IHS-Chef Holger Bonin bezeichnet Österreich als Wachstumsschlusslicht Europas.
©APA/Eva ManhartWifo und IHS haben ihre Konjunkturprognose gegenüber der Juni-Schätzung stark nach unten korrigiert und rechnen nun mit dem zweiten Rezessionsjahr in Folge. Beide Institute erwarten 2024 einen Rückgang der realen Wirtschaftsleistung von 0,6 Prozent, bei der Sommerprognose war noch mit 0,0 bzw. plus 0,3 Prozent gerechnet worden.
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Im Vorjahr schrumpfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) bereits um 1 Prozent. „Österreich verharrt im Wachstumsloch. Jetzt wäre es Zeit für Strukturreformen", sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Freitag bei der Präsentation der Konjunkturprognose in Wien. Man erwarte „die längste, aber nicht die tiefste Rezession seit 1946". IHS-Direktor Holger Bonin verwies darauf, dass „Österreich die rote Konjunkturlaterne in den letzten sechs Quartalen" in der Eurozone innehabe. „Das gibt uns Anlass zur Sorge", sagte Bonin. Die Wachstumsschwäche in Österreich im Vergleich zur Eurozone sei „eine Herausforderung für die nächste Bundesregierung".
Die Exportwirtschaft leidet laut den Wirtschaftsforschern an der schwachen Industriekonjunktur im Euroraum und an dem Verlust an preislicher Wettbewerbsfähigkeit aufgrund der vergleichsweise hohen Lohn- und Energiekosten. Die Warenexporte sollen heuer um 3,5 Prozent bzw. 4,8 Prozent einbrechen und dann im kommenden Jahr wieder um 2,3 Prozent bzw. 2,0 Prozent steigen.
Wifo und IHS hatten aufgrund gestiegener Realeinkommen noch im Juni mit einem Anspringen des privaten Konsums heuer gerechnet und einen deutlichen Konjunkturimpuls erwartet. Die realen privaten Konsumausgaben sollen sich heuer aber nur mehr um 0,1 Prozent bzw. 0,4 Prozent erhöhen und im kommenden Jahr dann um 1,2 Prozent bzw. 1,3 Prozent steigen.
Beide Wirtschaftsforscher empfehlen der kommenden Regierung angesichts des stark steigenden Budgetdefizits umfassende Strukturreformen. „Es ist nicht Zeit für ein massives Sparpaket", sagte Wifo-Chef Felbermayr im Hinblick auf das erhoffte Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr. Es brauche „einen Kassasturz" und man müsse alle staatlichen Ausgaben durchforsten, die keinen relevanten Wachstumsbeitrag liefern. Felbermayr und Bonin empfehlen unter anderem eine Abschaffung des Klimabonus, eine Aussetzung hatte schon vor der Wahl Fiskalratschef Christoph Badelt gefordert.
Nach den Rekord-Inflationsjahren 2022 und 2023 mit 8,6 Prozent und 7,8 Prozent soll die Teuerung heuer hierzulande mit 3,1 bzw. 3,0 Prozent deutlicher niedriger ausfallen. Im kommenden Jahr gehen die Wirtschaftsforscher von einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,2 bzw. 2,4 Prozent aus.
Höhere Ausgaben und ein schwächerer Anstieg der Steuereinnahmen lassen das staatliche Budgetdefizit weiter steigen. Im Juni rechneten Wifo und IHS mit einem Budgetsaldo im Jahr 2024 von -3,2 Prozent und -3,0 Prozent, in der Herbstprognose werden nun bereits -3,7 Prozent bzw. -3,5 Prozent erwartet. Damit liegt das Defizit über den EU-Schuldenregeln (Maastricht-Kriterien) von 3 Prozent. Im kommenden Jahr erwarten die Ökonomen einen Finanzierungssaldo des Staates von -4,0 Prozent bzw. -3,4 Prozent.
Die schwächelnde Wirtschaft lässt die Arbeitslosigkeit steigen. Wifo und IHS gehen von einem gleich hohen Anstieg aus. Die Arbeitslosenrate soll sich von 6,4 Prozent im Jahr 2023 auf heuer 7,0 Prozent und 7,2 Prozent im kommenden Jahr erhöhen.