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Roter Zauberlehrling Babler; Kurz’ Hängepartie vor Gericht [Politik Backstage]

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SPÖ-Parteichef Andreas Babler

SPÖ-Parteichef Andreas Babler

©APA/ROLAND SCHLAGER
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In der SPÖ geht ein Gespenst um: Andreas Babler wird die linkspopulistischen Geister nicht mehr los, die den Außenseiter in den Sessel des Parteichefs hievten. Und: Warum der für Mitte November geplante Showdown zwischen Sebastian Kurz und Thomas Schmid jetzt platzt.

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Andreas Babler ließ gleich danach via X (vormals Twitter) wissen: “Heute morgen beim Gedankenaustausch zu verschiedenen politischen Themen mit Altkanzler Franz Vranitzky. Vielen Dank für das gute Gespräch!”

Die Nachricht ist mit einem Foto aus der Kreisky- Villa in der Wiener Armbrustergasse illustriert, das Babler gemeinsam mit dem SPÖ-Langzeit-Kanzler und Chef des Kreisky-Forums an einem nüchternen Besprechungstisch sitzend zeigt. Babler strahlt zufrieden lächelnd ob der Audienz bei der letzten roten Autorität. Dass Franz Vranitzky auf dem Bild sehr ernst und ins Leere blickt  könnte unglücklicher Zufall eines schnellen Schnappschusses sein.

Folgenloses Treffen Vranitzky-Babler

Rote Auguren berichten freilich, die kühle Optik entsprach der Stimmung: Der ehemalige “Kanzler im Nadelstreif” soll vom Treffen mit dem SPÖ-Chef, der die geballte Faust als seine Trademark wählte, alles andere als amused gewesen sein.

Das Treffen des ungleichen roten Duos ging bereits Anfang Juli über die Bühne, der holprige Verlauf wird in roten Spitzenkreisen, die nicht zum kleinen und engen Kreis rund um Andreas Babler gehören, bis heute als hot news gehandelt. Bestätigt sich für diese doch dieser Tage: Der Neue an der Parteispitze konnte mit Franz Vranitzkys Expertise in Sachen Wirtschaftspolitik beim Treffen in der Kreisky-Villa nachhaltig nichts anfangen. Denn Bablers jüngster politischer Vorstoß, für einen “Masterplan gegen die Teuerung” am SPÖ-Parteitag Ende kommender Woche, erzeugt bei roten Wirtschaftsgranden massives Stirnrunzeln und Kopfschütteln.

SP-Granden: Bablers “Masterplan”, Inflation bei 2 % einfrieren, "kein Geniestreich"

Babler will die Bekämpfung der Inflation verfassungsrechtlich verankern:  Sobald die Teuerung etwa bei Lebensmitteln, Mieten und Energie mehr als zwei Prozent ausmache, solle künftige Regierungen zu Maßnahmen verpflichtet werden. Hätte Babler das Sagen, ließ er wissen, würde er aktuell folgende Maßnahmen setzen: Einfrieren der Mieten bis Ende 2025, Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und eine Regulierung des Energiemarktes.
Selbst ein sehr verbindlicher Parteifreund wie der langjährige Spitzenmanager Max Kothbauer ließ ob der jüngsten Anti-Teuerungs-Offensive Bablers in einer Mischung aus seufzender Sorge und freundlicher Handreichung jüngst via X (vormals Twitter) wissen: ”O je, das kann nicht gut gehen. Macht es uns alten Genossen und Freunden doch nicht so schwer. Viele von uns verstehen was von Wirtschaft. Wir reden gerne.”

Der ehemalige Kabinettschef von Franz Vranitzky, nachmalige Spitzenmanager in der Creditanstalt-Bankverein sowie Chef der Postsparkasse und zuletzt Vizepräsident in der Österreichischen Nationalbank ventilierte öffentlich das, was immer mehr Genossen abseits der SPÖ-Zentrale umtreibt.

Bablers Pannen-Register

“Das war kein Geniestreich”, sagt ein amtierende roter Spitzenfunktionär unter vier Augen, “Aber im Fall von Babler gilt offenbar das Gesetz der Serie: Wenn es einmal schief laft, dann laft’s.”
In der Tat: Für den Super-Gau bei der Stimmen-Auszählung am Parteitag sind ganz andere verantwortlich. Er hängt dem wahren Sieger  aber bis heute nach.  Das hat Andreas Babler nicht nur um das Momentum des Triumphes nach der Kampfabstimmung Anfang Juni gebracht. Es hat auch den Frust seiner parteiinternen Widersacher rund um den 48-Stunden-SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil auf die Spitze getrieben. Bablers Aschenputtel-Plot - der hoffnungslose Außenseiter wird zum Auserwählten - zeigte nur kurz Wirkung. Nach ein paar Wochen neugierigen  Beschnupperns durch Medien und Mitbewerber, erscheinen die  Vorschuss-Lorbeeren verwelkt. Von Bablers neuer Sprache, sagen Kritiker,  sind nur die ewig gleichen Stehsätze geblieben (“Wir sind keine Bittstellerinnen und Bittsteller). 

Als zentrales politisches  Projekt wird in immer neuen Verkaufsvarianten allein die  “Millionärsteuer” propagiert. Auch rote Kritiker anerkennen, dass es Babler mit seiner Populismus-Offensive von links eine Zeitlang erfolgreich gelungen ist, der türkis-grünen Regierung und den anderen Oppositionsparteien in Sachen Themenführerschaft Konkurrenz zu machen. 

Inzwischen, sagt ein SPÖ-Kenner, "ist die Stimmung in der SPÖ ist wieder so wie sie vor Bablers Amtsübernahme war: Durchwachsen.” 

Rote Populismus-Offensive in die Sackgasse

Der “Zauber des Anfangs” ist weitgehend dahin, monieren immer mehr Genosssen.

Der rote Parteichef wird in- und außerhalb der Partei zunehmend als “Zauberlehrling” gesehen: Als einer, der die linkspopulistischen Geister, die er rief, nicht mehr los wird.

Statt mit der  Forderung nach Mieten- und Inflationsstopp via Verfassungs-Paragraphen als Prunkstück in den SPÖ-Leitanträgen zu punkten, erntet Babler auch in der eigenen Partei dafür Skepsis und Häme.

“Von außen angreifen ist halt leichter als selber Parteiobmann zu sein”, resümiert ein roter Abgeordneter. Dem Neuen an der Partei- und Klubspitze ist es offenbar bisher nicht ausreichend gelungen, auch zwischen den verfeindeten Lagern stehende Funktionäre an seine Seite zu ziehen.

Auch langjährige Parlamentsabgeordnete rätseln ein halbes Jahr nachdem sie Babler zum Vorsitzenden des gemeinsamen Klub der Nationalrats-, Bundesrats- und Europaabgeordneten  gewählt haben,wie ihr neuer Chef die politische Arbeit mittelfristig ausrichten will.

Kommt dritter Anti-ÖVP-U-Ausschuss mithilfe - und zugunsten - der Blauen?

Bislang sichtbar wurde: Die Klubspitze reagiert kurzfristig schneller auf aktuelle Ereignisse. Vor allem mit Sondersitzungen und - populistisch zugespitzten wenn auch  faktisch wirkungslosen - Misstrauensanträgen gegen einzelne Minister oder die ganze Regierung.

Ein ob des strammen Oppositionskurses skeptischer Roter gibt unter vier Augen zu Bedenken: “Politisch profitiert haben von diesem Kurs der Fundamental-Opposition bisher nur die Blauen.” 

Bis zuletzt offen war so, ob sich Rot neuerlich mit den verfemten Blauen zur Einsetzung eines Untersuchungsausschuss in Sachen freihändiger Vergabe der millionenschweren Cofag-Förderungen findet. Eine letzte realistische Chance, einen Neuen U-Ausschuss  zeitgerecht vor der nächsten Wahl zu Leben zu erwecken, bieten die nächsten Plenumstage in der dritten Novemberwoche.

Ein erfahrener Mandatar meint: “Wenn die FPÖ bei den finalen Verhandlungen nicht überzieht, stehen alle Signale auf: Der nächste ÖVP-Korruptionsausschuss kommt.”

Ein Cofag-U-Ausschuss wäre damit der dritte Untersuchungs-Ausschuss, der die Regierungsgeschäfte von Türkis unter die Lupe nimmt.

Thomas Schmid hat im November “keine Zeit” für die Justiz

Der Vorwurf der falschen Zeugenaussage gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und seinen Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli im ersten U-Ausschuss in Sachen ÖVP, dem “Ibiza-Ausschuss”, beschäftigt nach einem langem juristischem Vorspiel seit kurzem endgültig auch einen Strafrichter. Nach den drei Starttagen vor Gericht war nun für Mitte November der Hauptbelastungszeuge und Anwärter auf den Kronzeugenstatus, Thomas Schmid, geladen. Dieser Showdown um die Glaubwürdigkeit zwischen Kurz und Schmid ist prozessentscheidend und war daher von allen Seiten mit Hochspannung erwartet worden.

Zwei Wochen vor dem Highnoon-Termin heißt es nun plötzlich: Sorry, vertagt. Denn Schmid ließ das Gericht wissen, dass es ihm unmöglich sei, im November vor Gericht zu erscheinen. Der Richter will den nächsten Verhandlungstag am 17. November dennoch nicht komplett stornieren, sondern die Ladung anderer, weniger schwergewichtiger Zeugen auf diesen Tag vorziehen. 

Ein von Seiten der Anwälte angestrebtes Urteil in der Causa Kurz noch vor Weihnachten dürfte aber so wohl ein frommer Wunsch bleiben. 

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