Seit Beginn des Jahres 2024 gibt es mit der FlexCo eine neue, einfachere Form eine GmbH zu gründen. Rechtsanwalt Martin Frenzel zieht Zwischenbilanz zur neuen Gesellschaftsform.
Die Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) zum Jahreswechsel 2024 markiert einen bedeutenden Schritt in der Weiterentwicklung des österreichischen Gesellschaftsrechts. Das Gesetz wird von der Fachwelt mit großem Interesse und hoher Geschwindigkeit aufgegriffen und bringt Neuerungen, die vor allem für stark wachsende Unternehmen und für Unternehmen in innovativen Geschäftsbereichen von Interesse sind. Mit Stand Mitte Juli 2024 sind im österreichischen Firmenbuch über 370 Flexible Kapitalgesellschaften eingetragen. Die Tendenz steigt auch in Relation zu GmbH-Neugründungen.
Was macht die Flexible Kapitalgesellschaft aus?
Die FlexCo ist, vereinfachend gesprochen, eine modifizierte Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Sie weist jedoch einige markante Unterschiede auf und bietet Vorteile:
1. Kapitalbeschaffung und Eigenkapitalakquise: Die FlexCo erlaubt eine vereinfachte und flexiblere Akquirierung von Fremd- und Eigenkapital. Dies ist besonders für Unternehmen von Vorteil, die in der Wachstumsphase sind und Kapital benötigen, um ihre Expansion voranzutreiben.
2. Unternehmenswert-Anteile: Eine bedeutende Innovation der FlexCo ist die Einführung der Unternehmenswert-Anteile. Diese ermöglichen es, Personen steuerbegünstigt am Unternehmenserfolg, namentlich an Gewinnausschüttungen und an einem möglichen Verkauf (Exit), zu beteiligen.
3. Erleichterte Übertragung von Geschäftsanteilen: Anders als bei der GmbH können Geschäftsanteile und Unternehmenswert-Anteile bei der FlexCo ohne Notariatsakt übertragen werden.
Welche Unternehmen profitieren von der FlexCo am meisten?
Eine FlexCo wird zunehmend auch dann gegründet, wenn man bislang auf eine 1-Personen- oder eine 0815-GmbH zurückgegriffen hat – also ohne Gebrauch der Möglichkeiten der flexiblen Kapitalbeschaffung und der sonstigen Besonderheiten. Für die folgenden Unternehmen ist die FlexCo aber gerade durch ihre Eigenheiten von erhöhtem Interesse:
1. Unternehmen, die auf Wachstum und Innovation setzen: Wo Banken sich mit der Einschätzung der Erfolgschancen in einem noch nicht erprobten (potentiell auch disruptiven) Geschäftsfeld schwer tun und kein Fremdkapital bereitstellen, müssen Unternehmen auf Eigenkapital setzen. Dessen Akquise wird nun durch bislang bei der GmbH unbekannte, aus dem Aktienrecht entlehnte Instrumente wie bedingtes Kapital und genehmigtes (bedingtes) Kapital deutlich erleichtert. Die FlexCo ist daher für chronisch kapitalbedürftige Start-Ups (wie) geschaffen.
2. Unternehmen mit niedrigen Gehältern: Bei der Höhe des Gehalts können viele junge Unternehmen mit den großen, etablierten Playern nicht mithalten. Der Wettbewerb um die besten Köpfe als Arbeitnehmer spielt sich daher auch über die moderne, offene und unbürokratische Unternehmenskultur (Stichwort: fun at work) und über den übergeordneten Sinn des Geschäftes (Stichwort: corporate purpose) ab. Mit den Unternehmenswert-Anteilen können Start-Ups ihren Mitarbeitern nun auch besser mit dem schnöden Mammon reizen – nämlich mit der finanzielle Teilhabe beim Erreichen der schrill-orangen Überkarotte, dem fast unaussprechlich-sakrosankten E x i t . Übrigens: Über Unternehmenswert-Anteile können auch anderen, insbesondere etwa Beratern, monetäre Anreize zur Auftragsübernahme gegen geringeres unmittelbares Entgelt geboten werden.
3. Unternehmen mit nicht ganz kleinem oder internationalem Gesellschafterkreis: Gesellschaften mit regem Gesellschafterwechsel sehen sich bei der GmbH durch die nicht abdingbare Notariatsaktspflicht für Anteilsübertragungen oft mit aufwändiger Terminkoordination und Verschiebereien schon vereinbarter Termine und dem Einholen und der Herbeischaffung von notariell beglaubigten Auslandsvollmachten konfrontiert. Die an Selbstverantwortung gewöhnten Unternehmer und Investoren haben für aufgedrängte Formalismen nur selten wahres Verständnis. Die bei der FlexCo reduzierte Formpflicht spart vor allem bei einem nicht ganz kleinen Kreis von Gesellschaftern oder bei Gesellschaftern mit Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland Zeit und Kosten.
Wie kann man die FlexCo noch besser machen?
Das Bessere ist der Feind des Guten. Im Fall der FlexCo wünschen sich zahlreiche Beteiligte weiter „zurück zum Ursprung“, nämlich zum originären Entwurf einer Flexiblen Kapitalgesellschaft (Arbeitstitel: Austrian Limited). So treten uninteressierte Stake-Holder mit Verve für die Abschaffung der – ohne Not – viel früher als bei der GmbH greifende und als wirklich unsinnig empfundene Aufsichtsratspflicht ein. Der wohl deutlich überwiegende Teil der Unternehmer bricht eine Lanze für den Entfall des nach wie vor verpflichtenden notariellen Einschreitens: Notariatsakte bei der Gründung und bei Umgründungen, notarielle Protokolle über Generalversammlungen, die über Gesellschaftsvertragsänderungen, Umgründungen und die Auflösung der Gesellschaft beschließen. Schließlich wird es der FlexCo auch guttun, wenn sie allgemein bekannter wird und Geschäftspartner genauer wissen, mit welcher Art von Gesellschaft sie im Fall einer „FlexCo“ kontrahieren: Nicht etwa einer windigen Auslandsgesellschaft, die mangelhafte Ware verhökert und sich dann dem österreichischen Gerichtsstand zu entziehen versucht. Sondern mit einer soliden, seriösen österreichischen Kapitalgesellschaftsform mit genauso strengen Regeln über Mindestkapital, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung wie die österreichische GmbH, dabei aber mit mehr Flexibilität in anderen Belangen.
Auf den Punkt gebracht:
Wer auf der Suche nach einer flexiblen, kosteneffizienten und zukunftsorientierten Gesellschaftsform ist oder einfach nur Bemühungen um Entbürokratisierung würdigen und ein Zeichen setzen möchte, sollte schon jetzt die FlexCo als Alternative zur GmbH in Betracht ziehen.