Die EU stellt ihren Mitgliedstaaten über den Post-Covid-Aufbau-Fonds (ARF) mehr als 700 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Europäische Rechnungshof kritisiert nun die mangelnde Kontrolle der Finanzmittel.
Beim als Reaktion auf die Covid-19-Krise ins Leben gerufenen EU-Aufbaufonds (offiziell: Bei der Aufbau- und Resilienzfazilität, ARF), gibt es einem neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs zufolge gravierende Schwachstellen im Überwachungssystem.
Die ARF ist mit 723 Milliarden Euro ausgestattet – bis zu 338 Milliarden Euro an nicht rückzahlbaren Finanzhilfen und 385 Milliarden Euro an Darlehen. Der Fonds dient der einzelstaatlichen Finanzierung von Reformen und Investitionen z. B. in die Arbeitsmärkte oder den Naturschutz. Diese Reformen und Investitionen wiederum sollten sich sechs politischen Hauptzielen zuordnen lassen, darunter der ökologische und der digitale Wandel.
Anders als bei den meisten anderen EU-Programmen zahlt die Europäische Kommission Mittel nicht auf der Grundlage angefallener Kosten aus, sondern dann, wenn die Länder bestimmte Etappenziele und Zielwerte bei Reformen und Investitionen erreichen.
"Über den EU-Aufbaufonds erhalten die EU-Länder mehr Geld als je zuvor, aber die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, ob seine grundlegenden Ziele erreicht werden und wie das Geld ausgegeben wird", so Ivana Maletić, das für den Bericht zuständige Mitglied des Rechnungshofs. "Wir befinden uns in einer paradoxen Situation, in der wir für den größten Fonds der EU, der angeblich leistungsbasiert ist, Fortschritte messen können, nicht aber die Leistung selbst."
Ergebnisse werden nicht gemessen
Die Leistung der ARF wird mithilfe von zwei Hauptkomponenten überwacht: Einerseits dienen Etappenziele und Zielwerte dazu, die Fortschritte der EU-Länder bei Reformen und Investitionen zu verfolgen; andererseits wird der Erfolg bei der Verwirklichung der ARF-Ziele anhand von 14 vorab festgelegten gemeinsamen Indikatoren überwacht.
Die Prüfer stellten jedoch fest, dass diese beiden Überwachungskomponenten nicht ausreichen, um die Gesamtleistung der ARF zu bewerten. Etappenziele und Zielwerte würden zwar dazu beitragen, die Fortschritte bei Reformen und Investitionen in den EU-Ländern zu verfolgen, es handele sich dabei jedoch nur um Umsetzungsschritte (etwa die Verabschiedung eines Gesetzes, die Auswahl von Projekten oder die Unterzeichnung von Verträgen) und ihr Fokus liege auf dem Gegenstand der Projektfinanzierung (etwa der Anzahl von Schulungsteilnehmern, der Zahl der renovierten Quadratmeter oder erworbenen Elektrofahrzeuge). Sie würden aber keine Ergebnisse messen (etwa die Zahl der Beschäftigten, Energie-Einsparungen oder eine Verringerung der CO2-Emissionen).
Auch die meisten gemeinsamen Indikatoren würden keine Ergebnisse messen und lieferten zumeist nicht genügend Informationen darüber, ob und wie Projekte vor Ort zu den allgemeinen Zielen der ARF beitragen.
Das sei laut EU-RH darauf zurückzuführen, dass einige Reformen und Investitionen keinem Indikator zugeordnet werden könnten, wie z. B. größeren Strukturreformen (Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Justizreformen) oder Investitionen in Infrastruktur und öffentlichen Personennahverkehr. Darüber hinaus deckten die gemeinsamen Indikatoren die ARF-Ziele nur teilweise ab: So gebe es keinen Indikator für bestimmte Bereiche wie Rechtsstaatlichkeit, den Finanzsektor oder Steuern.
Schlechte Kontrolle des 700-Milliarden-Euro-Riesenfonds
Hinsichtlich der gemeldeten Daten zu Etappenzielen und Zielwerten verfügten die Kommission und die EU-Länder meist über geeignete Systeme, um Qualität zu gewährleisten. Die Prüfer stellten aber auch dabei Mängel fest und betonen, dass es bezüglich der Zuverlässigkeit der Daten weiterhin Risiken gebe – insbesondere auf der Ebene der Endempfänger von Fördermitteln.
Das Online-Scoreboard der Kommission für die ARF sei zwar benutzerfreundlich, aber irreführend, was die Darstellung der Fortschritte des Fonds hinsichtlich der sechs Hauptziele betreffe.
Da die Kommission keine Daten dazu erhebe, wie viel Geld in den EU-Ländern ausgegeben werde, beruhten ihre Angaben zur ARF aktuell auf Schätzungen. Die Prüfer fordern die Kommission deshalb auf, ihre Berichterstattung über die ARF zu verbessern, beispielsweise indem die Erhebung von Daten und die darauf beruhende Berichterstattung auf tatsächliche Ausgaben bezogen werden. Ferner empfehlen sie, ein umfassendes Leistungsüberwachungssystem für künftige, ebenfalls nicht kostenbasierte Finanzierungsinstrumente zu entwickeln.
Download
Der Sonderbericht 26/2023 des Europäischen Rechnungshofs "Der Leistungsüberwachungsrahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität: Fortschritte bei der Durchführung werden gemessen, zur Erfassung der Leistung reicht der Rahmen aber nicht aus" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs (eca.europa.eu) abrufbar.