Streitigkeiten über Arbeitszeitaufzeichnungen zählen zu den häufigsten Gründen für Prozesse vor dem Arbeitsgericht. D.A.S. Partneranwalt Simon Herzog zeigt, wo die größten Schwierigkeiten in arbeitsgerichtlichen Verfahren liegen und wie man diese vermeidet.
Die Bezahlung von Überstunden, die Entlohnung für geleistete Mehrarbeit und die korrekte Endabrechnung am Schluss eines Dienstverhältnisses gehören zu den strittigsten Themen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Der Grund dafür ist, dass der Aufzeichnung von Arbeitszeit im Alltag häufig zu wenig Beachtung geschenkt wird. Im Streitfall kristallisieren sich dann Nachlässigkeiten heraus und viele Auseinandersetzungen landen vor Gericht.
Das Arbeitszeitgesetz verlangt eine strenge Aufzeichnung der Arbeitszeit. „Es wird oft nicht bedacht, dass Arbeitszeitaufzeichnungen in erster Linie eine Aufgabe des Arbeitgebers sind“, weiß D.A.S. Partneranwalt Simon Herzog und ergänzt: „Es macht meistens auch keinen schlanken Fuß vor dem Arbeitsgericht, wenn unklar bleibt, ob entsprechende Arbeitszeitaufzeichnungen geführt wurden oder nicht.“
Widersprüchliche Aufzeichnungen
„Oft liegen noch dazu widersprüchliche Arbeitszeitaufzeichnungen vor“, so Herzog. Das bedeutet, die Aufzeichnungen des Arbeitsgebers stimmen mit denen des Mitarbeiters nicht überein. Wenn es verschiedene Versionen über die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten gibt, kann das dazu führen, dass der Ausgang des Prozesses schwer abzuschätzen ist.
Vergleich statt langem Prozess
Stimmen die Aufzeichnungen nicht überein, steigt der Aufwand für einen Prozess deutlich. Herzog: „Arbeitgeber vergleichen sich dann lieber und vermeiden, ihre Mitarbeiter als Zeugen für mehrere Tage zu einem Prozess zu schicken, statt etwa auf die Baustellen.“ Ein solcher Aufwand rentiert sich in den meisten Fällen für die Firma nicht. Dazu kommt, dass Gerichtstermine oft erst mehrere Monate nach der vorbereitenden Tagsatzung stattfinden. „ Firmen sind jedoch daran interessiert, Verfahren rasch abzuwickeln“, erläutert der D.A.S. Partneranwalt.
Aufzeichnungen bestätigen lassen
Der Anwalt empfiehlt daher Arbeitgebern, die Aufzeichnungen vom Mitarbeiter bestätigen zu lassen. Wird ein Mitarbeiter, wie etwa im Baugewerbe üblich, in bestimmten Arbeitspartien eingeteilt, können etwa die Arbeitszeitangaben anderer Mitarbeiter, die gleich lange gearbeitet haben, für die Beweisführung im Prozess erheblich sein.
Anspruch auf Auskunft gegenüber den Arbeitgeber
Da bei vielen Prozessen die Herausgabe von Arbeitszeitaufzeichnungen bedeutsam ist, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer Entscheidung betont, dass der Anspruch auf Herausgabe der Arbeitszeitaufzeichnungen ein privatrechtlicher Anspruch ist (OGH 28.11.2018, 9ObA 103/18i). „Juristisch gesehen, handelt es sich um einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Arbeitgeber, da dieser dem Beweis näher ist als der Arbeiter oder der Angestellte“, so der D.A.S. Partneranwalt.
Verwaltungsstrafrechtliche Folgen bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflicht
Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht werden zudem mit einer Verwaltungsstrafe sanktioniert. „Im Wiederholungsfall drohen Strafen von 145 Euro bis zu 1.815 Euro“, weiß Herzog. Werden Aufzeichnungen mehrerer Mitarbeiter nicht oder nicht korrekt durchgeführt, kann sich das Unternehmen für jeden einzelnen Arbeitnehmer gesondert strafbar machen.
Verfallsfristen bei Verletzung der Aufzeichnungspflicht
In vielen Kollektivverträgen ist zum Schutz des Arbeitgebers eine Klausel enthalten, welche Aufzeichnungspflichten zeitlich begrenzt. Herzog warnt jedoch: „Bei Verletzungen der Aufzeichnungspflicht kann diese Klausel entschärft werden, denn das Arbeitszeitgesetz sieht in Form einer sogenannten Hemmung der Verfallsfrist auch privatrechtliche Sanktionen vor.“.
Vollständige Aufzeichnungen – Übermittlungsanspruch ist erfüllt
Wird also im arbeitsgerichtlichen Verfahren eingewendet, dass es dem Gericht unzumutbar ist, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit festzustellen, weil Aufzeichnungen fehlen, werden gleichzeitig die Verfallsfristen aufgehoben. Gleiches gilt, solange dem Arbeitnehmer die Übermittlung der Aufzeichnungen des Arbeitgebers verwehrt wird.
Herzog: „Das hat jedoch nichts mit der Frage zu tun, ob die Aufzeichnungen aus Sicht der klagenden Partei auch richtig sind.“ Die hierbei häufig auftretenden Missverständnisse haben den OGH in der Entscheidung 9 ObA 103/18 i zu einer Klarstellung bewogen: Sind die Aufzeichnungen formell vollständig, ist der Übermittlungsanspruch erfüllt. Ob die Aufzeichnungen richtig sind, kann jedoch ein Thema des weiteren Beweisverfahrens sein.
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