Die Smartmeter könnten live Viertelstundenwerte von Verbrauch und Einspeisung übermitteln. Wenn man sie lässt.
©MICHAEL BUHOLZER / KEYSTONE / PICTUREDESK.COMProbleme bei der Datenübertragung machen den Nutzen der Smartmeter fast zunichte, warnen E-Control und Rechnungshof. Das teure Rollout soll heuer abgeschlossen werden.
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Bis Ende 2024 müssen die Stromnetzbetreiber in jedem Haushalt ein intelligenter Stromzähler installiert haben. Das geht sich aus, schätzt die Regulierungsbehörde E-Control in ihrem demnächst erscheinenden Bericht zum Rollout. Gleichzeitig warnt allerdings Vorstand Alfons Haber, dass das System mit den künftigen Datenmengen nicht zurecht kommen wird: „In Summe haben wir zwar ein Problem gelöst aber die Baustelle zu der Datenübertragung verschoben - und die muss zeitnah repariert werden.“
Bei 6,6 Millionen Zählpunkten in Österreich wird die vorgeschrieben Einbaurate von 95 Prozent heuer tatsächlich erreicht, so erste Zahlen der E-Control. Doch nur 85 Prozent sind online innerhalb zwölf Stunden erreichbar, nur elf Prozent liefern tatsächlich Viertelstundenwerte und nur acht Prozent übermitteln diese auch an den Stromnetzbetreiber, damit der damit weiterarbeiten kann - und das einen Tag später.
Damit wird zwar die gesetzliche Vorgabe (aus dem Jahr 2011) erfüllt, für neue Live-Anwendungen der Verbraucher in großem Maßstab, vom Laden des Elektroautos nach Börsenkurs, bis zum Teilen des Stromertrags aus der PV-Anlage mit den Nachbarn ist das viel zu wenig, drängt die E-Control die Stromnetzbetreiber zu größeren Anstrengungen. Haber: „Wir kennen die Diskussion ob das System zukunftssicher ist und wir kennen die Klagen der Netzbetreiber über zuviele Daten. Es war aber lange bekannt, was da auf sie zukommt und dass sie ihre Datensysteme darauf vorbereiten müssen.“
Diese widersprechen und sehen die Politik am Zug. Michael Kovarik, Sprecher von Netz-Niederösterreich: „Entsprechend der Dynamik in der Energiewirtschaft wird sich bei den Smart Meter und dem dahinter liegenden Datenmanagement einiges weiterentwickeln. Dafür brauchen wir als Netzbetreiber aber klare gesetzliche Rahmenbedingungen und Vorgaben.“
Flaschenhals Datenübertragung
Das Problem der Datenübertragung beginnt gleich nach dem Smartmeter. Die Netzbetreiber haben sich für das Powerline-System entschieden, das bestehende Stromkabel nutzt. Zunehmend machen sich dabei aber physische Störfaktoren bemerkbar, wie etwa Wechselrichter der PV-Anlagen. Zweiter Schwachpunkt sind die unterschiedlichen Softwareprogramme, die bei der Datenübertragung verwendet werden. Die Netzbetreiber haben mit der EDA eine eigene Gesellschaft dafür gegründet, die ein möglichst neutrales Übermittlungsprotokoll für alle Marktteilnehmer zu Verfügung stellt (Ponton). Hindernisse wie angeblich limitierte Datenmengen bei der EDA (auf eine Million Nachrichten pro Tag, gebraucht würden bei Vollausbau bis zu 600 Millionen) oder Änderungen bei den Schnittstellen der Netzbetreiber (SAP Inux) verhindern aktuell wirklich großflächige Anwendungen, heißt es in den IT-Abteilungen der Netzbetreiber
Genau dort, wie die grüne Stromwende besonders engagiert umgesetzt wird, zeigen sich auch die ersten Probleme. So klagen etwa Energiegemeinschaften immer häufiger über verspätete Abrechnungen der Stromerträge unter ihren Mitgliedern. Die neu eingerichtete zentrale Koordinierungsgesellschaft für Energiegemeinschaften macht dafür auch die fehlerhafte Datenübertragung verantwortlich. Auch das weist Netz-Niederösterreich-Sprecher Kovarik zurück: „Energiegemeinschaften werden täglich oder monatlich die Verbrauchs- und Einspeisewerte für weitere Anwendungszwecke gemäß den gesetzlichen Anforderungen übermittelt. Und mit einer Ausleserate von über 99,5 Prozent erfüllen wir die Bedürfnisse des Marktes“.
2,2 Milliarden Euro: Rechnungshof kritisiert Kosten-Nutzen-Verhältnis
Bereits vor einem halben Jahr wies der Rechnungshof anhand der Daten von Ende 2022 auf das Dilemma zwischen der neuen Strommarktvision und den folgenden Datenlawinen hin. Die Prüfer kritisierten die niedrige Zahl der Viertelstundenwert-Nutzer, nicht erreichbare Smartmeter, Datenübertragung über Stromleitung. Oder speziell auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis: „Der RH hielt kritisch fest, dass sich das Verhältnis von Kosten und Nutzen der Einführung von Smart Metering Ende 2022 sehr ungünstig darstellte. Die bis Ende 2024 erwarteten Investitionskosten des Vorhabens von 2,2 Milliarden Euro haben sich im Vergleich zu den Schätzungen zuvor mehr als verdoppelt. Die Nutzeneffekte für Endkunden und Netzbetreiber waren dagegen erst zum Teil oder noch nicht eingetreten.“ Sieht nicht so aus, als ob sich daran schnell etwas ändern wird.