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Kartellbuße: Wer zahlt die Zeche?

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Die Bundeswettbewerbsbehörde hat beim Kartellgericht eine Geldbuße gegen die Brau Union beantragt. Georg und Beatrix Schima zur Frage der möglichen Haftbarkeit verantwortlicher Manager:innen.

©iStockphoto/BrauUnion/trend
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Kartellverfahren wie aktuell der Fall Brau Union können sehr teuer kommen. Darf sich ein Konzern am Management schadlos halten?

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Der aktuelle Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde an das Kartellgericht zur Verhängung einer Geldbuße im Falle Brau Union (Antrag vom 18.06.2024) ruft wieder in Erinnerung: Kartellrechtsverstöße können richtig teuer werden. Bis zu zehn Prozent des weltweiten Konzernumsatzes sind möglich. Gegen das „Aufzugskartell“ verhängte der Oberste Gerichtshof (OGH) eine Buße von 75,4 Millionen Euro (Entscheidung vom 08.11.2008) und die Europäische Kommission insgesamt fast eine Milliarde. Zwar handelte es sich dabei um ein hartes Preiskartell, wohingegen die Vorwürfe gegen die Brau Union „nur“ den – freilich gravierenden – Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung betreffen. Werden die Vorwürfe bestätigt, ist gleichwohl mit einem hohen Millionenbußbetrag zu rechnen.

Sowohl das europäische als auch das österreichische Kartellrecht kennen nur Bußen gegen Unternehmen, nicht gegen deren Organe. Da kartellrechtswidriges Verhalten aber zwangsläufig auf natürliche Personen zurückgeht, taucht unweigerlich die Frage auf, ob die betroffenen Unternehmen sich für die verhängten Strafen bei den verantwortlichen Personen regressieren können. Man kann sich unschwer ausmalen, dass ein solcher Regress in vielen Fällen selbst für hochbezahlte Manager existenzbedrohend ist.

Was gegen eine Regressforderung an Manager spricht

Die Frage einer solchen Regressfähigkeit ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich überaus umstritten und bisher nicht höchstgerichtlich entschieden. Die besseren Argumente sprechen aus unserer Sicht dagegen.

Das gilt schon aufgrund allgemein schadenersatzrechtlicher Erwägungen. Der OGH anerkannte vor Längerem, dass jemand, über den eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Geldstrafe verhängt wurde, sich dafür nicht an Mittätern regressieren kann. Dies muss aber für juristische Personen genauso gelten. Die über ein Unternehmen verhängte Geldbuße ist kein ersatzfähiger Schaden, weil der Strafanspruch des Staates keinen Nachteil an rechtlich geschützten Interessen verkörpert.

Im Kartellrecht sprechen weitere Gesichtspunkte dagegen. Die Buße soll dem Unternehmen nicht nur ein Übel zufügen, sondern vor allem die erlangten Kartellvorteile abschöpfen. Ein Regressverbot konterkariert auch nicht die verhaltenssteuernde Wirkung des Schadensersatzrechts, weil Adressat so einer Verhaltensteuerung primär die Anteilseigner des Unternehmens und der Aufsichtsrat ist. Diese können (je nach Rechtsform) das Management abberufen. Außerdem sind Geldbußen im Kartellrecht eindeutig auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens als des alleinigen Adressaten zugeschnitten.

Das europäische Kartellrecht ist dadurch gekennzeichnet, dass Sanktionen gegen Unternehmen durch das Verhalten jedes beliebigen Mitarbeiters ausgelöst werden können und die handelnden natürlichen Personen nicht einmal identifiziert und namentlich bestimmt sein müssen. Es wird – überspitzt ausgedrückt – letztlich unternehmerisches Organisationsversagen bestraft. Auch das verträgt sich nicht mit einem Schadenersatzanspruch für Bußen.

Würde man diesen dennoch bejahen, müsste das Unternehmen jedenfalls den durch das kartellrechtswidrige Verhalten erzielten Vorteil anrechnen und außerdem den Beweis erbringen, dass dieser Vorteil unter dem Nachteil der Geldbuße liegt.

Entwarnung kann für Manager, die in kartellrechtswidrige Handlungen verstrickt sind, dennoch nicht gegeben werden. Erstens gibt es kein Überwälzungsverbot für die Kosten des Bußgeldverfahrens. Und zweitens können Unternehmen auch die – potenziell noch viel höheren – Kosten von internen Untersuchungen zur Aufklärung von Fehlverhalten geltend machen.

Tragisches Ende einer Entscheidung

Man erinnere sich an das Urteil des Landgerichts München gegen einen Siemens-Manager (es ging um Korruption in Nigeria). Ein erstinstanzliches Teilurteil sprach dem Konzern 12,55 Millionen Euro Schadenersatz allein für die Kosten einer internen Untersuchung zu (Siemens hatte eine US-amerikanische Anwaltskanzlei mandatiert). Der Fall endete tragisch: Der zur Zahlung verurteilte Manager nahm sich nach Zustellung des Urteils das Leben.

D-&-O-Versicherungen schaffen nur bedingt Abhilfe, weil so gut wie alle Polizzen einen Deckungsausschluss bei wissentlicher (oder gar vorsätzlicher) Pflichtverletzung vorsehen, die bei Kartellrechtsverstößen häufig vorliegen wird. Der Versicherer deckt dann zum einen den eingeklagten Schaden (also z. B. die Kosten einer internen Untersuchung) nicht und kann zum anderen auch bis dahin bevorschusste Verfahrenskosten (Rechtsanwaltshonorare etc.) nach einer rechtskräftigen Entscheidung vom Versicherten zurückverlangen.

Law

Über die Autoren

Schima Mayer Starlinger Rechtsanwälte, Honorarprofessor für Unternehmens- und Arbeitsrecht an der WU Wien und Mitglied des Arbeitskreises Corporate Governance im Finanzministerium. Seine Expertise erstreckt sich über die Bereiche Arbeits- und Gesellschaftsrecht, Stiftungsrecht, Corporate Governance und Wirtschaftsstrafrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Zivilverfahrensrecht und Schiedsrecht. Zu seinen Mandanten zählen Unternehmen aus den Bereichen Bank- und Finanzdienstleistungen, Energiewirtschaft, Industrie, Luftfahrt, Gesundheitswesen und Handel sowie Top-Führungskräfte.

Schönherr Rechtsanwälten in Wien mit Fokus auf Unternehmensrecht, Reorganisation sowie Merger & Akquisition.

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