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Wie Magnus wird Brunner? [Politik Backstage]

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Finanzminister Magnus Brunner

MAGNUS BRUNNER. Seine Performance in Sachen Wien Energie ist für viele, vorrangig rote Beobachter ein Zeichen dafür, dass sich der türkisschwarze Finanzminister als neuer Heilsbringer für die ÖVP in Szene setzen will.

©APA/HERBERT PFARRHOFER
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Für die gekränkten Wiener Rathaus-Mächtigen ist er der neue Buhmann mit klammheimlichen Kanzler-Ambitionen. MAGNUS BRUNNER ist derweil primär darauf bedacht, auch in den eigenen Reihen nicht zwischen die Fronten zu geraten - für ÖVP-Verhältnisse bislang erstaunlich erfolgreich.

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Der Wiener Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke fällt auf der Polit-Bühne prima vista durch eines auf: Der sportliche End-Fünfziger greift im grauen Rathaus-Alltag gerne zu modischen Anzügen oder mutig gemusterten Sakkos und Stecktuch. Hanke hat auch darüber hinaus wenig von einem herkömmlichen Politiker. Der ehemalige Chef der Wien-Holding vermittelt bislang auch als Finanzstadtrat vornehmlich das Bild eines Managers. Öffentlicher Streit oder gar politische Polemik waren so bis vor Kurzem vom spätberufenen Berufspolitiker nicht zu vernehmen.

Seit dem Tsunami negativer Schlagzeilen über das Agieren der Rathaus-Spitzen in der Milliarden-Causa Wien Energie ist es nicht nur hinter den Kulissen mit der Contenance des alerten Polit-Managers dahin. Peter Hanke zeigt auch öffentlich erstmals Krallen. "Ich halte es für problematisch, wie der Minister hier agiert", ließ Hanke in Richtung von ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner wissen. Und setzte für seine Verhältnisse ungewöhnlich spitz nach: "Er hat die Situation für andere politische Ziele genutzt, die er möglicherweise verfolgt."

Peter Hanke sucht damit auch öffentlich ein Bild von Finanzminister Magnus Brunner zu prägen, das hinter den Kulissen des Wiener Rathaus noch holzschnitzartiger gezeichnet wird. Der türkisschwarze Finanzminister habe die Milliarden-Probleme bei der Wien Energie benutzt, um sich innerhalb der ÖVP als neuer Heilsbringer in Szene zu setzen.

Rotes Narrativ: Brunners Kanzler-Feuertaufe

Denn, so das neue rote Narrativ auf der politischen Gerüchtebörse: Der ÖAAB-Mann Karl Nehammer ist wegen der immer schlechteren Umfragen und miesen Wahlaussichten in der ÖVP angezählt. Der Wirtschaftsbündler Brunner bringe sich mit Anti-Wien-Bashing bereits als neuer ÖVP-Kanzler in Stellung.

Die polit-mediale Blase ist in multiplen Krisenzeiten wie diesen besonders aufnahmebereit für politische Marktgerüchte wie diese. Ein Ondit, das auch Magnus Brunner nicht verborgen blieb - und das er umgehend selber ansprach und offensiv dementierte, um diesem so die Spitze zu nehmen.

Aber wie viel Substanz haben Spekulationen, das Magnus vor Brunner stehe ab sofort für mehr als für den Vornamen des Ministers, eine Rochade von Nehammer zu Brunner sei nur noch eine Frage von Wochen?

Fakt ist, dass dieses Ondit erst kürzlich Fahrt aufnahm. Fakt ist auch, dass es vornehmlich in roten Zirkeln umgeht. Fakt ist aber auch, dass sich die Gerüchte um einen Politiker drehen, der bisher als stiller Brüter galt, neuerdings aber immer wieder für Überraschungen gut ist.

Neuer Minister-Stil, alte ÖVP-Hürden

Bis zur nächtlichen Rettungsaktion der Wien Energie am letzten August-Wochenende hatte Magnus Brunner auch bei der großen Oppositionspartei eine gute Nachrede. Das rührt daher, dass der Nachfolger von Gernot Blümel seit Amtsantritt im Dezember einen konzilianteren Stil pflegte als die machtbewusste Kurz-Partie. Der Vorarlberger ist penibel darauf bedacht, keine Angriffsflächen zu bieten. Bevor er seine Pläne für sein erstes Antiteuerungspaket öffentlich präsentierte, drehte er hinter den Kulissen mehrere Goodwill-Runden mit Sozialpartnern und Oppositionsparteien.

Brunner war sich offenbar von Anfang zudem bewusst: Er bewegt sich als Finanzminister auf weniger festem Terrain als sein Vorgänger Blümel. Als der engste Weggefährte des gefallenen ÖVP-Jungstars Hausherr im Finanzministerium war, war die Kurz-Partie die erste und einzige entscheidende Adresse für die erfolgreiche Umsetzung politischer Wünsche. Heute nehmen die Lobby-Initiativen und Interventionen wieder die alten ÖVP-Wege, dazu gehören auch Umwege hinter dem Rücken der Akteure.

Das macht das Leben für den ÖVP-Finanzminister nicht leichter. Denn nicht nur die bündischen Interessengruppen der ÖVP und vor allem die selbstbewussten schwarzen Länderfürsten wittern nach dem Fall des monokratischen Kurz-Systems wieder Morgenluft.

Vor allem der ÖVP-Wirtschaftsbund macht sich in den Ministervorzimmern wieder selbstbewusst bemerkbar. Zumal die derzeit herrschende ÖVP-Nomenklatura bei den ÖVP-Wirtschaftsbündlern unter Verdacht steht, zuvorderst die Interessen des ÖVP-Arbeitnehmerflügels, des "Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbunds" (ÖAAB), im Auge zu haben. Sowohl Kanzler Karl Nehammer als auch Klubchef August Wöginger sind fest im ÖAAB verankert. Auch einer der wichtigsten Ratgeber Nehammers, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ist ein strammer ÖAABler.

Deutliche Distanz-Signale zur ÖVP-Skandal-Ära

Ein intimer Kenner des Regierungsalltags und ÖVP-Innenlebens resümiert: "Der Magnus hat aber bis jetzt sehr geschickt durch dieses Meer an unterschiedlichen Interessen durchgesurft." Brunner ging ohne laute Hurra-Rufe, aber deutlich sichtbar auch auf Distanz zur Ära Kurz. Der Finanzminister schaffte in seinem Ressort den (durch Thomas Schmid nachhaltig in Verruf gekommenen) Job des Generalsekretärs ab und ließ alle Inseratengeschäfte des Hauses durchleuchten. Die bislang größte Nagelprobe als Finanzminister steht ihm aber erst bevor: Brunner hat im Herbst sein erstes Budget vorzulegen. Er stellt es unter das Motto "Sicherheit und Krisenbekämpfung", so ein Verhandler: "Im Zentrum stehen nicht große Umbauarbeiten, sondern dass der Stuck nicht von der Decke und uns allen auf den Kopf fällt."

Der härteste Brocken wird wohl die von der ÖVP propagierte schrittweise Erhöhung des Heeresbudgets bis 2027 von derzeit 2,7 auf rund sechs Milliarden Euro jährlich. Der ehemalige Berufssoldat Nehammer macht die Extramilliarden für die Armee auch zu seinem persönlichen Anliegen. Die Grünen wiederum werden das massive Plus beim Militär wohl als Jolly Joker nutzen, um im Verhandlungsfinale möglichst viel für ihre Klientel herauszuholen.

Der bis vor Kurzem nur durch seine freundliche Art auffällige Politiker bleibt so in- und außerhalb der ÖVP-Regierungsriege weiter im Scheinwerferlicht.

Ist Brunner "hart genug" für den Spitzenjob?

In der ÖVP sorgt so auch sein Agieren in der heiklen Milliarden-Causa Wien Energie weiter für Gesprächsstoff. Die Standpunkte fallen je nach Standort aus. Im Kanzleramt, das den Krisengipfel am letzten August-Sonntag medial lanciert hatte, hätten Nehammer-Berater durchaus gerne gesehen, dass Brunner bei seiner Wien-Schelte noch mehr aufs Gas gedrückt hätte.

In ÖVP-Wirtschaftskreisen wiederum bewertet man sein Agieren skeptisch. Zum einen, weil einige damit die Chancen auf ein Comeback von Rot-Schwarz beschädigt sehen. "Das hat uns nicht näher zusammengebracht", resümiert ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbündler: "Es war auch grenzwertig für einen Finanzminister, die Parteiarbeit zu machen. Das hätte er ganz der Frau Sachslehner überlassen können und die Rettungsaktion selber staatstragender inszenieren sollen."

Auch in der dieser Tage neu befeuerten Frage zeigt sich die ÖVP noch gespalten: Ist Brunner großkalibrig genug, um im Fall von Nehammers Fall den Job des Kanzles und Parteichef zu übernehmen?

Für die wachsende Gruppe der Nehammer-Kritiker in der ÖVP hat sich der Finanzminister mit seiner freundlichen, aber bestimmten Performance in Sachen Wien Energie durchaus nachhaltig als Personalreserve in Stellung gebracht.

"Für den Parteiobmann fehlt ihm die notwendige Härte, er hat dafür auch keine Lobby. Außerdem muss man aufhören, alle zwei Jahre nach einem neuen Parteichef zu schreien", artikuliert hingegen ein hochrangiger Parteifreund im Namen einer anderen gewichtigen Gruppe in der ÖVP.

Entspannungs-Signale bei Wien Energie

Magnus Brunner ist derweil vor allem darauf bedacht, im Streit um die Wien Energie nicht weiter zwischen die Fronten zu geraten. Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke, mit dem der Vorarlberger bisher eine gute Gesprächsbasis hatte, hat inzwischen wieder von Attacke auf Appelle zur Zusammenarbeit umgestellt. Im Politmatch "Verrückter Markt vs. rote Zocker" ist demnächst als Schiedsrichter der Chef der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, am Wort. Gemeinsam mit der Anwaltskanzlei Freshfields soll der "Anwalt der Republik" Mitte September das Ergebnis einer ersten Bewertung der Termingeschäfte der Wien Energie in den letzten drei Jahren präsentieren.

Auch bei der Wahl des Aufsichtsrates, den das Finanzministerium im Gegenzug für den Zwei-Milliarden-Kredit in das Rathaus-Unternehmen schickt, war Brunner auf seinen guten Ruf bedacht. Der ÖVP-Finanzminister schickt demonstrativ jemanden als Aufpasser, dem schwer Parteilichkeit nachgesagt werden kann - einen ausländischen Fachmann, den langjährigen Energie-Manager und Risk-Management-Experten Joachim Rumstadt.

Die weiteren Beiträge von Josef Votzi finden Sie im Thema "Politik Backstage von Josef Votzi"

Der Artikel ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 9. September 2022 entnommen.

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