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Was Österreich jetzt braucht: Mut zu neuem Solidaritätsversprechen

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Alexander Bodmann, Vizepräsident Caritas Österreich

©JOHANNES HLOCH
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Soziale Sicherheit und gesellschaftlicher Zusammenhalt sind wesentlich, wenn es darum geht, unseren Wohlstand zu erhalten, betont Caritas-Vizepräsident Alexander Bodmann in seinem Gastkommentar.

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Der Künstler Joseph Beuys sagt: „Die Zukunft, die wir wollen, muss erfunden werden. Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.“ Die Initiative „mehr-GRIPS“ stellt den Versuch dar, abseits von Parteien im Interesse Österreichs erfinderisch zu sein – zum Beispiel auch, wenn es um die soziale Stabilität geht.

Zugegeben: Es war schon einmal einfacher, Optimist zu sein. Seit Jahren haben Krisen Konjunktur, und sie haben Einfluss auf unser aller Leben – vor allem auf das Leben von Menschen, die ohnedies schon unter Druck stehen. Im Windschatten der vergangenen Krisenjahre ist die Zahl der Menschen in akuter Armut wieder gestiegen. Und insgesamt stellen all die Krisen einen Stresstest für unsere sozialen Sicherungssysteme und unseren Zusammenhalt dar.

Für Pessimismus fehlt uns jedoch nicht nur die Zeit, sondern auch die Evidenz. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass wir uns als Gesellschaft immer wieder neu erfinden können, insbesondere in sozialer Hinsicht. Genau zu diesem Zweck haben wir uns im Rahmen von „mehrGRIPS“ mit der Frage beschäftigt, wie Österreich auch im Jahr 2032 ein sozial stabiles Land sein kann. Welche Reformen sollten in den nächsten zwölf Monaten angegangen werden, um für die Menschen in diesem Land auch in Zukunft ein selbstbestimmtes Leben in einer solidarischen Gemeinschaft sicherzustellen?

Reformvorschläge von "mehrGRIPS"

Herausgekommen sind konkrete Reformvorschläge – etwa wenn es um Kinder und Familien geht, um Pflege und Geschlechtergerechtigkeit, um die Frage nach leistbarem Wohnraum, um Armutsbekämpfung oder die Themen Migration und Integration. Konkret appellieren wir an die Verantwortlichen, eine taugliche Grundsicherung mit Untergrenzen anstelle von Obergrenzen zu etablieren, da- bei die Leistungen für Kinder in den verschiedenen Systemen zu vereinheitlichen und mit anderen Maßnahmen Anreize zu schaffen, dass sich bezahlte Arbeitsaufnahme und Mehrleistung auch finanziell auszahlen.

Wir wünschen uns die langfristige Sicherung der Pflege durch einen Fünf-Jahre-Plan und eine Stärkung des Pflegeberufs durch noch viel deutlichere Investitionen in die Ausbildung und Umschulung. Der Pflegefonds soll auf- und ausgebaut, die öffentlichen Kostenersätze angehoben und Personalschlüssel österreichweit vereinheitlicht werden.

In der Arbeitsmarktpolitik geht es unter anderem darum, Erwerbs- und Carearbeit besser zu verteilen, etwa durch Neugestaltung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds oder der Elternteilzeit. Der Faktor Arbeit sollte rasch entlastet werden, ohne Teilzeit weiter zu fördern. Erwerbsarbeit gesünder und attraktiver zu machen, damit Menschen länger im Job bleiben können und wollen, ist eine große Aufgabe und bedarf vieler einzelner Maßnahmen in der Gesundheitsförderung, aber auch im Pensionssystem. Und Erwerbsarbeit braucht noch andere Rahmenbedingungen wie einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige, ganzjährige und inklusive Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr und einen massiven Ausbau eines inklusiven Ganztags-Schulkonzepts.

Wir brauchen nicht zuletzt eine gesamthafte Strategie für den Umgang mit Migration und Integration, die Wiedereinführung der Kompetenzchecks im AMS, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Last, but not least plädieren wir im Sinne des Zusammenhalts in Österreich für einen Sozialdienst für alle Staatsbürger:innen und Personen mit Aufenthaltstitel bis 25 Jahre im Rahmen der Landesverteidigung oder im Rahmen sozialer Dienste.

Investition in den eigenen Wohlstand

Viele dieser Maßnahmen kosten Geld – aber sie sind auch eine wesentliche Investition in den Zusammenhalt der Gesellschaft, in höhere Gesundheit und letztlich mehr und gesündere Arbeitsjahre von mehr Menschen als heute. Das brauchen wir auch dringend, um unseren Wohlstand zu erhalten.

Mindestens ebenso wichtig wie die konkreten Reformvorschläge selbst ist vielleicht die Tatsache, dass es mit „mehr-GRIPS“ gelungen ist, unterschiedlichste Zugänge und Positionen zu vereinen, Kompromisse zwischen Menschen aus der Industrie und Menschen aus Gewerkschaften, zwischen tertiärem Sektor und Expert:innen dort zu finden, wo die Standpunkte am Beginn der Diskussion noch weit auseinander waren. Hoffentlich macht es Schule: Gerade bei der Sorge um die soziale Stabilität in unserem Land, sollte dieses Aufeinander-Zugehen und ein moderierter Prozess auch in Regierungen der Zukunft und im Parlament möglich sein. „mehrGRIPS“ möchte dazu einen Beitrag leisten.

Der Gastkommentar von Alexander Bodmann ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 23.8.2024 entnommen.
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