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FFG-Chefin Henrietta Egerth: Ausdauer statt Aktionismus

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HENRIETTA EGERTH Geschäftsführerin der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

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Henrietta Egerth: Eine weitsichtige Politik ist der Schlüssel zu einer stabilen und erfolgreichen Zukunft. Wir sollten den Mut haben, kurzfristige Erfolge zugunsten langfristiger Ziele zu opfern.

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Aufreißen und genießen – wer mag sie nicht, die schnelle Belohnung bei geringem Aufwand? Heutzutage sind zügige Lösungen und sofortige Ergebnisse gefragter denn je. Es muss schnell gehen und Spaß machen – Hauptsache, es passiert etwas. Da ist es kaum verwunderlich, dass auch in der Politik nicht auf Aktionismus verzichtet werden kann.

Doch solche Maßnahmen haben oft nur vorübergehende Effekte. Sie mögen zwar unmittelbar Erfolg bringen, sind aber selten von Dauer. Obwohl wir das wissen, fällt es uns schwer, der Verlockung der „instant gratification“ zu widerstehen.

Die Vorstellung, komplexe Herausforderungen mit simplen Antworten zu bewältigen, bleibt eine Illusion. Langfristiger Erfolg in Politik und Wirtschaft erfordert Durchhaltevermögen und Weitblick.

Wer auf kurzfristige Gewinne fokussiert ist, vernachlässigt Innovationen und verliert an Wettbewerbsfähigkeit. Das bestätigt unter anderem eine Studie der Harvard Business School, die zeigt, dass Unternehmen, die auf langfristige Strategien setzen, eine um 47 Prozent höhere Umsatzsteigerung verzeichnen als jene, die auf schnelle Erfolge aus sind.

Es waren Steve Jobs’ Vision und langfristige Strategie, die zur Entwicklung von bahnbrechenden Produkten wie dem iPhone führten, die dem Unternehmen nicht nur nachhaltigen Erfolg, sondern auch einen Platz in den Top Ten des „Fortune Global 500“-Rankings sicherten.

Apple hat damit Ausdauer und einen langen Atem bewiesen und ist nicht flüchtigen Trends gefolgt. Wenn auch wir vorausschauend handeln und nachhaltige Entwicklung priorisieren, unterstützen wir die heimischen Unternehmerinnen und Unternehmer und bieten ihnen Planungssicherheit, die sie benötigen, um zukunftsorientierte Investitionen zu tätigen. Ganz ohne Showeffekte.

Die Geschichte hat gezeigt, dass wahre Erfolge Zeit brauchen. Große Innovationen entstehen nicht über Nacht, sondern sind Ergebnis von Durchhaltevermögen.

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Notwendigkeit einer überlegten Herangehensweise ist die Förderung von Forschung und Entwicklung. Die Wirkung tritt oft erst viele Jahre später ein. Die Forschung an Lithium-Ionen-Batterien, heute allgegenwärtig, begann bereits in den 1970er-Jahren und führte schließlich in den 90er-Jahren zur Marktreife. Dafür braucht es Kondition.

Ein weiteres Beispiel ist der Teilchenbeschleuniger des CERN: In den 1980er-Jahren konzeptualisiert, wurde er nach über zwei Jahrzehnten 2008 in Betrieb genommen. Mit der Entdeckung des Higgs-Teilchens vier Jahre später wurde dann Physik-Geschichte geschrieben.

Mit ähnlichem Durchhaltevermögen hat sich Österreich einen respektablen Platz in den Innovationsrankings erarbeitet. Laut der OECD beträgt die durchschnittliche F&E-Quote in den OECD-Ländern etwa 2,6 Prozent des BIP. Österreich liegt mit einer Quote von 3,3 Prozent über diesem Durchschnitt. Kontinuierliche Investitionen in Forschung und Entwicklung sind somit entscheidend für den langfristigen Erfolg.

Die Geschichte hat also gezeigt, dass wahre Erfolge Zeit brauchen. Große Innovationen entstehen nicht über Nacht, sondern sind das Ergebnis von kontinuierlichem Einsatz und Durchhaltevermögen. Nobelpreisträger können das bestätigen. Nicht zufällig hieß der Mars-Rover, der im Rahmen einer NASA-Mission 2020 den Mars erkunden sollte, „Perseverance“ (engl. für Ausdauer, Beharrlichkeit), liebevoll Percy genannt.

Auch wenn die Erde nicht ganz so unwirtlich wie die Marsoberfläche ist: Warum schauen wir uns nicht etwas von Percys Eigenschaften ab? Lassen wir uns nicht von kurzfristigen Rückschlägen entmutigen. Nicht die Momentaufnahme zählt, sondern die langfristige Perspektive. Nicht umsonst fragt das Weltwirtschaftsforum im jährlich erscheinenden „Global Risk Report“ CEOs zu ihrer Einschätzung nach den Themen in zehn Jahren. „Welche Herausforderungen erwarten wir 2034?“ ist die Frage, auf die wir uns vorbereiten sollten, und nicht, was uns nächste Woche beschäftigt.

Eine weitsichtige Politik ist der Schlüssel zu einer stabilen und erfolgreichen Zukunft. Wir sollten den Mut haben, kurzfristige Erfolge zugunsten langfristiger Ziele zu opfern und Ausdauer, Durchhaltevermögen und Teamgeist zu fördern. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Wirtschaft auch in Zukunft konkurrenzfähig und resilient bleibt. Der Weg mag länger und schwieriger sein, doch er führt uns zu nachhaltigem Wohlstand und langfristigem Erfolg.

Gastkommentar aus trend. PREMIUM vom 6.9.2024.
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