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„Politik Backstage“: Warum dieser Dreier nie flott wurde

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Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger verkündete das Aus der Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos. 

©APA/MAX SLOVENCIK
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Warum Beate Meinl-Reisinger die Koalitionsreißleine zog. Wie weit die schwarz-rot-pinken Verhandler in Sachen Budgetsanierung tatsächlich schon waren. Mit welchen Steuerideen Andreas Babler Schwarz-Pink entgegenkommen wollte. Worauf Übergangskanzler Karl Nehammer nun setzt, um im Amt zu bleiben.

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Wenn Alexander Van der Bellen eine große Rede an die Nation vorbereitet, dann raucht nicht nur er, sondern auch viele andere Köpfe.

Bei der ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments am 24. Oktober war am Rande zu beobachten, wie bis kurz vor dem Aufnahmetermin für die ORF-Kameras am Text gefeilt wurde. Alexander Van der Bellen (VdB) hatte sich pflichtgemäß mit seiner Frau Doris Schmidauer unweit der Diplomatentribüne des Hohen Hauses eingefunden - als teilnehmender, aber stummer Beobachter des ersten Schlagabtauschs zwischen der neuen Nummer eins, Herbert Kickl, und den Wunschpartnern für eine Dreierkoalition.

Während VdB not very amused der Fortsetzung des Wahlkampfes mit anderen Mitteln lauschte, brütete Doris Schmidauer über einem mehrseitigen Manuskript. Es war die zwei Tage danach fällige Rede des Staatsoberhaupts zum österreichischen Nationalfeiertag.

Die Rede las sich wie ein Arbeitsauftrag an Karl Nehammer & Co. VdB hatte zwei Tage zuvor den amtierenden Kanzler nach einer Sondierungsrunde mit allen Parteien mit der Regierungsbildung beauftragt. Einer der Schlüsselsätze des Appells aus der Hofburg quer über den Ballhausplatz an den Hausherren im Bundeskanzleramt: „Die Probleme werden sich nicht von selber lösen. Es hilft nicht, wenn Politiker suggerieren, dass sich die Lebensbedingungen eh wieder bessern werden, wenn wir nur fest genug daran glauben. Es hilft auch nicht, wenn andere allzu einfache Lösungen versprechen, wenn man sie nur machen ließe (...) Und: Es gibt keinen schmerzfreien Weg, die Probleme zu lösen. (...) Wir müssen Neues wagen.“

Seit damals sind mehr als zwei Monate ins Land gezogen, in denen zwischen Schwarz, Rot und Pink erst weiter sondiert und seit nunmehr sechs Wochen auch offiziell eine neue Regierung verhandelt wurde.

Van der Bellens letzter Rettungsversuch

Was bislang an Ergebnissen vorlag, galt auch in der Hofburg nicht als der Durchbruch in Richtung „Nicht weiter wie bisher”. Vor allem in Sachen groß angekündigter Leuchtturmprojekte schaute es rund um den Jahreswechsel weiter ziemlich finster aus.

In seiner Neujahrsansprache legte Van der Bellen auch noch einmal öffentlich nach. Diese hörte sich wie eine Wunschvorlage und Inhaltsangabe für ein künftiges Regierungsprogramm an. „Wir brauchen ein gemeinsames Bild davon, wie unser Land aussehen soll“, proklamierte das Staatsoberhaupt am ersten Tag des Jahres 2025: „Was brauchen wir nicht mehr? Wie wecken wir Begeisterung? Wie bringen wir unser Land zum Erblühen?“

Duktus, Inhalt und Zeitpunkt der Rede waren vom Staatsoberhaupt sehr bewusst gewählt. VdB wusste aus den regelmäßigen Vieraugengesprächen mit Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger, dass die von allen Beteiligten theoretisch gewünschte Dreierkoalition nicht in die Gänge kommt. 

Mit einem nun auch öffentlichen Zuruf suchte das Staatsoberhaupt den Polit-Dreier last minute doch noch flott zu machen.

Scherbenhaufen am Ballhausplatz

Am dritten Tag des neuen Jahres stehen auf beiden Seiten des Ballhausplatzes nun alle Beteiligten statt vor einem couragierten Neustart vor einem riesigen Scherbenhaufen.

Die Neos steigen aus dem Koalitionskarussell, das nicht und nicht Fahrt aufnehmen wollte, mit einem medialen Paukenschlag aus. In einer Pressekonferenz begründete Parteichefin Beate Meinl-Reisinger mit gewohnter Verve, warum die Pinken sich nun doch nicht auf ein Regierungsbündnis mit Schwarz und Rot einlassen wollen. 

Sie holte dabei sehr weit aus: Die gesamte Welt sei „2025 alles andere als gewöhnlich. Das gilt auch für die Politik in Österreich.“ Die Wahl am 29. September habe zwei Wahlsieger gebracht: Die FPÖ und mit einem kleinen Plus auch die Neos. Vor allem aber den Wunsch nach Veränderung und einem „Kein weiter wie bisher”. Stattdessen sei am Verhandlungstisch mit jedem Tag mehr ein „Weiter wie immer” sichtbar geworden.

Das fatale Kuchen-Gleichnis

Ein Neos-Mann erinnert sich an eine Schlüsselszene bei einer Verhandlungsrunde der drei Generalsekretäre von Schwarz, Rot und Pink vor rund zwei Wochen in Sachen Budgetkonsolidierung. Am Tisch liegt die Frage: Was tun, wenn die Konjunktur in den kommenden fünf Jahren derart anzieht, dass das Wachstum mehr Geld als erwartet in die Staatskassen spült und die Spardaumenschrauben gelockert werden können? 

Vorschlag der Neos: Dann soll dieser unerwartete Geldregen umgehend als Steuerentlastung an die Bürger verteilt werden. 

Die SPÖ-Unterhändler bringen erst ins Spiel, unverhoffte neue Budgetmilliarden in die Verbesserung des Gesundheitssystems zu stecken. Als die pinken Gegenüber auf ihrem Steuerentlastungsvorschlag beharren, erwidert ein SPÖ-Mann: Ok, dann wird der neue Geldkuchen entsprechend unserer Parteistärke durch drei geteilt und jeder kann damit machen was er will. „Wem ihr das gebt, das ist uns wurscht.“

In dem Augenblick sei im Lager der Neos just an diesem kleinen Beispiel schlagartig klar geworden, dass „Kein Weiter wie bisher” über ein Lippenbekenntnis nicht hinausgehen würde. Statt den Fokus auf gemeinsame Regierungsprojekte zu legen, gehe es den Großkoalitionären  von gestern auch morgen weiter um Klientelpolitik.

Nach-Silvester-Knaller nicht aus heiterem Himmel

Der späte Silvesterknaller am 3. Jänner kam nicht aus heiterem Himmel. Neos-Unterhändler ließen schon in den vergangenen zwei Wochen immer wieder sickern, dass in Sachen Reformen zu wenig weitergeht: Vor allem bei Pensionen, Gesundheit, Föderalismus, Entpolitisierung des ORF sowie einer Ausgabenbremse bei der Parteienförderung und den Ministerieninseraten.   

Als sich am zweiten Neujahrstag die Parteichefs neuerlich treffen, um den gordischen Budgetknoten endlich zu durchschlagen, lässt ein pinker Unterhändler im Vorfeld wissen: „Das ist heute ein Treffen, in dem es um ‘make or break’ geht”.

Ein Team in der Neos-Parteizentrale am Wiener Heumarkt war schon vor dem Jahreswechsel daran, für den „Break”-Fall strategisch und kommunikativ zu rüsten. Die Absage von Beate Meinl-Reisinger (BMR)  an eine Dreierkoalition wirkte daher alles andere als improvisiert oder spontan, sondern wie aus einem Guss. 

Alle politischen und kommunikativen Fallgruben und offenen Flanken wurden vorsorglich angesprochen. Um dem Vorwurf zu begegnen, naiv zu sein und zu viel zu wollen, ließ BMR wissen: Es habe von ihr kein striktes Nein zu einnahmenseitigen Budgetmaßnahmen gegeben. Sie habe diese Haltung auch nach innen hin massiv damit verteidigt, „dass wir keine Neos-Alleinregierung” verhandeln. 

Dem Vorwurf, die Neos würden mit ihrem Koalitions-Nein Herbert Kickl endgültig den rot-weiß-roten Teppich ins Kanzleramt legen, begegnete sie sowohl mit einer Brandrede gegen den „Populismus, der keine Lösung hat” als auch mit dem Angebot an ÖVP und SPÖ, alle bereits ausverhandelten gemeinsamen Projekte etwa im Bildungsbereich weiterhin mitzutragen und im Parlament auch zu unterstützen.

Der gescheiterte Pensionsalter-Deal

Einen der zentralen Knackpunkte sprach die Neos-Chefin nur abstrakt an: Das Scheitern einer Einigung in Sachen Pensionen.

Die Neos hatten hinter den Kulissen konkret folgenden Vorschlag deponiert: Wenn Anreize und Maßnahmen, das faktische Pensionsalter etwa bis 2026 auf 63,5 Jahre zu erhöhen, nicht greifen, dann ist durch den Gesetzgeber auch das gesetzliche Pensionsalter bis auf 67 Jahre zu erhöhen. Das sollte nicht nur die Ernsthaftigkeit des politischen Anliegens unterstreichen, sondern auch den Budgetaufwand zur Finanzierung der Renten zurück ins Lot bringen. Am Verhandlungstisch gab es dafür seitens der SPÖ nicht nur ein striktes Njet. Im Nachhinein gibt es auch noch gallige Kommentare. „Die Neos sind beim Pensionsthema unbelehrbare Dogmatiker. Wenn man sich den jüngsten Bericht der Alterssicherungskommission anschaut, dann ist der Aufwand für die Pensionen bezogen auf das BIP in den kommenden zehn Jahren Pipifax, über den es sich nicht zu reden lohnt”, proklamiert ein SPÖ-Budgetverhandler.

Dabei hatten sich Neos und die ÖVP schon weitgehend erfolgreich darauf verständigt, in diesem Reformmodell ihrerseits Abstriche in Sachen Entlastungsmaßnahmen für die Wirtschaft zu machen.

ÖVP-Etappenplan: Entlastung der Lohnkosten um sechs Milliarden via Pensionsreform

Denn in Sachen Lohnnebenkosten-Senkung wurde lange das Vorhaben bebrütet, wie sich die riesige Summe von jährlich sechs Milliarden für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) nicht mehr von den Unternehmen (als Lohnnebenkosten) berappen ließe. Die bereits weitgehend akkordierte Idee: Klassische FLAF-Sozialleistungen wie Familienbeihilfe, Kinderbetreuungs- und Karenzgeld sowie Fahrten- und Schulbücher-Beihilfen sollten künftig vom Staat bestritten werden. Das hätte allerdings die Gegenfinanzierungsfrage beim bereits bestehenden Budget-Einsparbedarf verschärft. 

Da aus Sicht aller Verhandler ein 6-Milliarden-Betrag im kommenden Zwei-Jahresbudget nicht zusätzlich zu stemmen ist, galt zuletzt ein Etappenplan als Stein der Weisen: Eine Lohnnebenkosten-Senkung gespeist aus Reformvorhaben, deren Ertrag nicht kurzfristig zu heben ist. „Wenn wir jetzt damit beginnen, die Weichen bei den Pensionen durch Anhebung des Antrittsalters und bei den Förderungen durch Durchforstung von Mehrfachleistungen neu zu stellen, so kann damit eine Lohnnebenkosten-Senkung ab 2028 ohne budgetäre Mehrbelastung finanziert werden.“ 

Ein Neos-Mann resümiert ernüchtert: „Hier gab es erst einen gemeinsamen Schritt vorwärts und dann plötzlich zwei Schritte zurück.“

SPÖ-Steuerplan: Flächendeckende LKW-Maut und Grundvermögenssteuer

Ein SPÖ-Mann kontert: „Eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters ist mit uns auch angesichts der Wirtschaftslage nicht machbar. Wir haben daher bis zuletzt andere Vorschläge auf den Tisch gelegt, um die von ÖVP und Neos gewünschte Entlastung der Wirtschaft zu finanzieren.“

Der Chef der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter:innen und Bau-Holz-Boss Beppo Muchitsch schlug etwa eine flächendeckende LKW-Maut als neue Einnahmequelle vor. „Wir waren extrem pragmatisch und sind von unseren klassischen Vermögenssteuervorschlägen im Interesse einer Lösung längst abgerückt”, sagt ein Spitzen-Genosse. Statt dessen wurde seitens der SPÖ eine Sondersteuer für Banken und Energiekonzerne sowie eine Grundvermögenssteuer ins Spiel gebracht. „Damit würde kein einziger Häuslbauer belastet”, so der SPÖ-Budgetexperte.

Erste Sparpläne stehen - fallen sie nun?

Was machen Schwarz und Rot nun mit Vorschlägen wie diesen und vielen anderen Vorhaben, die bereits weitgehend konsensreif am Verhandlungstisch liegen?

Denn mit der Pflicht waren die drei Leider-Nein-Koalitionäre schon weitgehend durch. Um das ob milliardenschwerer Corona-, Energiekosten- und Anti-Teuerungshilfen angehäufte Budgetdefizit abzubauen, hatten sich Nehammer, Babler und BMR für die seitens der EU längstmögliche siebenjährige Sanierungsphase entschieden. Bei der Konsolidierungspflicht orientierten sich die Koalitionsverhandler weitgehend am Menüplan, den sowohl Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt als auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr unaufgefordert auf den Tisch der Republik gelegt hatten.

Felbermayrs Budgetsanierungstipps fanden breit Wohlgefallen

Von der Spar-Menükarte des Fiskalrats fand vor allem ein Rezept bei der SPÖ besonderen Wohlgefallen: Die Rücknahme der Senkung der Unternehmens-Gewinnsteuer (Köst) von 25 auf 23 Prozent (Spareffekt bis einer Milliarde Euro).

Von allen drei Verhandlern freundlich beäugt waren auch jene handfesten Vorschläge worden, die Gabriel Felbermayr jüngst im trend deponiert hat: Die Abschaffung oder Einschränkung des Klimabonus mit einem Spareffekt bis zu zwei Milliarden Euro, und eine Erhöhung der Sozialleistungen, der Gehälter im öffentlichen Dienst und der Pensionen unter der jeweiligen Inflationsrate. Orientierungswert: ein Prozentpunkt.

Vom Tisch war hingegen bereits ein Vorschlag, der von der ÖVP massiv ins Spiel gebracht wurde: Eine Erhöhung des 20-prozentigen Mehrwertsteuersatzes um ein bis zwei Prozentpunkte. Das hätte pro Prozentpunkt zwar rund 1,7 Milliarden mehr in die klamme Staatskasse gespült, hätte aber aus Sicht der SPÖ-Verhandler den maximalen politischen Rückstoßeffekt bei der eigenen, schrumpfenden Klientel gehabt. 

Pinkes Ärgernis: Abtausch wie in großkoalitionären Tagen

Ein Verhandlungsmuster stieß dabei den Pinken besonders sauer auf. Wie in großkoalitionären Tagen begann sich auch bei der Schrumpfversion von Schwarz-Rot-Plus durchzusetzen: Jeder Spar- und Belastungsschmerz auf der einen Seite muss auf der anderen, ähnlich schmerzhaft dosiert, kompensiert werden.

Sprich: Kommt - wie zuletzt wahrscheinlich - eine Sonderabgabe für Energiekonzern- und Bankengewinne, dann lässt sich auch eine Erhöhung der „Sündensteuern” auf Alkohol, Tabak und Zucker leichter politisch verdauen. 

Total offen und größter Zankapfel zwischen ÖVP, SPÖ und Pink neben der Konsolidierungspflicht war die Offensivkür.

Vier Milliarden jährlich weiter verzweifelt gesucht

„Wir brauchen für Verbesserungen in der Bildung wie mehr Deutschförderklassen und in der Gesundheitspolitik etwa für kürzere Wartezeiten sowie zur  Konjunkturbelebung zusätzlich zwischen drei und vier Milliarden jährlich”, sagt ein roter Spitzenverhandler.

Nimmt man den SPÖ-Wunschzettel als Maßstab, dann muss die künftige Koalition den aus Sicht der EU notwendigen Sparbedarf zweimal stemmen: Einmal, um keine Strafzahlungen zu riskieren. Ein zweites Mal den gleichen Betrag, um die Konjunktur anzukurbeln und ein paar Dauerbaustellen der Republik so darzustellen, dass sie - ob des unerwarteten Kontrasts - als Leuchttürme durchgehen könnten.

In Sachen mehr Deutschförderung, einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr und einem Integrationsjahr gab es so zwar schon grünes Licht von allen drei Seiten - allerdings wie bei den meisten Kür-Projekten mit weiter aufrechtem Finanzvorbehalt.

ÖVP: Zumindest eine Milliarde als neuer Investitionsfreibetrag für Unternehmen

In Sachen Rezession und Konjunkturflaute war aus Sicht aller Lager aber derart Feuer am Dach, dass Investitionsanreize keinen Aufschub dulden. Eine Wiederbelebung der Investitionsprämie würde vier Milliarden kosten und sei daher unrealistisch, sagt ein ÖVP-Wirtschaftsmann. Er plädiert für einen Invest-Freibetrag. Ideal wäre für die ÖVP-Seite ein Volumen von zwei Milliarden, die Unterkante liege bei der Hälfte: „Unter einer Milliarde brauchst Du damit gar nicht anzufangen, wenn Du eine Wirkung erzielen willst”.

Und: „Ohne eine Senkung der Lohnnebenkosten und einem Investitionsanreiz wird der Harald Mahrer nicht vom Verhandlungstisch aufstehen können”, sagt ein ÖVP-Wirtschaftsmann - auch in Hinblick auf die bald fälligen Kammerwahlen, die der ÖVP-Wirtschaftsbund-Obmann und Wirtschaftskammer-Chef im März zu schlagen hat.

SPÖ: „Von der ÖVP kommt statt Ideen nur ein Nein”

„Von der ÖVP kommen die wenigsten Ideen, dafür aber wie das Amen im Gebet ein Nein, wenn es um ihre Klientel wie Bauern und Unternehmen geht”, klagt ein SPÖ-Unterhändler. „Von Nehammer kommt auch der stärkste Druck, möglichst rasch fertig zu werden.”

Eine der dafür im Regierungsviertel gängigsten Erklärungen: Mit jedem ergebnisarmen Verhandlungstag mehr gewinnen jene Skeptiker und Gegner der Dreierkoalition in der ÖVP an Boden, die nach wie vor lieber ein Koalitionscomeback mit der FPÖ feiern würden.

Mit dem Ausstieg der Neos ist nicht nur der Traum Nehammers vom Start der Dreierkoalition symbolträchtig am Dreikönigstag geplatzt. Nachdem nun weitere mühselige Verhandlungswochen ohne rot-weiß-roten Rauch ins Land zu ziehen drohen, werden die Anhänger von Blau-Schwarz in  der ÖVP noch mehr Morgenluft wittern.

Nehammers Fussi-Phantasien

Die politische Entlastungsoffensive zu der ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker wenige Stunden nach dem pinken Post-Silvester-Knaller ausritt, hat aber mehr von politischer Phantasterei als sie von einer realistischen Strategie zeugt. Stocker erklärte umgehend Andreas Babler zum Sündenbock für die Flucht der Pinken zurück auf die Oppositionsbank.

In Nehammer-Kreisen setzt man aber neuerlich darauf, doch noch einen schwarz-roten Pakt ohne Babler unter Dach und Fach zu bringen. 

Das schwarze Planspiel geht so: Rudi Fussi könnte es nun tatsächlich gelingen, einen SPÖ-Parteitag mit einer Neuwahl des Parteichefs zu erzwingen. Um sich eine neuerliche wochenlange rote Schlammschlacht zu ersparen, würden schlussendlich die roten Granden einen für alle Lager akzeptablen Babler-Ersatz à la Christian Kern aus dem Hut ziehen. Und so doch noch den Weg für ein schwarz-rotes Kabinett ohne Klassenkampf-Begleitband aus Traiskirchen frei machen.

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