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Ökonomen an Regierung: „Spart nicht an der Zukunft"

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Schulterschluss zwischen Wirtschaftsforschern und Wissenschaft: IHS, Wifo, FWF & Co. ziehen an einem Strang.

©FWF/Luiza Puiu
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In die laufenden Koalitionsverhandlungen mischen sich führende Wirtschaftsforscher und Wissenschaftsvertreter mit einer neuen Studie ein. Ihr Appell: Nicht bei der Grundlagenforschung sparen.

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„Wir sind das weltweit einzige Quantenarchitekturunternehmen", sagt Magdalena Hauser stolz. Sie ist gemeinsam mit Wolfgang Lechner CEO des Start-ups ParityQC. Entstanden ist das Spin-Off der Universität Innsbruck und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Anfang 2020 aus einem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF. „Wir sind profitabel", so Hauser, zuletzt ist sogar schon ein Auftrag des deutschen Verteidigungsministeriums eingetrudelt.

Hauser und Lechner sind Testimonials für den ökonomischen Nutzen von Grundlagenforschung, wie sie der FWF fördert. In einer neuen, erstmals in Österreich durchgeführten Studie im Auftrag des FWF kommen das Wifo, das IHS und Joanneum Research zum Schluss, dass sich dieser Art Forschung schneller lohnt als angenommen. Bei der Präsentation am Mittwoch war eine der „überraschenden Kernaussagen", so Studienautor Jürgen Janger, dass in vielen wirtschaftlich bereits erfolgreichen Firmengründungen der letzten Jahre FWF-Forschung steckt, und „dass sich sämtliche Investitionen über den FWF in kurzer Zeit für den Bundeshaushalt rentieren."

Laut Janger kehrt ein im Wettbewerb vergebener Forschungsförderungs-Euro schon nach einem Jahr 1,1-fach über Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen zurück in die Staatskassen. Überdies bringe ein solcher Euro im Schnitt zwei Euro für das Bruttoinlandsprodukt. Diese Werte lägen höher, als dies bei anderen staatlichen Investitionen der Fall ist, so die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher, die ihre Zahlen noch eher „an der Untergrenze" angesiedelt sehen. Der Fonds fördert pro Jahr Projekte im Volumen von 350 Millionen Euro.

Liebe Regierung! Ihr werdet sparen müssen. Aber bitte nicht dort, wo Zukunft gemacht wird!

Gabriel FelbermayrWifo-Chef

Der Zeitpunkt der Präsentation ist wohl nicht zufällig. Inwieweit das Kapitel Wissenschaftsförderung in den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos schon gestreift wurde, ist zwar nicht bekannt. Doch gewichtige Ökonomenbefunde zum Nutzen jener Forschungskategorien, die zunächst nicht auf ein praktisches Ziel ausgerichtet sind, sollen die Fördertöpfe der Zukunft absichern bzw. vergrößern. „Liebe Regierung!", appellierte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, „ihr werdet sparen müssen. Aber bitte nicht dort, wo Zukunft gemacht wird!". Während seiner Ansicht nach die angewandte Forschung für kleinere Innovationssprünge sorge, sei daneben die „weichenstellende, disruptive Forschung" für die großen Sprünge unverzichtbar.

Felbermayrs Wirtschatsforschungskollege Holger Bonin vom Institut für Höhere Studien (IHS) ergänzte, dass es viele exzellente Forschungsprojekte gebe, die nicht gefördert würden; etwa 80 Millionen Euro pro Jahr fehlten, so FWF-Präsident Christof Gattringer.

Felbermayr sieht in der Ablöse von alten durch neue Firmen auch eine Chance, um aus der derzeitigen strukturellen Krise der Wirtschaft zu kommen: „Viele erprobten Technologien wie der Verbrennermotor sind jetzt in Frage gestellt. Es braucht neue Unternehmen, die diese Lücken füllen."

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