Der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Knill geht davon aus, dass aus FPÖ-ÖVP „ein starkes Team werden“ könne. Eine FPÖ-getriebene Abwendung von der EU wäre für die Industrie jedoch fatal. Die nächste Regierung müsse schnell handeln, um den Wohlstandsverlust aufzuhalten.
Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos seien nicht an der Industrie gescheitert, betont IV-Präsident Georg Knill am Donnerstag im Haus der Industrie. „Es waren nicht wir. Es waren Realitätsverweigerer“, resümiert Knill in Richtung SPÖ.
Die Realität der heimischen Wirtschaft spreche klare Worte für die Industrie: Österreich geht das dritte Jahr in Folge in die Rezession, 2024 kam es zu einem Werschöpfungsverlust von 4,5 Prozent und die Arbeitslosigkeit im produzierenden Bereich steigt deutlich. Eine neue Regierung müsse daher schnellstmöglich handeln und „Vertrauen in den Standort zurückgeben“. Dazu gehöre eine Senkung der Kosten auf Arbeit, Energie und eine zunehmende Entbürokratisierung, fordert die IV.
Besorgt ob der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP gibt sich der IV-Präsident nicht. Die IV sei immer mit allen im Parlament vertretenen Parteien im Austausch, auch in der FPÖ gäbe es „kluge Köpfe“, und wie Herbert Kickl seine neue Rolle als möglicher Bundeskanzler anlege, „werden wir hoffentlich sehr bald alle sehen“.
Auch Sanktionen seitens der EU angesichts einer FPÖ-geführten Regierung befürchtet Knill nicht und verweist auf die in Italien regierende rechtsradikale Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Italiens Industrie gehe es seit ihrer Regierungszeit besser als zuvor.
Auf die EU-Haltung der FPÖ angesprochen relativiert Knill, dass die IV manche Kritikpunkte der FPÖ an der EU teile, etwa beim Thema Bürokratisierung, man müsse aber an solchen Punkten innerhalb der EU arbeiten und „weiterhin an das Zukunftsprojekt Europa glauben“. Die heimische Industrie brauche die innereuropäische Zusammenarbeit. Österreich muss „eine starke Stimme in der EU“ bleiben. Auch der Zuzug qualifizierte Facharbeiter:innen sei für die Industrie unabdingbar. Die IV sei gegen den von der FPÖ-geprägten Ausdruck einer Festung Österreichs.
Defizitverfahren abwenden
Angesichts der angespannten budgetären Lage spricht sich Knill erneut gegen ein EU-Defizitverfahren aus: „Wir dürfen die Souveränität unseres Landes nicht aufgeben.“ Der IV-Präsident plädiert für einen ausschließlich ausgabenseitigen Sparkurs. Der Staat müsse drei Prozent einsparen, viele heimische Unternehmen haben zuletzt bis zu 20 Prozent erfolgreich eingespart – es sei also „nicht zu viel verlangt“, rein ausgabenseitig zu sparen, so der IV-Präsident.
Die „smarte“ Budgetkonsolidierung würde laut IV durch zielgerichtete Ausgabenkürzungen, etwa im Bereich der Förderungen, durch Effizienzsteigerungen, Entbürokratisierung und Strukturreformen, etwa bei den Pensionen, möglich werden, wie IV-Generalsekretär Christoph Neumayer betont.
Die Zeiten der Bequemlichkeit seien vorbei. Die neue Regierung müsse auch „notwendige, unpopuläre Schritte setzen“, um den Wohlstandsverlust zu verhindern und die heimische Wettbewerbsfähigkeit auszubauen, resümiert die IV. Mit einem Regierungsprogramm rechnet die Industriellenvereinigung schon im Februar, aber „lieber zwei Wochen länger verhandeln und dann ein gutes Programm haben“.