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Sozialbericht 2024: OeNB-Experten plädieren für Vermögens- und Erbschaftssteuern

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Bundesminister Johannes Rauch bei der Präsentation des Sozialbericht 2024

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Der neue Sozialbericht des Sozialministeriums befeuert die Diskussion um Reichen-Steuern. Experten der OeNB plädieren darin für die Einführung einer Steuer auf Vermögen über 50 Mio. €, eine neue Erbschaftssteuer und die Besteuerung der Bodenrente.

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Der Sozialbericht 2024

Der neue, am Abend des 9. April vom Sozialministerium (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) und Bundesminister Johannes Rauch vorgestellte Sozialbericht 2024 heizt die Diskussion um neue Vermögens- und Erbschaftssteuern weiter an.

Der Bericht, eine Neuauflage des erstmals 1967 vorgestellten Dokuments, das die Effekte der Sozialpolitik in Österreich analysiert und Maßnahmen für die Zukunft aufzeigt, ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Band stellt im Wesentlichen eine Leistungsschau über die wichtigsten sozial- und gesundheitspolitischen Aktivitäten des Ministeriums der vergangenen Jahre dar.

Der spannendere zweite Band enthält Analysen renommierter Wissenschaftler:innen, die darin Konzepte und Ideen für den Sozialstaat der Zukunft entwerfen. Die OeNB-Experten aus dem Economic Microdata Lab der Nationalbank schlagen darin die Einführung von Sonder-Steuern auf große Nettovermögen, die Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer - auch auf Unternehmen - sowie eine Steuer auf die "Bodenrendite", also die Wertsteigerung von Grund und Boden vor.

VIDEO: Präsentation des Sozialberichts 2024

Präsentation Sozialbericht 2024 inkl. Podiumsdiskussion

Status-Analyse: Große, sich verstärkende Ungleichheit

In Abschnitt 4 des Sozialberichts 2024 mit dem Titel "Privateigentum und Zugang zu Ressourcen: Wege zu einer egalitären Gesellschaft in Österreich" (Seiten 279 - 345) analysieren Pirmin Fessler vom Economic Microdata Lab der OeNB und Martin Schürz, Leiter des Economic Microdata Lab der Oesterreichischen Nationalbank, die Einkommens- und Vermögensverteilung in Österreich. In der Folge ziehen Fessler und Schürz Schlüsse, wie wie Ungleichheit und die daraus entstehenden sozialen Spannungen reduziert werden könnten.

Ein Eigenheim haben ihrer Analyse zufolge fast nur Menschen aus der oberen Hälfte der Nettovermögensverteilung, direktes Unternehmenseigentum und Einkommen aus Immobilienvermietung sind beim obersten Zehntel konzentriert.

Vermögende würden von der Steuerstruktur und Subventionen ebenso profitieren wie von Unterstützungen in Krisen und elementarem Eigentumsschutz, hätten aber gleichzeitig besseren Zugang etwa zu politischen Entscheidungsträgern. "Sie können den rechtlichen Rahmen viel einfacher als Arme und Menschen der gesellschaftlichen Mitte zu ihren Gunsten beeinflussen", so die Studienautoren Pirmin Fessler und Martin Schürz. Zu viel Macht durch "Überreichtum" schade allerdings der Demokratie.

Fessler und Schürz plädieren deshalb für die Einführung von Steuern, die soziale Gleichheit fördern, zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen und das Potenzial haben, gleichzeitig Steuern auf Arbeit deutlich zu senken. Empirische Belege für ihre Forderungen sehen sie in der OeNB-Studie "Household Finance and Consumption Survey (HFCS).

Maßnahmen zur Verminderung der Sozialen Ungleichheit

Als konkrete Gegenmaßnahme fordern die OeNB-Analysten die Einführung neuer Steuern für Vermögende. Dazu gehören:

  • Eine Vermögenssteuer

  • Eine Erbschaftssteuer

  • Die Besteuerung der Bodenrente.

Vermögenssteuer-Vorschlag: Besteuerung von Vermögen über 50 Mio. €

In Österreich gab es bereits von 1955 bis 1993 eine Vermögenssteuer. Wegen der damaligen Anonymität von Bankkonten und der Bewertung von Immobilien auf Basis veralteter Einheitswerte habe sie aber nur einen Teil des Vermögens erfasst. Samt Ausnahmeregelungen und niedrigen Steuersätzen ergab die Steuer damals deshalb nur etwa ein Prozent des Steueraufkommens.

Eine neue Steuer auf das Nettovermögen soll übermäßiger Vermögens- und Machtkonzentration entgegenwirken und für mehr Transparenz und Gerechtigkeit beim Vermögen sorgen.

Für ihr Modell schlagen Fessler und Schürz einen hohen Freibetrag von 50 Mio. Euro vor, um "die Steuer auf extrem reiche Menschen zu beschränken und damit die demokratiezersetzende Wirkung von Milliardenvermögen zu bekämpfen". Gut konzipiert, könne die Steuer außerdem mehr Transparenz in die Vermögensverhältnissen bringen und Steuerhinterziehung sowie Steuervermeidung erschweren.

Neue Erbschafts- und Schenkungssteuer

Über die Wiedereinführung der 2008 abgeschafften Erbschafts- und Schenkungssteuer soll laut den Autoren wiederum soziale Mobilität und Chancengleichheit gestärkt werden, "indem sie unverdiente, leistungslose Einkommen aus Erbschaften besteuert und somit die übermäßige Vermögenskonzentration bekämpft".

Eine Steuerbefreiung bei der Vererbung von Unternehmen wird dezidiert abgelehnt, denn das hieße, gerade die Reichsten steuerlich zu bevorzugen. Eine progressiv gestaltete Steuer, bei der bei kleinen Erbschaften sehr geringe und bei großen hohe Steuern anfallen, würde dem Staat laut den Autoren jedenfalls pro Jahr mehrere Milliarden Euro bringen, die gezielt in Bildungseinrichtungen, Pflege oder Maßnahmen gegen Armut fließen könnten.

Besteuerung der "Bodenrente"

Konkret verlangt wird die stufenweise Einführung einer Besteuerung der Bodenrente, vom liberalen Ökonomen Milton Friedman einst als die "am wenigsten schlechte Steuer" beworben. Die Idee dahinter: Öffentliche Güter wie Infrastruktur (etwa eine neue U-Bahn-Station in der Nähe) steigern den Wert von Grund und Boden, ohne dass die Landeigentümer direkt dafür bezahlt hätten - eine laufende "unsichtbare Umverteilung von den Eigentumslosen zu jenen, die Grund und Boden haben". Das befeuere soziale Ungleichheit, denn die Landeigentümer könnten den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen verkaufen und die entsprechenden Einnahmen behalten. Dieses Geld fehle wiederum zur Finanzierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen. Außerdem führe die "privatisierte Bodenrente" durch ineffiziente Nutzung des Bodens auch zu hohem Bodenverbrauch, heißt es in der Studie.

Zwar gibt es in Österreich schon seit den 1950ern eine Grundsteuer. Weil für die Bewertung der Grundstücke aber viel zu niedrige Einheitswerte herangezogen würden, bringt diese laut Studie nur vergleichsweise wenig ein. Für eine 100-Quadratmeter-Wohnung im Zentrums Wien mit einem Wert von hunderttausenden Euro falle etwa eine Grundsteuer von nur 50 Euro pro Jahr an, für ein Einfamilienhaus am Land mit 1.500 Quadratmeter Grund 40 Euro, rechnen die Autoren vor. Land- oder forstwirtschaftlich genutzte Flächen kommen auf ein paar Euro pro Hektar. Beim Kauf von Grundstücken wird zwar eine Grunderwerbssteuer von 3,5 Prozent fällig, diese werde bei großen Grundstückskäufen aber oft durch Firmenkonstruktionen umgangen.

Eine Besteuerung der Bodenrente (nur auf den Grundstückswert, nicht darauf stehende Gebäude) würde laut den Studienautoren dazu führen, dass neben den Grundstückseigentümern auch die Allgemeinheit etwas vom Wertgewinn durch öffentliche Infrastruktur zurückbekäme. Außerdem würden dadurch Grundstücke billiger, was mehr Menschen den Erwerb von Eigentum ermöglichen würde, bewerben die Autoren das Modell - auch wenn die Bewertung von Land je nach Lage relativ komplex sei.

Download Sozialbericht 2024

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