Dr. Michal Dobrowolski, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer
©beigestelltMichal Dobrowolski, Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, zu dem bevorstehenden Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz FlexCo.
Vor kurzem wurde vom Justizministerium der Entwurf des bereits länger erwarteten Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz (GesRÄG) 2023 veröffentlicht. Der Entwurf sieht nicht nur eine generelle Herabsetzung des Stammkapitals bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) auf 10.000 Euro, sondern auch die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform, nämlich der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG bzw. FlexCo) vor – ein Vorhaben, das im Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 festgelegt wurde.
Ziel ist es, mit der neuen FlexCo besonders Startups und Gründern in der Frühphase eine international wettbewerbsfähige Option zu bieten. Sie basiert auf der GmbH (weshalb auch das GmbH-Gesetz subsidiär gilt), soll aber größere individuelle Gestaltungsfreiheit (wie bei der Aktiengesellschaft) schaffen.
Wie flexibel ist die FlexCo wirklich?
Die Gründung soll vereinfacht werden. Die Stammeinlagen der FlexCo müssen nur mindestens 1 Euro betragen. Auch Abstimmungen unter Gesellschaftern sollen bei der FlexCo einfacher möglich sein. So kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass für eine Abstimmung im schriftlichen Weg das Einverständnis aller Gesellschafter nicht erforderlich ist. Auch eine uneinheitliche Stimmabgabe soll möglich sein.
Interessant ist die Schaffung von, mit stimmrechtslosen Vorzugsaktien vergleichbaren „Unternehmenswertanteilen“. Sie sollen eine korporative Beteiligung an der FlexCo ermöglichen. Sie sind mit einem Mitverkaufsrecht zu verbinden, das heißt dem Unternehmenswert-Beteiligten muss das Recht zustehen, seine Anteile an einen Dritten gemeinsam mit den Gründern mitverkaufen zu können. Sie implizieren zwar grundsätzlich kein Stimmrecht und kein, einem GmbH-Gesellschafter vergleichbares Informationsrecht; andererseits ist mit ihnen auch keine Ausfallshaftung für nicht geleistete Stammeinlagen und auch keine Nachschusspflicht verbunden. Für die Übernahme oder die Übertragung von Unternehmenswert-Anteilen reicht zudem die Einhaltung der einfachen Schriftform (kein Notariatsakt notwendig).
Zudem sind bei der FlexCo – angelehnt an die aktienrechtlichen Regelungen – der Erwerb eigener Anteile, bedingte Kapitalerhöhungen, die Schaffung eines genehmigten Kapitals sowie die Ausgabe von Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten möglich. Während es eine Reihe von Vereinfachungen gibt, gibt es beim Aufsichtsrat eine Erweiterung. Neben den im GmbH-Gesetz geregelten Fällen muss ein Aufsichtsrat bei der FlexCo auch dann bestellt werden, wenn die Gesellschaft zumindest eine mittelgroße Kapitalgesellschaft ist. Argumentiert wird diese Erweiterung wohl damit, dass die FlexCo eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten vorsieht, die bislang der Aktiengesellschaft (AG) vorbehalten waren. Ganz überzeugend ist dies nicht; sollte die FlexCo doch gerade mehr Flexibilität als die GmbH und die AG aufweisen.
Derzeit befindet sich das Gesetz in Begutachtung. Ein Inkrafttreten wurde für 1. November 2023 avisiert. Ob sich die FlexCo tatsächlich am Markt durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Eine Alternative wäre auch eine Vereinfachung der bereits am Markt bekannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).