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Ökonom Felbermayr: "Je früher wir uns mit Donald Trump arrangieren, desto besser"

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Gabriel Felbermayr - Wifo-Chef

©trend / Lukas Ilgner
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Wifo-Chef Gabriel Felbermayr über das neue Amerika, das mögliche Zurückdrehen von Joe Bidens Subventionsprogrammen und den Erfolg von Donald Trumps Reindustrialisierung.

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Ist es für die Welt eine schlechte Nachricht, dass sich das Trump-Team dieses Mal besser auf den Fall eines Wahlsiegs vorbereitet?

Gabriel Felbermayr

Nein. Chaos in der US-Administration ist jedenfalls schlecht. Aber auch der Rest der Welt wird besser vorbereitet sein. In den ersten vier Jahren Trump haben wir eine steile Lernkurve hinter uns gebracht. Wir haben gelernt: Er tut, was er angekündigt hat. Insofern sollten wir heute weniger naiv sein. Außerdem ist es immer besser, wenn man richtigere Erwartungen hat, auch wenn uns das, was wir erwarten, vielleicht nicht gefällt. Unsicherheit ist noch giftiger. Die von Trump angedrohten 25-prozentigen Importzölle auf Autos kamen zwar nie, trotzdem haben sie zu einer Verlagerung der Autofabriken geführt.

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Das tägliche Starren auf seine X-Posts ist nicht mehr notwendig, weil wir jetzt wissen, was wir bekommen?

Gabriel Felbermayr

Trump sagt in der aktuellen NATO-Debatte klar, was er will, nach dem Motto "Friss, Vogel, oder stirb!" Wir können uns jetzt überlegen, ob wir fressen oder sterben wollen, und müssen nicht jahrelang herumraten, woran wir mit ihm sind. Es ist jetzt klar, dass das Amerika, das er darstellt, keine Eintagsfliege ist, insofern sollten wir uns arrangieren. Je früher, desto besser.

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Wir sollten davon ausgehen, dass die angedrohten zehn Prozent Universalzoll auf alle Importe kommen, und mit ihm ein Abkommen schließen?

Gabriel Felbermayr

Das neue Amerika wird nicht mehr stramm transatlantisch und dem Multilateralismus verpflichtet sein. Wir sollten aus Europa heraus überlegen, wie wir mit den Amerikanern zu einem bilateralen Deal kommen. Denn es wird kein großes Freihandelsabkommen à la TTIP sein können, sondern ein oder mehrere Spartenabkommen, etwa für die Autoindustrie. Darin müsste es vor allem um Zölle gehen, worum es in TTIP nur am Rande ging. Trump ist ein Zoll-Typ. Wir haben ein Jahr Zeit, um uns darauf vorzubereiten. In der Wahlkampfphase für die EU-Wahlen sollte man die Argumente auf den Tisch legen.

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Sie skizzieren eben ein neues Welthandelssystem ohne Welthandelsorganisation WTO?

Gabriel Felbermayr

Es könnte mehrdem WTO-Vorläufer GATT ähneln. Mit Subsystemen: die transatlantische Community, die auf gemeinsamen Werten basiert. Länder mit staatskapitalistischen Systemen wie China und Opportunisten wie der Türkei oder Südafrika, die die zwei anderen Blöcke gegeneinander ausspielen wollen. Wir sollten nicht dauernd mit dem WTO-Recht wedeln, das ist scheinheilig. Biden hat übrigens zur Revitalisierung der WTO nichts getan.

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Um Trump entgegenzukommen, müsste die europäische Autolobby sich ebenso bewegen wie die Agrarlobby.

Gabriel Felbermayr

Das ist fast unmöglich. Das ist allerdings auf beiden Seiten vermintes Gelände.

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Erwarten Sie, dass große Biden-Programme wie der Chips Act oder der IRA wieder rückgängig gemacht werden?

Gabriel Felbermayr

Beim Chips Act, der massiv sicherheitspolitisch gefärbt ist, erwarte ich das überhaupt nicht. Da würde Trump womöglich sogar noch weitere Subventionen drauflegen. Der IRA wiederum ist ein Wachstumsbeschleunigungsprogramm, das seinem Namen zum Trotz die Inflation eher befeuert hat. Geld auszugeben, das man nicht hat, dafür ist Trump sicher zu haben. Was sicher in Frage steht, ist alles, was "grün" daherkommt, obwohl ja schon unter Trump die Kohleverfeuerung stark abgenommen und die E-Auto-Zulassungen zugenommen haben. Die Rhetorik eines Präsidenten Trump hat nichts mit jener Bidens gemein, aber seine Industriepolitik jede Menge. Die Einführung eines CO2-Preises oder ein Verbrennerverbot wird es aber unter Trump sicher nicht geben.

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Das US-Geschäft ist zuletzt für Österreichs Wirtschaft viel wichtiger geworden, die Investitionen sind sogar noch stärker gewachsen als die Exporte.

Gabriel Felbermayr

Diese Verlagerung ist ein Problem. Die Drohung mit den Autozöllen hat ja schon in der ersten Trump-Amtszeit dafür gesorgt, dass deutsche Autobauer mehr Fabriken in den USA errichtet haben. Und mit IRA werden solche Produktionen vor Ort zusätzlich gefördert.

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Seitdem Red Bull Werke in den USA errichtet hat, sinken die Getränkeexporte von Österreich nach Amerika.

Gabriel Felbermayr

Für Überschussländer wie Deutschland und Österreich ist das nicht gut. Es wäre besser für die heimische Wertschöpfung, wenn wir exportieren, als wenn heimische Unternehmen vor Ort exportieren.

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Trump hat mit seiner Reindustrialisierung Erfolg?

Gabriel Felbermayr

Ja. Aber sie bringt wenige Jobs. Die neuen Industrien sind nicht arbeitsintensiv. Es sind japanische und deutsche Roboter, die den Job machen. Neue Arbeitsplätze sind vor allem im Dienstleistungsbereich entstanden.

Das Interview ist aus trend.PREMIUM vom 23. Februar 2024.
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