: „Für deine Rechte“, „Für deine Kinder“, „Für deine Pension“ und „Für dich“. Die fünfte Plakatwand ist noch mit einem roten Vorhang verhüllt. Drei Minuten vor zehn Uhr trifft Andreas Babler, begleitet von seiner Pressesprecherin und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim, am Ballhausplatz ein. Er enthüllt nun das letzte der ersten SPÖ-Wahlplakate. Im Bild überlebensgroß Babler himself. Darunter der neue, zentrale rote Wahlkampf-Claim: „Andi Babler: Für dein besseres Österreich“.

Babler startet vor dem Kanzleramt

Was in den Augen der SPÖ-Wahlkampfmanager an diesem Tag noch mehr zählt, ist jene Botschaft, die via TV-Bilder rüberkommen soll: Der SPÖ-Vorsitzende steht am Ballhausplatz quasi schon vor der Tür zum Kanzleramt.

Der aktuelle Hausherr nahm den ambitionierten Auftritt ungerührt zur Kenntnis. Karl Nehammer war an diesem Tag gerade damit beschäftigt, sich für den Nationalen Sicherheitsrat vorzubereiten, der am gleichen Abend ein paar Häuser weiter über die Bühne gehen sollte. Dieser wurde auf Antrag der SPÖ einberufen. Das informelle Beratungsgremium der Bundesregierung in Sachen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik tagt hinter verschlossenen Türen in einem abhörsicheren Raum des Parlaments. Die Gesprächsinhalte sind streng vertraulich. Teilnehmer berichten unter vier Augen, dass es freilich kaum Geheimnisse zu verraten gäbe, weil solche dort selten offenbart werden. Diesmal wurde zudem die Vertraulichkeit teilweise auch aufgehoben. Die in Sachen islamistische Terrorgefahr gestellten Anträge der einzelnen politischen Parteien wurden zur Veröffentlichung freigegeben.

Mit dem von internationalen Nachrichtendiensten gemeldeten möglichen Attentat auf eine Taylor-Swift-Konzertserie hat der Nationalratswahlkampf 2024 ein erstes wohl nachhaltiges Thema gefunden. Mehr als nur wünschen können sich weder Regierungs- noch Oppositionsparteien im Nationalen Sicherheitsrat freilich etwas. Das Gremium mit dem bedeutungsschwangerem Namen war im ersten Schock von 9/11, dem islamistischen Terrorattentat auf das World Trade Center in New York mit knapp dreitausend Toten, eingerichtet worden. Es blieb bis heute eine sehr österreichische Einrichtung: ein pompöser Titel ohne praktische Mittel.

Als Bühne für die Ouvertüre für den Intensivwahlkampf kam das von der SPÖ einberufene Gremium offenbar allen zupass. Die ÖVP echauffiert sich darüber, dass nicht einmal der grüne Koalitionspartner bei den präsentierten Plänen des Innenministers zur verstärkten Terrorüberwachung und zu Maßnahmen gegen den Islamismus mitziehen will. Grün, Rot, Blau und Pink wiederum wollten in seltener gemeinsamer Allianz vielmehr die Rolle des heimischen Staatsschutzes untersucht wissen, der erst nach einem Hinweis ausländischer Geheimdienste ins Laufen kam. Zuvorderst die drei Kanzlerkandidaten suchen sich im Windschatten des Terroralarms rund um die abgesagten Konzerte des derzeit weltweit regierenden Popstars als Garanten für Sicherheit, Ruhe und Ordnung im Lande zu profilieren.

Die Österreicher ließ das mediale Gewitter an Pressekonferenzen, TV-Interviews und Social-Media-Postings bislang offenbar kalt. ÖVP-Meinungsforscher Franz Sommer fragte jüngst in seinem Büro ungläubig nach, ob ihm sein IT-Team vielleicht irrtümlich die alten Ergebnistabellen weitergeleitet hätte. Es blieb aber auch nach diesem vorsichtshalber angestellten Recheck dabei: An der Verteilung der Wählergunst hat der heftige politische Schlagabtausch Stand Mitte August null geändert.

Das Duell zwischen Karl Nehammer und Herbert Kickl ist keine Fata Morgana. Andreas Bablers Wunsch, in einen offenen Dreikampf mit Nehammer und Kickl zu kommen, bleibt ein frommer Wunsch.

Türkis und Blau weiter Kopf an Kopf

Der auch in seiner Branche als seriös und treffsicher respektierte Meinungsforscher der ÖVP meldete einmal mehr folgende Ergebniszahlen für die drei Kanzleranwärter ein, „wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären“: FPÖ 26 Prozent, ÖVP 25 Prozent und SPÖ 21 Prozent. Das von den Türkisen ausgerufene Duell zwischen Karl Nehammer und Herbert Kickl ist im Moment offenbar keine Fata Morgana. Andreas Bablers Wunsch, in einen offenen Dreikampf mit Nehammer und Kickl um Platz eins zu kommen, bleibt ein frommer Wunsch.

Der SPÖ-Chef sucht so, auch beim Terrorthema endlich mehr ins Spiel zu kommen. Ein Zug zum Tor ist bei der über Nacht von der Lokal- in die Bundesliga hochgespülten Babler-Truppe weiterhin nicht auszumachen. Niederösterreichs Parteichef Sven Hergovich legte mit der Forderung nach einem Islamismus-Verbot (nach Vorbild des Nazi-Verbotsgesetzes) einen roten Elfmeter auf. Er wurde von den burgenländischen Genossen mit postwendender Unterstützung verwandelt. Vom SPÖ-Parteichef wurde der Ruf nach einem Islamismus-Verbot erst auf Medienanfragen hin verspätet und mit vielen Wenn und Aber verwaschen aufgenommen.

Türkis und Blau liefern sich derweil im Gefolge des Terroralarms härter denn je neuerlich eine Auseinandersetzung um die Rolle von Herbert Kickl als Innenminister rund um eine in seiner Ära initiierte Hausdurchsuchung beim BVT.

Innere Sicherheit, Asyl und Migration, Sozialhilfe und Integration werden in diesem Wahlkampf dominierende Themen bleiben, so der Tenor aus allen Wahlkampfzentralen. „Noch findet der Wahlkampf ohne große Anteilnahme der Bevölkerung statt“, resümiert ein Parteistratege. Das wird sich aber spätestens mit den letzten Rückkehrern aus den Urlauben rund um den Schulbeginn Anfang September ändern.

Bei ÖVP und FPÖ rüsten sich schon seit Wochen eingespielte Teams. Die Schwarz-Türkisen setzen auf die in zahlreichen Wahlkämpfen gesammelte Erfahrung des früheren NÖ-Parteimanagers Bernhard Ebner. Die Blauen vor allem auf die des langjährigen Reimeschmieds von Jörg Haider und Heinz-Christian Strache, also Parteiobmann Herbert Kickl himself.

Die SPÖ musste sich nach dem konflikt- und pannenreichen Wechsel an der Parteispitze auch organisatorisch neu aufstellen. Bablers Wahlkampfmanager Klaus Seltenheim war selber einer der 27 Angestellten in der Parteizentrale, die 2019 vom damaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführer an der Seite der Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner, Christian Deutsch, wegen eines Riesenlochs in der roten Parteikassa per E-Mail gekündigt wurden. Er fand in der SPÖ Niederösterreich Unterschlupf und sucht nun die nicht nur äußerlich in die Jahre gekommene Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße wieder organisatorisch aufzurüsten.

Seltenheim setzte schon im EU-Wahlkampf auf die Intensivierung von Hausbesuchen. Dass dafür nun über einen Personalvermittler geringfügig Beschäftigten 518 Euro im Monat geboten werden, sorgte in- und außerhalb der Partei für Kopfschütteln. In der Partei, weil Funktionäre das bislang gratis erledigten und zudem Misstrauen gegenüber kurzfristig angeheuerten „roten Söldnern“ haben. Außerhalb der Partei wird die Werbeaktion als Armutszeichen für die einst auf ihren starken Parteiapparat stolze SPÖ gesehen.

In der SPÖ-Zentrale hält man die Aufregung von politischen Mitbewerbern für „scheinheilig“ und hat befriedigt registriert, dass sich aufgrund der Medienberichte vermehrt Bewerber für den SPÖ-Helfer-Job meldeten. Heerscharen von Hausbesuchern wurden aber auch so nicht rekrutiert. Die rund 70 Wahlhelfer werden gerade auf mögliche U-Boote aus anderen Parteien hin durchleuchtet und eingeschult. Ähnlich wie bereits im EU-Wahlkampf in Wiener Neustadt, Graz und Linz geprobt soll im September in größeren Städten der Parteichef tageweise gemeinsam mit rund einer Hundertschaft an Helfern für zwei Stunden zu Hausbesuchsaktionen ausrücken.

Die Führungsrolle bei den Social-Media-Aktivitäten der Partei wurde von jenem Jungsozialisten übernommen, der mit einer Internetkampagne zur Kür von Babler zum Parteichef erfolgreich beigetragen hatte. Der 24-jährige David Gartner ist einer der typischen Bableristi, die das Bild des engsten Kreises um den Traiskirchner Bürgermeister prägen: Sie sind glühende Anhänger des „Andi“, bringen naturgemäß aber wenig Erfahrung mit. Das sorgt außerhalb der Parteizentrale SPÖ-intern für eine Mischung aus Ärger und Fatalismus, die, je näher der Wahltag rückt, zunehmen.

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Auf Du und Du mit den Wählern? SPÖ-Chef Andreas Babler fremdelt mit Wählern außerhalb seiner Stammwähler immer noch, auf seinen Wahlplakaten werden aber alle geduzt.

© APA/Picturedesk/trend

SPÖ-Spitzenmann: „Wir sind im freien Fall“

„Unsere Wahlkampagne ist im freien Fall, wir bringen kein Thema mehr hoch“, geht ein roter Spitzenfunktionär, der nicht aus dem Burgenland stammt, strenger denn je mit Babler & Co. ins Gericht: „Wir fahren bei wichtigen Themen dann auch noch den falschen Kurs. Dazu kommt noch die katastrophale Performance der Wiener.“

Vor allem die rote Reaktion auf den vom reichweitenstärksten Gratismedium, „Heute“, unter heftiger Anteilnahme der FPÖ hochgezogenen Fall einer neunköpfigen syrischen Flüchtlingsfamilie, die auf 4.600 Euro Mindestsicherung kommt, löst SPÖ-intern schwere Irritationen aus. Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker spielte den Casus nicht nur als nebensächlichen Einzelfall herunter. Er trat auch gehörig ins Fettnäpfchen. Das „Auftragen“ von Kleidung von Geschwistern sei „Mittelalter“, polterte Hacker und konterkarierte damit die Lebenswelt nicht nur von Sozialdemokraten.

„Dieser total gegen die Gefühlswelt auch unserer Wähler praktizierte Umgang mit einem derart breitenwirksamen Thema wird uns bis zur Wahl noch um die Ohren fliegen“, ist ein führender Bundesländer-Roter überzeugt. Er sieht hier einmal mehr auch Wiens Bürgermeister in der Pflicht und ortet auch

eklatant mangelnde Führung. Michael Ludwig sucht das Aufreger-Thema denn nicht mit einer politischen Wortmeldung, sondern bloß mit einem technokratischen Vorschlag zu befrieden, der kurzfristig nichts zur Beruhigung der Gemüter beitragen kann: Statt der Bundesländer solle das AMS österreichweit die Auszahlung der Mindestsicherung übernehmen.

In den roten Bundesländern steigt so nicht nur der Unmut über die Performance der SPÖ-Parteizentrale, sondern auch jener über die des Wiener Rathauses. „In mir weckt das alles schmerzhafte Erinnerungen an den Präsidentschaftswahlkampf von Rudolf Hundstorfer. Damals haben auch alle kommen gesehen, dass das ein miserables Ergebnis werden muss, und haben sich öffentlich zurückgehalten, um nicht als Sündenböcke für das Wahldesaster herhalten zu müssen“, sagt ein führender roter Bundesländer-Mann. „Nach der Wahl wird es aber in der SPÖ Rambazamba spielen. Da wird nicht mehr in einem Hinterzimmer im Wiener Rathaus ausgemacht werden können, ob und mit wem wir in die Regierung oder in Opposition gehen.“ Bis zum 29. September ist aber auch beim wachsenden Heer der Anti-Bableristi in der SPÖ Augen zu und durch angesagt.

Die ÖVP ist viel näher an der FPÖ, als viele andere Umfragen widerspiegeln. Die SPÖ bleibt abgeschlagen.

Wahlkampfbühne Handy- und TV-Schirm

Das Finale der ORF-„Sommergespräche“ mit den drei Kanzlerkandidaten (diese Woche war Kickl, kommenden Montag ist Babler dran) verlagert den Wahlkampf zunehmend von den Stadt- und Marktplätzen auf die Bildschirme von Handys, Computern und Fernsehgeräten. Ab Anfang September steht praktisch jeden Tag ein TV-Duell, eine Elefantenrunde, ein Einzelinterview im ORF, auf einem der drei Privatsender oder auf dem Videokanal eines Printmediums auf dem Kalender.

Damit wird auch FPÖ-Chef Herbert Kickl, der sich in den vergangenen Wochen auffällig zurückhielt, „den Lautstärkeregler wieder hochdrehen“, so das FPÖ-Aviso. Bei den Blauen obsiegte einmal mehr die Lesart: „In den Sommerferien will niemand mit Politik behelligt werden, und das, was als Themen geboten wurde, wie Terrorbekämpfung und Mindestsicherung, zahlt ohnehin automatisch auf unser Wählerkonto ein“, resümiert ein FPÖ-Spitzenmann. Kickl ließ sich so auch mit der offiziellen Präsentation des FPÖ-Wahlprogramms bis Ende der vorletzten Augustwoche Zeit. In das blaue Wahlprogramm fließt erstmals auch das vor allem in Unternehmerkreisen mit Spannung erwartete neue FPÖ-Wirtschaftsprogramm ein.

Seine ersten TV-Auftritte legte Kickl auffällig staatsmännisch an. Im Ton überraschend verbindlich für seine Position werbend, inhaltlich freilich schärfer denn je. Wie etwa: „Die Mindestsicherung soll nur noch ein Privileg für Österreicher werden.“ Nur bei kritischen Fragen – vor allem in eigener Sache – ging der FPÖ-Chef in alter Manier in den Angriffsmodus über. Als beispielsweise Martin Thür im ORF-„Sommer-gespräch“ offene Fragen rund um sein Einkommen und frühere Firmenbeteiligungen ansprach, ortete Kickl wiederholt „unsauberen Journalismus“.

„Es läuft alles auf einen Zweikampf zwischen Kickl und Nehammer hinaus“, analysiert der Demoskop Christoph Haselmayer (IFDD), der die Ausgangslage ähnlich sieht wie der ÖVP-Meinungsforscher Sommer: „Die ÖVP ist viel näher an der FPÖ, als viele andere Umfragen widerspiegeln. Die SPÖ bleibt abgeschlagen, auch weil sie mit der Bierpartei, der KPÖ und anderen Kleinparteien die meiste Konkurrenz hat.“

Nur noch 15 Prozent Unentschlossene

IFDD-Chef Haselmayer liest zudem angesichts der Fülle der Wahlwerber Unerwartetes aus seinen Daten: „Es gibt diesmal weniger Unentschlossene als bei den Wahlen davor. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir mit der EU-Wahl im Juni schon eine Art Generalprobe hatten. Es gab damit diesmal einen Entscheidungsvorlauf und es gibt daher vor der Nationalratswahl nur noch rund 15 Prozent, die als Unentschlossene noch am Wählermarkt sind.“ Der Kampf um diese noch zu habenden zusätzlichen Stimmen ist längst eröffnet. Die aktuellen Debatten um Sicherheit und Stabilität könnten dabei im Finish am ehesten der Kanzlerpartei in die Hände spielen, erwartet Meinungsforscher Haselmayer.

Genau darauf legen die ÖVP-Wahlkampfplaner die verbleibenden fünf Wochen bis zum 29. September an. Der von der ÖVP-Regie gewünschte Plot quer durch alle TV-Auftritte und Konfrontationen, so ein ÖVP-Mann: „Hier das gestandene Mannsbild Karl Nehammer in der Mitte. Links von ihm mit Babler ein Radikaler, rechts von ihm mit Kickl ein Radikaler.“

In der Wiener Lichtenfelsgasse rechnen die Nehammer-Berater so auch damit, dass die neu entflammte Islamisten-Debatte im Gefolge der abgesagten Taylor-Swift-Konzerte „nicht nur der FPÖ hilft, sondern am Ende am meisten auf unser Konto einzahlt“.

Ein enger Kickl-Vertrauter resümiert trocken, aber mit einem kräftigen Schuss Schadenfreude: „Wenn die Konzerte nicht abgesagt worden wären, dann hätte es der ÖVP mehr genutzt. Nehammer hätte dann Wasserflaschen beim Konzert verteilt und sich als Retter feiern lassen. Da haben ihnen aber die Amerikaner mit der Konzertabsage einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Für das finale TV-Duell, das Kanzlerduell Herbert Kickl gegen Karl Nehammer, das sieben Tage vor dem Wahltag zur Primetime auf ORF 2 über die Bühne gehen wird, sammeln hinter den Kulissen aber beide Seiten noch weiter Munition. Die türkis-blauen Koalitionspartner von gestern, die einst von ihrer politischen Nähe schwärmten, wollen sich stärker denn je voneinander abgrenzen.

Eine publikumswirksame Geste hat der ÖVP-Kanzler schon vorzeitig ausgespielt. In einer Wortmeldung im Parlament belegte Karl Nehammer in einer heftigen Debatte rund um seine Anti-Corona-Maßnahmen als damaliger ÖVP-Innenminister seinen FPÖ-Vorgänger Herbert Kickl mit einer sehr österreichischen politischen Höchststrafe: „Ich entziehe Ihnen hiermit unser Du-Wort, das wir gegenseitig gerne gepflegt haben.“

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