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US-Spirit für unseren Standort

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Die USA zeigen vor, wie Mut, Kreativität und Optimismus Innovationen fördern können. Ein derartiges Mindset würde auch Europa guttun. Ein Gastkommentar von Henrietta Egerth.

EUROPA STEHT UNTER DRUCK. Europäische Innovationen werden zur Ausnahme, die Wertschöpfung passiert vermehrt woanders. So oder so ähnlich klingt die aktuelle Standortbestimmung der österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer. Steht es wirklich so schlimm um den vermeintlichen Patienten Europa? Und welche Beschwerden plagen Österreich? Unbestritten ist:

Der Kostendruck steigt, die Innovationsbarrieren werden höher, der globale Wettbewerb wird härter. „Old Europe“ ist als Gütesiegel nicht tauglich.

Österreich hat die dritthöchste F&E-Quote in der EU und befindet sich mit 3,3 Prozent auf einem Rekordniveau, wie die Statistik Austria vor wenigen Wochen bekannt gegeben hat. Im European Innovation Scoreboard stehen wir auf Platz sechs und führen die Gruppe der „Strong Innovators“ an.

Österreichs Innovationsperformance kann sich also durchaus sehen lassen. Fakten und Gefühl scheinen hier nicht deckungsgleich.

Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass unser Platz in den internationalen Rankings alles andere als abgesichert, sondern eine Momentaufnahme ist. Eine statistische Größe, die nicht von Dauer sein wird, denn die Konkurrenz holt auf. Andere Länder innovieren sich buchstäblich an uns vorbei – unser Gefühl täuscht uns also doch nicht.

Mehr Investitionen

Aber kann und soll ein durchschnittlicher Platz unser Anspruch sein? Wohl kaum. Es benötigt mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, aber auch mehr Risikokapital, denn investieren Unternehmen einen Euro in Forschung, braucht es zehn Euro für die Entwicklung und 100 Euro für die Einführung in den Markt.

Genau hier schwächelt Europa: bei der Finanzierung. Auch Österreich liegt da weit hinter vergleichbaren Ländern. Das heißt, der Staat muss einspringen: Durch gezielte Förderungen kann er das Risiko für die Unternehmerinnen und Unternehmer, für Institutionen und Forschende minimieren.

Dieses Engagement der öffentlichen Hand lohnt sich, denn ein Euro F&E-Förderung generiert im Schnitt acht Euro an zusätzlichen Erträgen bei den Unternehmen. Investitionen in F&E stärken somit Wachstum und Beschäftigung und sichern unseren Wohlstand.

Auch wenn die Finanzierungslücken nicht zu übersehen sind, ist es nicht nur Geld, das fehlt. Oft sprechen wir vom richtigen „Mindset“ und schauen dabei fast ehrfurchtsvoll in die USA und besonders auf die führenden Weltkonzerne an der Westküste. In den vergangenen Jahren haben die Konzerne Meta mit Facebook, WhatsApp und Instagram und Alphabet mit seinen zahlreichen Google-Diensten global den Takt vorgegeben. Mit der US-Liga kann nur der chinesische Technologiekonzern ByteDance mit TikTok mithalten. Zuletzt brachte ChatGPT-Erfinder OpenAI Europa zum Staunen – ebenfalls eine US-amerikanische Innovationsleistung.

Regeln aufstellen können wir. Genau das bremst uns.

Der unerschrockene Wille zur Umsetzung

DIE RAHMENBEDINGUNGEN scheinen in großen Teilen der USA zu passen, die EU hingegen bleibt nur in ihrer Funktion als Regulierer im Gespräch. Manche meinen ein wenig bösartig, Bürokratie sei nun mal Europas Stärke. Und sie haben recht: Regeln aufstellen, das können wir, und genau das bremst uns aus. Also: Entbürokratisieren und Finanzieren mit Fokus auf F&E wäre angesagt!

Damit sind wir beim vielleicht wichtigsten Erfolgsfaktor eines attraktiven Wirtschaftsstandorts, wie es die USA sind: Mut. Diese Kühnheit, dieses Selbstbewusstsein bei gleichzeitiger Freude am Risiko konnte ich dieses Frühjahr, gute 15 Flugstunden von Wien entfernt, im texanischen Austin bei der SXSW-Konferenz erleben. Die „South by Southwest“ ist eines der weltweit wichtigsten Events für die Kreativ- und Technologieszene und bekannt für seine Vielfalt, Kreativität und die Möglichkeit, neue Trends zu entdecken. Es ist nicht bloß eine weitere Konferenz für Tekkies, es ist auch ein Musik- und Film-Festival, und das spricht wiederum Kreative, Visionäre und junge Leute an. Sie alle vernetzen sich auf den zahlreichen Panels, Präsentationen und Networking-Events und entwickeln gemeinsam neue Ideen.

Amerika zeigt vor, wie Kreativität und Mut Innovationen fördern können. Diese Freiheit an Kreativität, kombiniert mit Neugierde und Optimismus, und dazu der unerschrockene Wille zur Umsetzung, das würde auch Europa guttun. Es könnte so einfach sein.

Die Autorin

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Steckbrief

Henrietta Egerth

geboren
16.02.1971
Aktuelle Position
FFG-Geschäftsführerin
Beschreibung

HENRIETTA EGERTH ist Geschäftsführerin der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Sie schreibt ab jetzt regelmäßig Kommentare für den trend.

Der Gastkommentar ist trend. PREMIUM vom 7. Juni 2024 entnommen.
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