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Lebensversicherung: Kündigen ohne finanzielle Einbußen

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Lebensversicherung: Kündigen ohne finanzielle Einbußen
Ein juristischer Kniff macht für Inhaber von Lebensversicherung einen Ausstieg unter bestimmten Voraussetzungen möglich.©istock
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Wer einmal einen Vertrag für eine Lebensversicherung unterschrieben hat, kommt ohne gröbere finanzielle Einbußen praktisch nicht mehr heraus. Doch D.A.S. Partneranwalt Klaus Zotter verrät durch welches Schlupfloch ein günstiger Ausstieg trotzdem funktionieren kann - selbst noch nach Jahren.

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Lebensversicherungen haben im Schnitt eine Laufzeit von zehn und 20 Jahren. Während dieser Zeit verpflichten sich die Versicherungsnehmer monatlich, halbjährlich oder jährlich einen bestimmten Betrag einzuzahlen, um am Ende eine solide Verzinsung dafür zu erhalten.

Belehrung über Rücktrittsrecht entscheidend

Doch nicht immer sind sich Versicherungsnehmer über alle Aspekte, die eine solche Lebensversicherung beinhaltet, bei Vertragsabschluss im Klaren. Umso wichtiger ist deshalb das Rücktrittsrecht. Entscheidend ist dabei, ab wann dieses zu laufen beginnt. So beginnt bei Verbrauchern, die eine Lebensversicherung abschließen, die Frist zum Rücktritt erst, wenn dieser über dieses Rücktrittsrecht belehrt worden ist. Danach haben Versicherungsnehmer das Recht binnen 30 Tagen vom Vertrag zurückzutreten. Die Frist läuft sobald der Versicherungsnehmer davon verständigt worden ist .

Man kann sowohl per Post als auch per E-Mail von seinem Vertrag zurücktreten. Beim Mail trägt jedoch der Versicherungsnehmer, dass Risiko, das das Mail nicht zugestellt wurde. "Ein eingeschriebener Brief ist daher empfehlenswert", so D.A.S. Partneranwalt Klaus Zotter von Reif und Partner Rechtsanwälte. Das Datum des Poststempels gilt als Tag der Kündigung.

Fehlerhafte Belehrung ist mit unterlassener Belehrung gleichzusetzen

Aber selbst wenn jemand diese Frist versäumt, gibt es ein Schlupfloch. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dazu in einer Entscheidung (7 Ob 107/15h) klargestellt, dass bereits vor Abschluss des Vertrages eine genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über das Rücktrittsrecht erforderlich ist. Erfolgt die Belehrung fehlerhaft ist das mit einer unterlassenen Belehrung gleichzusetzen. Liegt eine fehlerhafte oder gänzlich unterlassene Belehrung vor, führt dies zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht des Verbrauchers.

Vertrag auf Verweis auf Rücktrittsrecht prüfen

"Ob man über überhaupt und wenn ja ordnungsgemäß über das Rücktrittsrecht belehrt worden ist, lässt sich aus dem Vertrag herauslesen. Ist dieses beispielsweise nicht erwähnt, hat man gute Karten ohne größere Unkosten aus dem Vertrag aussteigen zu können", erläutert D.A.S. Partneranwalt Zotter. Die Höhe der Stornokosten variert, muss aber im vereinbart sein und ausreichend bestimmt.

Rücktrittsrecht kann auch noch nach Jahren gelten

Laut dem Obersten Gerichtshof kann der Verbraucher bei einer fehlerhaften und oder unterbliebenen Belehrung vom Rücktrittsrecht Gebrauch machen, selbst wenn die Prämie bereits mehrere Jahre lang bezahlt wurde. Im konkreten Fall waren es sieben Jahre. Denn trotz der laufenden Prämienzahlung ist laut OGH daraus kein schlüssiger Verzicht auf das Rücktrittsrecht abzuleiten. Die Folge dieses Urteils: Der Versicherungsnehmer erhält seine bezahlten Prämien zuzüglich vier Prozent Zinsen zurück, abzüglich einer Prämie für das Ablebensrisiko. In Anbetracht des derzeitigen Zinsniveaus eine beträchtliche Verzinsung.

„Auch für Unternehmen, die einen Versicherungsvertrag abgeschlossen haben, steigt mit diesem Urteil die Chance, bei mangelnder oder ausgebliebener Belehrung die Prämien rückfordern zu können“, so D.A.S. Partneranwalt Zotter .

„Aufgrund dieser Entscheidung gilt für Lebensversicherungsverträge, die ab dem 1. Oktober 2004 abgeschlossen wurden eine Rücktrittsfrist von 30 Tagen. Der Beginn der Rücktrittsfrist beginnt mit der ordnungsgemäßen Belehrung des Versicherungsnehmers.“

Auswirkungen eines Rücktritts

Der Lebensversicherungsvertrag wird aufgelöst. In Folge dessen steht dem Versicherungsnehmer der Rückkaufszeitwert der Versicherung zu. Die Versicherung ist lediglich berechtigt, einen angemessenen Stornoabzug vom Rückkaufswert vorzunehmen, allerdings nur sofern das vereinbart wurde. Die Angemessenheit unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

Schwer vorhersehbare Höhe des Rückkaufszeitwerts

Der OGH hat sich in zwei Entscheidungen (7 Ob 173/06a und 7 Ob 16/08) mit der Höhe des Rückkaufwerts beschäftigt. Das Ergebnis ist jedoch für Versicherungsnehmer wenig befriedigend. Der OGH stellte dazu fest, dass die Versicherungsbedingungen was den Rückkaufswert betrifft, zu undifferenziert auf „tarifliche Grundsätze“ fußen oder auf „Regeln der Versicherungsmathematik“ verweisen.

„Es bleibt daher Inhabern einer Lebensversicherung nichts anderes übrig als ihren Vertrag betreffend einer enthaltenen Rücktrittsbelehrung zu prüfen, um beurteilen zu können, ob er tatsächlich bei Vertragsabschluss ausreichend und richtig über das Rücktrittsrecht informiert wurde“, so Zotter. Doch selbst wenn es möglich ist, gilt es auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten gut zu überlegen, ob ein Vertragsrücktritt tatsächlich sinnvoll ist. Sollte das jedoch der Fall sein oder finanziell notwendig, besteht durch dieses rechtliche Schlupfloch zumindest die Möglichkeit eines wirksamen Rücktritts, um eine ungeliebte Lebensversicherungen allenfalls auflösen zu können. Die tatsächliche Höhe des Rückkaufswerts lässt sich vorher dennoch nicht exakt bestimmen.

Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie unter:
Rechtsanwalt
Mag. Klaus Zotter
Reif und Partner Rechtsanwälte
Brückenkopfgasse 1
8020 Graz
e-mail: graz@reifundpartner.at

Über die D.A.S. Rechtsschutz AG:
Seit 1956 ist die D.A.S. Rechtsschutz AG mit Spezialisierung auf Rechtsschutzlösungen für Privatpersonen und Unternehmen in Österreich tätig. Heuer feiert sie ihr 60-jähriges Jubiläum. Als unabhängiger Rechtsdienstleister bietet sie umfassenden Versicherungsschutz, fachliche Betreuung durch hochqualifizierte juristische Mitarbeiter und ein breites Dienstleistungsangebot inklusive D.A.S. Direkthilfe® und telefonischer D.A.S. Rechtsberatung an. Der Firmensitz des Unternehmens befindet sich in Wien. Die rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen Kunden in ganz Österreich in regionalen D.A.S. Niederlassungen mit juristischer Kompetenz zur Verfügung. Die D.A.S. Rechtsschutz AG agiert als Muttergesellschaft der D.A.S. Slowakei (seit 2013) sowie der D.A.S. Tschechien (seit 2014). In den vergangenen Jahren hat die D.A.S. Österreich ihre solide Marktposition als führender Rechtsschutzspezialist gefestigt. 2015 erwirtschaftete sie im inländischen Direktgeschäft ein Prämienbestandsvolumen in der Höhe von 66,7 Millionen Euro.

Die D.A.S. ist Europas Rechtsschutz-Marke Nummer 1. Seit 1928 steht sie für Kompetenz und Leistungsstärke im Rechtsschutz. Heute agieren D.A.S. Gesellschaften in beinahe 20 Ländern weltweit. Sie sind die Spezialisten für Rechtsschutz der ERGO Versicherungsgruppe, einer der großen Versicherungsgruppen in Deutschland und Europa.

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