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Legal Tech: Digitale Herausforderung für Juristen

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Legal Tech: Digitale Herausforderung für Juristen
k.A©istockphoto
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Auch im Rechtswesen schreitet der Siegeszug der Digitalisierung voran. Am Legal Tech Center der WU Wien können sich Studierende und demnächst auch Praktiker darauf vorbereiten.

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Eine Gemeinsamkeit ist den Rechtswissenschaften und der IT jedenfalls nicht abzusprechen: Wo sich Experten dieser Disziplinen über Detailfragen untereinander austauschen, fällt es fachspezifisch Unkundigen meist nicht leicht, dem inhaltlich zu folgen. Miteinander verständigen müssen sich Juristen und IT-Experten allerdings mit Voranschreiten der Digitalisierung nun jedenfalls verstärkt. Genau dem hat sich Sophie Martinetz als Gründerin von Future Law - Plattform und Netzwerk für Legal Tech und Digitalisierung im Rechtsbereich -verschrieben, die Rechtsexperten aus Kanzleien, Unternehmen und öffentlichen Institutionen mit Technologieexperten, aber auch etwa Start-ups in diesem Bereich vernetzt und über Entwicklungen sowie Projekte informiert.

"Rechtsanwendung kann in vielfältiger Weise digital unterstützt oder gar ersetzt werden", erklärt Martinetz und zitiert eine McKinsey-Studie, um das Effizienzund Effektivitätspotenzial von Legal Tech zu illustrieren: Danach wenden Wissensarbeiter wie Juristen im Schnitt acht Stunden pro Woche alleine für Informationssuche und -sammlung auf. Bei Legal Tech kommen dazu digitale Technologien wie Artificial Intelligence, Big Data, Blockchain, Smart Contracts, Machine Learning, Spracherkennung und -analyse zur Anwendung. "Technologiegestützte Angebote auf dem privaten Rechtsmarkt haben sich schon heute als höchst leistungsfähig erwiesen. Man denke an die Entschädigungen nach der europäischen Fluggastrechteverordnung oder Bündelung von Ansprüchen gegen Automobilhersteller im Diesel-Skandal", erklärt Christoph Krönke, Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Öffentliches Wirtschaftsrecht und Recht der Digitalisierung an der WU Wien.

"Legal Tech ist im echten juristischen Leben angekommen, aber an Universitäten im Jusstudium tat sich wenig", analysiert Expertin Martinetz. Einerseits sei klar, dass in der Juristenausbildung die Vermittlung von juristischem Denken im Mittelpunkt stehe, andererseits sei Legal Tech essenziell dafür, dass gerade von jüngeren Absolventen eingeforderte Prinzipien von New Work in den Kanzleien überhaupt realisierbar sind, sagt Martinetz.

Juristen der Zukunft

Sie und Krönke sind Initiatoren, Co-Founder und Directors des im Vorjahr aus der Taufe gehobenen Law Tech Centers (LTC) an der WU. Dort soll, so die Intention, die unverzichtbare, technisch und ökonomisch bestmöglich informierte rechtswissenschaftliche Begleitung von Legal Tech stattfinden. Deren Chancen und Risiken, so die Gründer, seien nämlich zwei Seiten einer Medaille, zumal Effizienzvorteilen und -versprechen auch Befürchtungen um Steuerbarkeit und Regulierbarkeit oder intransparente Entscheidungen von Algorithmen gegenüberstünden. "Die WU ist ein idealer Platz für die Arbeit: Uns interessieren die Fragen rund um die Digitalisierung des Rechts, nicht per se die Rechtsfragen der Digitalisierung. Das ist eine Querschnittsmaterie, die gerade durch die Vielfalt an Expertisen von der Informatik zur Organisationsentwicklung bis zur Juristerei gut in die WU passt", sagt Martinetz.

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CHRISTOPH KRÖNKE UND SOPHIE MARTINETZ. Der Professor für Öffentliches Recht und Recht der Digitalisierung und die Managing Partnerin von Future Law trieben die Gründung des WU Law Tech Centers als Schnittstelle von Praxis, Lehre und Forschung voran und sind dessen Directors. © Marlene Rahmann

Seine logische Ergänzung findet der Forschungsauftrag des LTC durch die strukturierte Vermittlung des vorhandenen und in der Forschung generierten Wissens an Studierende, Praktiker sowie alle an Legal Tech Interessierte an der School of Legal Tech (SLT). Als ersten Schritt und Kick-off, um Studierende als juristischen Nachwuchs für eine Zukunft mit Legal Tech vorzubereiten und ihnen frühzeitig das Rüstzeug für eine erfolgreiche Beratungstätigkeit mitzugeben, bot die SLT im vorigen Sommersemester erstmals ein Zertifikatsprogramm an, bestehend aus zwölf Vorlesungen, Tutorials und praktischen Workshops (siehe Kasten rechts). Krönke freut sich über das starke Interesse am ersten Legal Tech Certificate Program Österreichs: "Wir konnten 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Programm zulassen, hatten aber fast doppelt so viele Anmeldungen."

Das Format soll daher auch im kommenden Studienjahr wieder angeboten werden. "Da wir auch konkrete Anfragen aus der Branche dafür haben, überlegen wir, auch ein berufsbegleitendes Programm aufzusetzen", berichtet Martinetz von weiteren Vorhaben. Fix für das Wintersemester 2022/23 angekündigt sind bereits Legal Tech Labs mit praktischen Einblicken in die Anwendung von Legal Tech für Studierende.

Der Artikel ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 8. Juli 2022 entnommen.

Rechtsschutz

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