Erdgas soll zusehends durch Biogas ersetzt werden. Das EGG soll den Rahmen dafür bilden.
©iStockphotoIn einem zweiten Anlauf wollen die Grünen das Erneuerbares-Gas-Gesetz (EGG) noch im September durchbringen. Gasversorger sollen verpflichtet werden, fossiles Erdgas schrittweise und nach festgelegten Quoten durch Biogas zu ersetzen
Im ersten Anlauf sind ÖVP und Grüne mit dem Gesetzesentwurf an den Stimmen der SPÖ gescheitert. Diese stieß sich am Passus, dass eine Verordnung erlassen werden könne, um eine "außergewöhnlich hohe Belastung" für Endverbraucher zu lindern. Die Kann-Bestimmung wurde durch eine verbindliche ersetzt. Die SPÖ ortet dennoch hohe Mehrkosten sowie Lebensmittelverschwendung.
Nach dem vorherigen Entwurf hätte die zuständige Energieministerin, derzeit Leonore Gewessler (Grüne), jenen Energieversorgern, die zur Erfüllung der Grüngasquote verpflichtet sind, eine Förderung gewähren können, um eine "außergewöhnlich hohe Kostenbelastung für Endverbraucher zu verringern". Die SPÖ kritisierte an diesem Entwurf, dass Endverbraucherinnen und Endverbraucher nur indirekt adressiert würden und die Verordnung nur als Kann-Bestimmung formuliert sei. Die Sozialdemokraten warnten vor hohen Mehrkosten für Haushalte.
Im neuen Entwurf werde der Paragraph 11 geändert und die Kann-Bestimmung durch eine verbindliche Regelung ersetzt. So werde festgelegt, dass die Ministerin eine Verordnung erlassen wird, die die Voraussetzungen für die Vergabe an Förderungen an Endverbraucher - und nicht an die Versorger - regelt. "Wir sind der SPÖ nun ein weiteres Mal entgegengekommen", so der grüne Klima- und Energiesprecher Lukas Hammer in einer Stellungnahme. Der neue Entwurf sei auch mit dem Regierungspartner ÖVP abgestimmt, sagte ein Sprecher der Grünen zur APA.
Zweidrittelmehrheit im Nationalrat erforderlich
Wenn es nach dem grünen Klima- und Energiesprecher geht, soll der neue Entwurf im letzten Plenum im September beschlossen werden. "Einer Zustimmung zu dem Gesetz steht nun aus unserer Sicht nichts mehr entgegen." Für den Beschluss ist eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat notwendig, Hammer zählt auf die Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ.
Für SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr und SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll ist das Problem mit dem neuen Entwurf aber nicht gelöst. Die beiden Sozialdemokraten warnten am Dienstag in einer Reaktion vor hohen Mehrkosten. Haushalte, die mit Gas heizen, müssten laut Arbeiterkammer mit Mehrkosten von 160 bis 260 Euro im Jahr rechnen, sagte Herr am Dienstag vor Journalisten. Aber 900.000 Haushalte hätten bereits Probleme, die Wohnungen entsprechend zu heizen, ergänzte sie. "Es kann nicht sein, dass die Haushalte für etwaige Mehrkosten beim Biogas aufkommen", sagte Herr. Beim neuen EGG-Entwurf wurde entgegen früheren Planungen der Mindestanteil an erneuerbarem Gas bis 2030 auf 6,5 TWh reduziert, sagte Schroll.
Es gibt aber noch einen weiteren Knackpunkt: "Sämtliche neue Biogasanlagen dürfen ausschließlich mit Abfall- und Reststoffen produzieren und für bereits in Betrieb befindliche gibt es einen fixen Ausstiegspfad mit Zwischenzielen", führte Hammer weiters an. "Wenn der Beschluss ausbleibt, wird es bestehenden Strom produzierenden Biogasanlagen weiterhin erlaubt sein, Lebensmittel zu verwenden - das kann doch niemand wollen", so Hammer. Ursprünglich hätte es auch für Neuanlagen einen schrittweisen Ausstieg aus der Verwertung von Lebensmitteln geben sollen, verwies Schroll auf die früheren Pläne zum EGG. "Es kann doch nicht sein, dass in bestehenden Biogasanlagen weitere zehn Jahre Lebensmittel für die Erzeugung von Biogas verwendet werden", so der Energiesprecher. "Die Lebensmittel erwiesen sich als Inflationstreiber und dann sollen sie verschwendet werden", konterte Herr.
Grüngasgesetz
Allerdings dürften dazu noch zähe Verhandlungen erforderlich sein: "Sie müssen sich bewegen", forderte Schroll von den Regierungsparteien ein "ehrliches und nachhaltiges Gesetz". Für Hammer ist die Kritik nicht nachvollziehbar: "Wir haben in den Verhandlungen viele konstruktive Vorschläge gemacht und sind wesentliche Schritte auf die SPÖ zugegangen: von der Absenkung der Grüngas-Quote und der Ausgleichszahlung bei Nichterreichung der Quoten über eine Sicherheitsklausel, wenn nicht ausreichend Grüngas am Markt ist, bis hin zur Abfederung möglicher erheblicher Mehrkosten bei Haushalten sowie zusätzlicher Transparenzbestimmungen", sagte Hammer.
Auf die Stimmen der Freiheitlichen brauchen die Grünen nicht zu hoffen: Die FPÖ hatte bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Verhandlungen signalisiert, dem EGG die Zustimmung zu verweigern und auch im Juli geschlossen dagegengestimmt. "Die finanzielle Gesamtauswirkung dieses Gesetzes wird bis 2030 fast drei Milliarden Euro betragen", begründete FPÖ-Energiesprecher Axel Kassegger die Ablehnung. "So müssen laut Berechnungen alleine österreichische Haushalte bis 2030 mit einer massiven finanziellen Mehrbelastung rechnen."
Mit dem sogenannten Grüngasgesetz sollen Gasversorger verpflichtet werden, fossiles Erdgas schrittweise und nach festgelegten Quoten durch Biogas zu ersetzen. Dies soll neben den CO2-Emissionen auch die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern. Bei der Umsetzung kommt der OeMAG Abwicklungsstelle für Ökostrom eine zentrale Rolle zu: Die Umrüstung bestehender Biogasanlagen wird mit 349 Euro pro Kilowatt (kW) gefördert. Insgesamt gibt es dafür ein Budget von 15 Mio. Euro. Neuanlagen werden mit 1.203 Euro pro kW bei Anlagen zur Vergärung und 1.298 Euro pro kW bei Anlagen zur Gasifizierung gefördert. Dafür stehen 25 Mio. Euro zur Verfügung. Die Anträge können im Voraus im EAG-Portal (unter eag-abwicklungsstelle.at) erfasst und ab 2. September ab 17 Uhr bis 25. November mit wenigen Klicks eingereicht werden, wie die EAG-Abwicklungsstelle mitteilte.
Im Vorfeld hatten sich unter anderem Umweltschutzorganisationen, die Landwirtschaft und die Biogas-Branche für den Beschluss des Gesetzes stark gemacht; die Arbeiterkammer (AK), die Wirtschaftskammer (WKÖ) und die Industriellenvereinigung (IV) warnten jedoch vor hohen Kosten. "Im aktuellen Entwurf wird der Preis für Biogas künstlich in die Höhe getrieben", zitierte die IV ihren Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Mitteilung. "Die Festlegung eines Ausgleichsbeitrags bei Nichterfüllung der Grüngasquote wirkt preissetzend und ist das Gegenteil von einem wettbewerbsorientierten Modell."
Über die Autoren
Peter Sempelmann
Peter Sempelmann, geb. 1968, arbeitet seit 1997 als Journalist mit Fokus auf Wirtschaft und Technologie und leitet seit 2013 die trend. Online-Redaktion. Stationen in der journalistischen Karriere: trend, FORMAT, profil, WirtschaftsBlatt, Report Verlag.
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