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„Europa muss ein Leader, kein Follower sein“

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Kann die EU-Wirtschaft Klimaschutz-Leader und wettbewerbsfähig zugleich sein? (V.l.n.r.) Lena Schilling (EU-Parlament), Bernhard Ecker (trend), Karl Steininger (Uni Graz), Mairead McGuiness (EFA - Strategischer Beirat).

©EFA/Mandl
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Die frühere EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness, EU-Parlamentarierin Lena Schilling und der Klimaökonom Karl Steininger diskutierten in Wien darüber, wie Wettbewerbsfähigkeit mit Klimaschutz in Einklang zu bringen ist.

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Der 2019 in Ursula von der Leyens erster Amtszeit initiierte Green Deal hat derzeit heftigen Gegenwind. Zuerst der Aufschrei der Industrie und vieler anderer Bereiche der Wirtschaft, die sich in einem Meer an Regeln und Dokumentationspflichten ertrinken sehen. Dann die geopolitische Weltlage, die es zwingt, Ressourcen und Aufmerksamkeit auf die Verteidigungsfähigkeit Europas zu lenken. Klimaschutz? Läuft unter „ferner liefen“.

Lena Schilling, die jüngste EU-Parlamentarierin, lässt sich den Frust aber nur sekundenweise anmerken. „Ein Drittel der Parlamentarier verleugnet den menschengemachten Klimawandel“, erzählt die österreichische Grüne von ihren bisherigen Erfahrungen in Brüssel und Straßburg.

In einer Diskussion zum Thema „Green and Competitive: Can Europe have both?” des Europäischen Forum Alpbach (EFA) ging es um eine Manöverkritik in Sachen weltweiter Klimaschutz. Der eben vorgestellte Clean Industrial Deal, verbunden mit der Lockerung von bürokratischen Zwängen, ist eine erste Reaktion der Politik auf die Kritik.

Denn es gibt Rückschläge, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch bei normalen Bürgern, rekapituliert Mairead McGuinness, von 2020 bis 2024 EU-Finanzmarkt-Kommissarin. Das merke sie auch in ihrem Heimatland Irland, insbesondere in der Agrar-Community: „Niemand will, dass ihm gesagt wird, was zu tun ist. Wir sollten unsere ideologischen Hürden überspringen“, so McGuinness, die generell die Parole „Weniger Leidenschaft, mehr Pragmatismus“ ausgab, um die Gemüter zu beruhigen – was Schilling nicht unkommentiert lassen konnte.

„Wir werden für unsere Energieversorgung LNG brauchen“, postulierte die Ex-Kommissarin, die jetzt als Co-Vorsitzende des Strategischen Beirats beim EFA angedockt ist. LNG steht für Liquified Natural Gas – Flüssigerdgas, das im Jahr 2024 zu 45 Prozent aus den USA in die EU kam. „Ob das jetzt, wo Trump an der Macht ist, eine so gute Idee ist?“, hinterfragte Schilling postwendend.

Karl Steininger, Klimaökonom an der Uni Graz, holte die Diskussion auf den Boden der Tatsachen. Klimaschutz sei zwar vielfach in der Defensive, aber nicht die ganze Welt agiere wie die USA. China etwa hat in seiner Grün-Politik riesige Fortschritte gemacht und mit einer damit verbundenen Industriepolitik eine exportfähige Greentech-Wirtschaft geschaffen. Ob Photovoltaik-Module oder Autobatterien – die Hardware für die grüne Wende kommt inzwischen großteils aus Fernost. Einig war man sich am Podium allerdings auch, dass man zwar chinesische Resultate, aber kein chinesisches System wolle.

„Get into action, more leadership!“, war folglich McGuinness’ Appell an die europäischen und die EU-Politik. Ein Zurück vor 2019 ist unvorstellbar, Zaghaftigkeit aber ebenso das falsche Konzept, so der neue EFA-Präsident Otmar Karas bei seiner Eröffnung der Diskussion: „Europa muss ein Leader, kein Follower sein.“

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