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Wie wäre es mit Lösungen?

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Franz C. Bauer, trend-Redakteur

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Konjunktursorgen, ein drohender Handelskrieg, Probleme mit dem „Green Deal“ – und eine Politik, die das alles ignoriert.

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Ein Sommer geht zu Ende, wie er schon lang nicht mehr war – oder eigentlich, wie es ihn noch nie gab, zumindest aus meteorologischer Sicht. Rekordtemperaturen und Rekordunwetter stellten nicht nur die Landwirtschaft vor größere Probleme. Bemerkenswert waren freilich nicht nur Hitzewellen und Unwetterfronten. Überaus turbulent ging es auch an der Wirtschaftsfront und in der Weltpolitik zu. An den Börsen testete ein „Mini-Crash“ im August die Nerven der Anleger. Joe Biden räumte seinen Platz als Spitzenkandidat der Demokraten für die kommenden US-Präsidentschaftswahlen zugunsten seiner Stellvertreterin Kamala Harris.

Im Hintergrund bahnt sich ein globaler Handelskrieg zwischen China und dem Rest der Welt an. Nachdem die USA im Mai Importzölle auf chinesische Waren, darunter Halbleiter, Solarzellen und vor allem E-Autos, erhöht hatten, veröffentlichte auch die EU am 20. August die Höhe der Strafzölle auf chinesische E-Autos. Diese Maßnahme hatte die EU bereits im Juni angekündigt. Auch Kanada will chinesische E-Autos mit einer Einfuhrabgabe in der Höhe von 100 Prozent belegen.

China wiederum droht Vergeltungsmaßnahmen an. Unter anderem hat die Regierung in Peking ein Verfahren wegen angeblich unlauterer Subventionen für die europäische Milchwirtschaft angekündigt. Betroffen davon sind nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums 20 Subventionsprogramme in acht Mitgliedstaaten, und zwar Österreich, Belgien, Kroatien, Tschechien, Finnland, Irland, Italien und Rumänien. Wertmäßig handelt es sich zwar um einen überschaubaren Betrag, doch die Maßnahme trifft ausgerechnet die politisch besonders umtriebige Agrarlobby. Ein friedlicher Sommer sieht anders aus.

Es gibt also ausreichend Gründe, um nervös zu werden. Besonders unmittelbar lässt sich die Anspannung an den Aktienkursen ablesen. Im August kam es an den Weltbörsen zu einem kräftigen Kursrutsch, der von den USA ausging und alle wichtigen Weltbörsen erfasste. Japan verzeichnete am 5. August sogar den zweitgrößten Crash in der Geschichte der Tokioter Börse.

Vordergründig wurde dieser globale Absturz zwar auf schwache Zahlen aus der Riege der Tech-Giganten zurückgeführt, doch im Hintergrund belasten Rezessionsängste, immer noch hohe Zinsen, schwächere Arbeitsmarktdaten und natürlich die Konfliktherde Ukraine und Nahost die Stimmung. Zwar konnten sich die Aktienkurse wieder erholen, doch die Stimmung bleibt angespannt. Besondere Sorgen bereitet die Konjunktur.

Die deutsche Wirtschaft, Jahre hindurch die verlässlichste Konjunkturlokomotive Europas und Österreichs wichtigster Exportmarkt, lahmt. Der ifo-Geschäftsklimaindex, aussagekräftigster Konjunkturindikator, weist seit Mitte 2021 mit jeweils nur kurzen Erholungsphasen stetig abwärts.

Besonders alarmierend: Sowohl die deutsche Metall- als auch die Autoindustrie berichten über schlechtere Exporterwartungen. In beiden Bereichen sind die größten Kunden für heimische Zulieferer angesiedelt. Knapper Kommentar des ifo-Präsidenten Clemens Fuest: „Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in die Krise.“

Überraschend gelassen reagiert die Politik auf die unübersehbaren Probleme. Alles andere als ein Erfolgsmodell ist ja auch der „Green Deal“, von EU-Kommissionsvorsitzender Ursula von der Leyen vollmundig als „Europas Mondlandung“ hochstilisiert. Diese erweist sich eher als Bruchlandung. Es sind nicht nur hausgemachte Probleme, sondern es ist die Absatzflaute bei E-Autos, die den Batteriehersteller Varta in Schieflage gebracht hat. Es ist die offiziellerseits maßlos überschätze, letztlich viel schwächere Nachfrage nach Wärmepumpen, die zu den Kündigungen bei Stiebel Eltron geführt hat.

Und es sind Milliardenverluste aus dem Windkraftgeschäft, die seit Jahren das Ergebnis von Siemens Energy drücken.

Drei Paradeunternehmen, die vom „Green Deal“ profitieren sollten – drei Misserfolgsmodelle. Nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich ist Europa mit Höchstgeschwindigkeit auf das Abstellgleis unterwegs.

Rezepte dagegen vermisst man sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Ein gutes – oder vielleicht doch eher: schlechtes – Beispiel dafür gibt der österreichische Wahlkampf ab.

Eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden, Gratiskindergärten, keine Wartezeiten bei Ärzten oder Spitalsbehandlungen, zehn Prozent mehr Nettolohn durch Senkung der Lohnnebenkosten, dabei kein größeres Budgetdefizit, aber eine „Reichensteuer“, die fünf Milliarden Euro einbringen soll – den weiten Horizont, eine europäische Perspektive, einen Lösungsansatz für die anstehenden Probleme sucht man da vergebens.

Geliefert werden Schlagworte statt Lösungen. Zukunftsweisende Politik sieht anders aus.

Der Kommentar ist trend. PREMIUM vom 6. September 2024 entnommen.
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