RENÉ BENKO mit Strafverteidiger Georg Eckert am Weg zur Signa-Tagsatzung im Innsbrucker Landesgericht. 30 Gläubiger melden Forderungen gegen ihn persönlich in Höhe von zwei Milliarden Euro an.
©APA/EXPA/JOHANN GRODERDer Milliarden-Konkurs um das Signa-Reich hält HEERSCHAREN AN ANWÄLTEN in Atem. Immer öfter sind jetzt auch die Strafverteidiger gefragt. Auch Gerichte und Gläubigerschützer stöhnen.
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer: Großeinsatz an mehreren der Signa und Gründer René Benko zurechenbaren Standorten. Auf Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft rückten in der letzten Juniwoche zahlreiche Polizeibeamten zu Hausdurchsuchungen beim ehemaligen Immobilienzampano und bei früheren Signa-Managern aus.
Zeitgleich fand aber auch ein Großeinsatz in diversen Anwaltskanzleien des Landes statt, denn alle versuchten, so rasch wie möglich an die für ihre Mandanten wichtige Anordnung zur Hausdurchsuchung zu gelangen.
Rund ein halbes Jahr, nachdem die Signa Holding beim Handelsgericht Insolvenz anmelden musste und sich daraus die größte Pleite in der Geschichte der Republik entwickelte, hat sich der Fall längst zum Kriminalfall ausgewachsen. Mittlerweile ermitteln gleich mehrere Staatsanwaltschaften in der Causa – neben Wien auch München, Berlin und Liechtenstein – gegen Unternehmen und Manager der Signa. Und längst haben sich die Betroffenen juristischen Beistand gesichert.
Strafverteidigung ausgelastet
Die besten Strafverteidiger des Landes sind in dem Fall Signa gebucht. Und sie werden es wohl noch längere Zeit sein, denn die strafrechtliche Aufarbeitung steht erst am Anfang. An vorderster Front kämpft die Kanzlei wkk mit ihren beiden Topstars Norbert Wess und Georg Eckert für René Benko. Signa-Finanzmann Manuel Pirolt, gegen den in fünf Fällen ermittelt wird, hat den Präsidenten der Wiener Rechtsanwaltskammer Michael Rohregger an seiner Seite, Christoph Stadlhuber, jahrelang als Vorstand in den großen Signa-Gesellschaften tätig, vertraut auf die Expertise von Otto Dietrich, Strafverteidiger von Sebastian Kurz.
Aber nicht nur Österreichs Strafverteidiger sind mit dem Zusammenbruch der Signa gut ausgelastet, auch die Gläubiger des Immobilienkonglomerats haben sich längst aufmunitioniert. „Man findet in Wien eigentlich keine Wirtschaftskanzlei mehr, die nicht irgendwie an dem Fall beteiligt ist“, erzählt Anwältin und Litigation-Expertin Bettina Knötzl, die selbst als Gläubigervertreterin aktiv ist. Allerdings wollen nur die wenigsten Anwälte ihre Mandanten auch nennen. Der trend hat dennoch versucht, die im Fall wichtigsten Berater aufzulisten (siehe Tabelle unten).
Die Signa-Pleite, ein Fest für Anwälte
Als ein „Fest für Anwälte“ bezeichnete das deutsche Magazin „Spiegel“ den Fall Signa kürzlich und brachte darin das Beispiel der Großkanzlei Freshfields, die gleich an mehreren Seiten aktiv ist oder war: Als Gläubigervertreter des Staatsfonds Mubadala, der von der Signa 731 Millionen Euro fordert, als Berater der Stadt Hamburg bei einem der größten Signa-Projekte, dem Elbtower, und als Vertreter eines der größten Elbtower-Mieters.
Überhaupt wollen Insider bei der Rechtsberatung in Sachen Signa manche Unschärfen bemerken: „Einige Kanzleien verfolgen hier zum Teil schwer kompatible Interessen“, meint ein Rechtsanwalt hinter vorgehaltener Hand. Offenbar will niemand gerne ein Stück von dem großen Kuchen abgeben.
Hohe Auslastung bei Insolvenzrechtsexperten
Eine Gruppe von Rechtsanwälten ist in der Causa Signa von Anfang an sehr gut ausgelastet: jene der Insolvenzrechtsexperten. Insgesamt 16 Insolvenzen aus dem Signa-Umfeld wurden bisher von den Gläubigerschützern alleine in Österreich gezählt. Und mangels Konzerninsolvenzrechts gibt es nahezu für jede Insolvenz einen eigenen Masseverwalter, der natürlich auch eigens dafür bezahlt wird.
Einen Sonderstatus nehmen hier die beiden Sanierungsverwalter der großen Signa-Gesellschaften Signa Prime Selection (Norbert Abel) und Signa Development Selection (Andrea Fruhstorfer) ein. Ihnen ist gesetzlich für ihre Zeit als Sanierunsgverwalter ein Millionenhonorar garantiert. Bei Rechtsanwalt Abel soll sich dieses sogar auf satte 25 Millionen Euro für die ersten drei Monate belaufen. Dafür musste eigens ein Kredit von der Masse aufgenommen werden, um seine Kanzlei auszahlen zu können, berichten Insider. Unter den Gläubigern werden derartige Summen heftig kritisiert. „Bei den geschädigten Gläubigern schaffen extrem üppige Honorare böses Blut“, meint auch Knötzl, die als Funktionärin für Transparency International tätig ist.
Ähnlich sieht es der Präsident der Finanzprokuratur und oberste Anwalt der Republik Wolfgang Peschorn, der darauf verweist, das sich die Honorare der Sanierungsverwalter an der Höhe der Verbindlichkeiten bemisst. Er hat sich aber nicht nur deshalb gegen eine von den meisten Gläubigern geforderte Treuhandlösung für SPS und SDS ausgesprochen und dagegen bei Gericht – sehr zum Ärger der Sanierungsverwalter – Rekurse eingelegt.
Eine Entscheidung vom Oberlandesgericht dazu wird in Kürze erwartet. Sollte der Rekurs nicht durchgehen, kündigt Peschorn gleich einen „Plan B“ an, der die damit beschäftigten Anwälte sicher auch noch eine Zeit lang beschäftigt halten wird.
Pleite bringt Handelsgericht an die Kapazitätsgrenzen
Apropos beschäftigt: Die 15 in Wien anhängigen Signa-Insolvenzen finden allesamt am Handelsgericht Wien statt, was die Kapazitäten dort an die Grenzen bringt, zumal die Insolvenzwelle auch sonst einem Höhepunkt zusteuert. Deswegen wurde dort der Bereich Insolvenzen kürzlich um zwei Abteilungen aufgestockt.
Auch der KSV1870, bei dem man trachtet, in jede Gläubigerversammmlung einen anderen Referenten zu schicken, ist durch den Fall Signa gefordert. „Die vielen Insolvenzen sind für uns kapazitätsmäßig sehr herausfordernd“, erzählt Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze. Personell aufgestockt wird beim KSV aktuell dennoch nicht. „Signa geht ja auch wieder vorbei“, nimmt es Götze gelassen.
Der Artikel ist trend. PREMIUM vom 12. Juli 2024 entnommen.
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