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Was im neuen Regierungsprogramm stehen muss (VIII)

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Fordert politische Verlässlichkeit als Voraussetzung für Investitionen in die Dekarbonisierung: Sebastian Heinzel

©Trend/Michael Rausch-Schott
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Wenn sich alle paar Monate die Rahmenbedingungen ändern, wird auch der Industrie das Investieren unmöglich gemacht, sagt Sebastian Heinzel, CEO der Papier- und Zellstoffgruppe Heinzel. Er fordert einen „CO2-Preis auf alles“ – allerdings mit Berechenbarkeit für die Unternehmen.

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Wenn sich alle paar Monate die Rahmenbedingungen ändern, wird auch der dekarbonisierungswilligen Industrie das Investieren unmöglich gemacht, sagt Sebastian Heinzel, CEO der Papier- und Zellstoffgruppe Heinzel. Deshalb fordert er einen „CO2-Pr-Preis auf alles“ – allerdings mit Berechenbarkeit für die Unternehmen.

Ein Großteil der Industriellen ist bereit, das fossile Zeitalter hinter sich zu lassen, sagt Sebastian Heinzel: „Doch die schwarz-grüne Regierung macht keine Industriepolitik, sondern Klientelpolitik.“

Der CEO der Papier- und Zellstoffgruppe Heinzel Holding steht noch unter dem Eindruck des in der Zielgerade der Legislaturperiode gerade noch vereitelten Erneuerbare-Gase-Gesetzes (EGG), das die Landwirtschaft extrem bevorzugt, die energieintensive Industrie aber stark benachteiligt hätte: „In der ÖVP haben leider Landwirtschaftskammer und Bauernbund das Sagen. Da brauchen wir bei einem neuen Wurf deutliche Anpassungen.“

Was er folglich von einer neuen Regierung erwartet, ist Verbindlichkeit und Klarheit mit Blick aufs Ganze. „Wir haben alle kapiert, dass wir dekarbonisieren müssen“, so Heinzel, „aber die Rahmenbedingungen dürfen sich nicht alle paar Monate ändern.“ Erst wenn es Planungssicherheit gibt, kann investiert werden, und erst dann können die österreichischen Chancen in der Transformation genutzt werden. Das gelte für seine Branche ebenso wie für Leitindustrien wie die Autowirtschaft. Beißender Nachsatz: „Ein Verbrennergipfel sorgt da natürlich für Unsicherheit.“

Denn neben grünen Technologien sieht er die Wertschöpfungskette Holz–Faser– Papier als eine der großen natürlichen Stärken, die es wirtschaftspolitisch zu flankieren gilt.
Aber was bedeutet Planungssicherheit konkret? „Es braucht einen CO2-Preis auf alles, und ja, der wird ständig steigen müssen. Aber wir als Unternehmer müssen wissen, in welchem Jahr er wie hoch sein wird, sonst können wir unsere Investitionen mit 20-Jahre-Horizont nicht einmal rechnen.“ Ein Klimaschutzgesetz, wie es von der ÖVP bisher verhindert wurde, sei gleichfalls notwendig.

Wir brauchen umfangreichere Starthilfe in Form von Förderungen und Finanzierungen

Sebastian Heinzel

Dazu kommt eine strategische Herangehensweise an das Thema Energiekosten, bei denen sich Österreich „von einem Billigland zum letzten Winkel Europas“ entwickle. Das Stromkostenausgleichsgesetz (SAG), das eine Kompensation ermögliche, sei in Deutschland der Industrie bis 2030 zugesichert worden – in Österreich war 2023 Schluss. Stichwort: gleiche Wettbewerbschancen. Denn ohne Staat könne die Transformation nicht gelingen: „Wir brauchen umfangreichere Starthilfe in Form von Förderungen und Finanzierungen oder hohen Investitionsfreibeträgen für Dekarbonisierung.“

Es geht ihm also nicht ums Einbunkern in ideologische Schützengräben à la „Staat vs. Privat“. Im Gegenteil, Heinzel hält ein smartes Miteinander für unablässig. Anders als etwa bei der Entwicklung des Corona-Impfstoffs setzen der Staat, die EU, die Regierungen in der Klimakrise aber „nicht auf positive Rahmenbedingungen, sondern auf eine Regelungsflut, die verzögernd, beschränkend, verlangsamend und verunsichernd wirkt – auch auf jene Unternehmen, die die grüne Transformation vorantreiben wollen“.

„Raus aus Gas!“ hält er zwar für richtig, es ist auch die Strategie der Heinzel Holding. Aber bis es tatsächlich so weit ist, müsse man Überbrückungslösungen tolerieren. „Wenn ich wo raus will, muss ich auch wissen, wo ich rein will. Sind das Ersatzbrennstoffe? Ist es Biogas? Da fehlt die klare Standortstrategie.“

Genauso verhält es sich mit dem geopolitischen Schlachtruf „Raus aus Russengas!“ Die Gas-Pipeline West-Austria-Gasleitung (WAG) von Bayern nach Oberösterreich, die den Transport von Gas etwa von westlichen Flüssiggashäfen in den Osten erleichtern soll, sei wohl erst in zwei Jahren fertig, davor müsse man mit dem Bestehenden auskommen. „Wir können im Osten nicht abbrechen, solange im Westen die Leitungen noch nicht fertig sind.“

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