Die Trennungswelle in Österreich rollt an und mit ihr die Konflikte um die gemeinsame Wohnung. Vor allem die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten verschärfen den Streit um die Frage „Wer bleibt? “ Denn: Was früher leistbar war, kann nach der Scheidung zum Luxus werden.
Ein Gastkommentar.
Wer hat mehr investiert?
Trennt sich ein Paar, stellt sich die Frage nach der Aufteilung des gemeinsamen Vermögens. Bei der Ehewohnung spielen dabei verschiedene Faktoren eine Rolle:
Ehevertrag: Gibt es einen Ehevertrag, der die Eigentumsverhältnisse und die Aufteilung regelt?
Wer hat was eingebracht? Wurde die Wohnung von einem / einer Partner:in allein finanziert oder gab es wertsteigernde Eigenleistungen und Renovierungen?
Gemeinsame Schulden: Wurde die Wohnung gemeinsam finanziert, haften in der Regel beide Partner:innen für den Kredit – auch nach der Trennung.
Das sagt das Recht
Das österreichische Eherecht regelt die Aufteilung des Vermögens und der Ersparnisse. Darunter fällt auch die bisherige gemeinsame Wohnung oder das bisher gemeinsam genutzte Haus. Steht die Immobilie im gemeinsamen Eigentum, kann das Gericht einem / einer Partner:in die weitere Nutzung zuweisen – auch wenn der bzw. die andere Eigentümer:in ist. Bei der Entscheidung sind die Interessen beider Parteien und etwaiger Kinder zu berücksichtigen. Das ist ein erheblicher Eingriff in das Eigentumsrecht. Um dies zu vermeiden, sollte ein Ehevertrag abgeschlossen werden.
Verkauf oder Übertragung
Eine weitere Möglichkeit ist der Verkauf der Wohnung und die Aufteilung des Erlöses. Will eine der Parteien die Wohnung behalten, muss der anderen Partei eine Ausgleichszahlung geleistet werden. Die Höhe richtet sich nach dem Wert der Immobilie und dem jeweiligen Anteil der Partner:innen. Auch komplexe Fragen der Wertsteigerung und der Einbringung in die Ehe sind hier relevant. Streitigkeiten zu diesen Punkten sind sehr teuer, da Sachverständige hinzugezogen werden müssen. Will man dies vermeiden, so bietet sich auch in diesen Fällen der Abschluss eines Ehevertrages an. Dies gilt z.B. auch für gemeinsame Investitionen oder Renovierungen, da auch diese bei einer Scheidung oder Trennung häufig zu Diskussionen führen.
Kann sich ein:e Partner:in die Wohnung allein nicht leisten, kann auch ein sogenannter Trennungskredit helfen. Doch auch hier sind Banken oft zurückhaltend, wenn sich die Bonität durch die Trennung verschlechtert. Wie eng es finanziell wird, merken die meisten erst, wenn die laufenden monatlichen Kosten plötzlich allein getragen werden müssen. Was vorher mit zwei Einkommen leicht bezahlt werden konnte, muss nun von einer Seite finanziert werden.
Die Folge ist, dass am Ende des Monats deutlich weniger Geld übrig bleibt.
Ehevertrag schützt vor Streit
Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich daher wie erwähnt der Abschluss eines Ehevertrages. Zusätzliche Kosten, wie z.B. Sachverständigengutachten, können oft in die Tausenden gehen. Hier lohnt es sich, schon während der Ehe in eine Regelung zu investieren, denn in einem Ehevertrag können diese Themen sinnvoll geregelt werden.
Die Trennung vom Partner bringt neben emotionalen auch viele praktische Herausforderungen mit sich. Die Regelung der Wohnfrage ist dabei ein zentraler Punkt. Nicht immer ist es sinnvoll, an der alten Wohnung festzuhalten. Manchmal ist es besser, einen Neuanfang zu wagen. Mit professioneller Beratung lässt sich dieser Streitpunkt oft einvernehmlich und ohne langwierige Gerichtsverfahren lösen. Hier kann vorallem auch Mediation ein gutes Setting sein. So kann eine Scheidung nicht nur das Ende einer Beziehung, sondern auch ein Neuanfang sein.
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