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Regierungsprogramm: „Das werden harte Jahre“

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Die Parteichefs von SPÖ, ÖVP und Neos präsentierten heute das Regierungs- und Sparprogramm.

©APA/HANS KLAUS TECHT
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ÖVP, SPÖ und Neos haben das künftige Regierungsprogramm präsentiert. trend analysiert, wie die Dreier-Koalition das Budget sanieren will und was für den Wirtschaftsstandort geplant ist.

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„Jetzt das Richtige tun. Für Österreich“ - unter dieser Überschrift steht das 211 Seiten starke Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und Neos. 33 Seiten davon werden den Themen Wirtschaft und Infrastruktur gewidmet. Die entsprechenden Pläne stehen jedoch unter Budgetvorbehalt.

Als gemeinsames Ziel wird zu Beginn im Programm festgehalten, ein EU-Defitzitverfahren verhindern zu wollen. Wie Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger klarstellte: „Wir sind ehrlich, das werden harte Jahre werden."

Eingespart werden sollen 2025 6,3 Milliarden Euro und 2026 8,7 Milliarden Euro. Ausgabenseitig soll das beispielsweise durch eine Neuaufstellung von Förderungen und Einsparungen in der Verwaltung geschehen. Einnahmenseitig soll unter anderem eine Abgabe für Banken und Energieunternehmen eingeführt werden. Durch den „Energiekrisenbeitrag Strom und Fossile Energie“ sollen 2025 Einnahmen von 200 Millionen Euro generiert werden. Die Bankenabgabe soll 2025 und 2026 rund 500 Millionen Euro einbringen.

Noch heuer soll alleine das Glücksspiel 50 Mio. Euro Mehreinnahmen bringen. Im Jahr danach sollen es 129 Millionen Euro werden, 2027 dann 150 und 2028 sowie 2029 je rund 200 Millionen Euro. 2030 geht es um 220 Mio. Euro, 2031 schließlich um 240 Mio. Euro.

Darüber hinaus soll es etwa zu einer Widmungsabgabe, zu einem Lückenschluss bei der Grunderwerbssteuer, zu einer Ausweitung der motorbezogenen Versicherungssteuer und einer Anhebung der Tabaksteuer (inklusive Ausweitung auf E-Zigaretten) kommen. Abgeschafft wird der Klimabonus, die Umsatzsteuerbefreiung für PV-Anlagen und die Bildungskarenz in der derzeitigen Ausgestaltung.

Zusätzlich soll eine geplante Pensionsreform und ein Älterenbeschäftigungspaket einen Konsolidierungsbeitrag von fast drei Milliarden Euro bis 2031 erbringen. Der Zugang zur klassischen Frühpension soll erschwert werden, bei der Pensionsanpassung soll es im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt eine Aliquotierung von 50 Prozent geben und eine Teilpension wird eingeführt, die Arbeiten bis ins höhere Alter ermöglichen soll.

Industriestrategie

Die angestrebte Standortvision soll unter Einbindung der Sozialpartner ab Ende 2025 industrielle Schwerpunkte und eine langfristige Priorisierung von Maßnahmen enthalten. „Investitionen in Infrastruktur und Zukunftstechnologien müssen dabei gezielt abgestimmt werden, insbesondere auch vor dem Hintergrund aktueller geopolitischen Entwicklungen“, schreiben Schwarz, Rot und Pink. Die internationale Positionierung wollen die Parteien unter anderem durch ein aktives Mitwirken der Regierung bei der Weiterentwicklung des europäischen Binnenmarkt stärken. Dabei gehe es vor allem um die Energie- und Kapitalmarktunion.

Die Industriestrategie soll helfen, die KMU-Landschaft zu stärken, seien die Klein- und Mittelbetriebe doch besonders bedeutend und liefern oft der Industrie zu. Es gehe um eine Stärkung der Zusammenarbeit. Die Energiepreise sollen möglichst rasch „auf ein wettbewerbsfähiges und planbares Niveau“ sinken.

Angekündigt ist die Durchführung eines Benchmarkings, um Bereiche zu identifizieren, in denen der Staat Unternehmen effizienter unterstützt, etwa durch Infrastruktur, Finanzierungen, Bürokratieabbau, digitale Verwaltungsprozesse und schnellere Genehmigungsverfahren. Der Forschungs- und Produktionsstandort sollen „zusammen gedacht“ werden.

Bürokratieabbau

Berichtspflichten für Unternehmen sollen „spürbar reduziert“ werden, heißt es in dem Dokument. Mit Sepp Schellhorn von den Neos soll ein eigens eingesetzter Staatssekretär für Deregulierung Anlaufstelle „für Vorschläge zur Entbürokratisierung“ werden und Doppelgleisigkeiten überprüfen. Wie der trend berichtet, ist Schellhorn seit Jahren ein lauter Kämpfer gegen die überbordende Bürokratie.

Im Einzelhandel soll es zu einer Liberalisierung kommen: „Unter der Beibehaltung von Betrugssicherheit und Erhalt aller Umsätze in der Registrierkasse („Verkettung“) wird die Belegausstellungspflicht bis 35 Euro abgeschafft („Ausdruck“) und darüber hinaus als Alternative ein digitaler Beleg eingeführt.“ Verbraucher:innen sollen auf Wunsch aber einen gedruckten Beleg erhalten. Beim Wirtschaftsbund zeigt man sich erfreut über die Maßnahme. Eine limitierte Liberalisierung soll es auch bei den Ladenöffnungszeiten geben.

Unternehmensgründungen sollen durch die Digitalisierung vereinfacht werden. Beim Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) wird die Gewerbeanmeldung ausgebaut.

Ein österreichischer Dachfonds soll es Start-ups auch erleichtern, an nationales und internationales Kapital zu kommen.

Die „qualitative Zuwanderung“ soll durch eine Änderung des Einwanderungsrechts erhöht werden. Geplant sind eine Beschleunigung, Digitalisierung sowie mehr Flexibilität bei der Rot-Weiß-Rot-Karte. Die RWR-Karte gibt es für Arbeitnehmer von außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes. Weiters soll die Anerkennung von Bildungsabschlüssen vereinfacht und vereinheitlicht werden und die Verlässlichkeit und Verbindlichkeit erhöht werden.

Zur Sicherung des Standortes sollen künftig weiters verstärkt „budgetschonende Instrumente zur Unterstützung unternehmerischen Wachstums“ eingesetzt werden. Um der Wirtschaft mit garantierten Energiepreisen mehr Sicherheit zu geben, sollen sogenannte „Power-to-Purchase Modelle“ attraktiver werden. Gleichzeitig soll die Investitionskontrolle ausgebaut werden. In Zukunft soll demnach auch in den Bereichen Medien und Gesundheit schon ab einem zehnprozentigen Anteilserwerb durch Akteure aus Drittstaaten eine Prüfung möglich sein.

Steuererleichterung für Unternehmen und Selbstständige

Steuerliche Erleichterung plant die Dreierkoalition vor allem für Unternehmen und Selbstständige. So sollen der Gewinnfreibetrag und die Basispauschalierung für Gewerbetreibende und Freiberufler:innen angehoben werden, ebenso wie die Betragsgrenze für die steuerliche Abschreibung von Firmenautos. Klein-Lkw sollen von der NoVA befreit werden. Für Arbeitnehmer:innen sind steuerliche Begünstigungen für Überstunden bzw. Zuschläge sowie für Weihnachts- und Urlaubsgeld geplant, eine steuerfreie Mitarbeiter-Prämie soll eingeführt werden.

Die Senkung der Lohnnebenkosten soll bis zur Mitte der Regierungsperiode kommen, allerdings abhängig von der konjunkturellen und budgetären Entwicklung. Konkret gesenkt werden sollen die Beiträge für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), die Leistungen sollen stattdessen aus dem Budget bezahlt werden.

ÖBAG

Die Staatsholding ÖBAG, die die öffentlichen Anteile an gewichtigen Unternehmen wie OMV, Post, Telekom, Verbund & Co. hält, „wird als industriepolitischer Backbone proaktiv eingesetzt und deren Beteiligungsmanagement in die von der Bundesregierung mit den Sozialpartnern zu erarbeitende Industrie- und Standortstrategie einbezogen“. Ob die Staatsholding weiter beim Finanzministerium ressortiert, bleibt im Regierungsprogramm offen.

Der Transformationsfonds soll seine Mittelvergabe künftig effizienter gestalten und besser abstimmen. Es soll mehr in Richtung Garantien, Haftungen, Nachrangdarlehen und „gegebenenfalls Beteiligungen“ gehen. Die Forschungsprämie soll bleiben. Die Forschungsquote soll mittelfristig auf über vier Prozent steigen.

Wirtschaftsministerium wird schwarz, Finanzministerium wird rot

Das nunmehrige Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus fällt der Volkspartei zu und wird mit dem Wirtschaftskammer-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer besetzt. oecolution-Chefin Elisabeth Zehetner wird Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium.

Das Finanzministerium bekommt die SPÖ. Der Ökonom Markus Marterbauer soll laut APA von SPÖ-Kreisen als fix bestätig worden sein. Staatssekretärin im roten Finanzministerium wird die steirische Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl von der ÖVP.

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